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Airborn 02 - Wolkenpiraten

Titel: Airborn 02 - Wolkenpiraten
Autoren: Kenneth Oppel
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fühlen.
    »Kapitän! Mr Domville ist bewusstlos!«
    Wie von weit her hörte ich einen lauten Knall und plötzlich ergoss sich eisiges Wasser über mich. Ich fluchte, doch die Kälte ließ meinen Verstand wieder klarer werden. Einer der Frischwasserbehälter über uns musste geplatzt sein und hatte den hinteren Teil der Führergondel unter Wasser gesetzt. Die Karten auf dem Tisch und alles, was Mr Domville so sorgfältig notiert hatte, waren zerstört.
    »Jemand … darum kümmern«, lallte Kapitän Tritus, der seinen Blick durch die Brückenfenster starr auf die Hyperion gerichtet hatte. Niemand rührte sich. Mr Beatty hatte zu husten aufgehört und war gegen das Steuerrad gesackt. Ich wusste nicht, ob er noch bei Bewusstsein war. Mr Schultz hielt sich kaum noch auf den Beinen. Ich blickte zu den Wasserpfützen auf dem Boden und sah, wie sich an der Oberfläche bereits eine dünne Eisschicht bildete.
    »Kapitän!«, schrie ich. »Wir sind zu hoch! Sie zerstören das Schiff!«
    Der Kapitän konnte nichts mehr hören. Zufrieden summte er vor sich hin, während er die Hyperion beobachtete. Unbeholfen versuchte er, eine Zigarette aus der Schachtel zu ziehen, aber er schaffte es nicht. Als sie schließlich alle auf dem Boden verstreut lagen, lachte er. Es klang wie ein Keuchen. Beim Versuch, sich zu bücken und sie aufzuheben, fiel er auf die Knie. Vom jahrelangen Rauchen war seine Lunge ebenso vernarbt wie die seiner ganzen Besatzung. Ich sah alles nur verschwommen und irgendwie verformt, hielt mich aber noch immer auf den Beinen. Und war immerhin so weit bei mir, dass ich wusste, wir würden alle sterben, wenn wir weiter stiegen.
    Mir war klar, dass ich kaum noch Zeit hatte. Meine Fingernägel waren blau umrandet. Meine Haut prickelte überall so, wie ich es sonst nur von eingeschlafenen Füßen kannte. In einer großen Welle schwappte ein Gefühl durch mich, als würde alles absacken, und ich bekam Angst, gleich ohnmächtig zu werden.
    Mühsam bewegte ich mich zum Höhenrudersteuer und stieß Mr Schultz zur Seite. Er grunzte kurz protestierend, war aber zu schwach, um stehen zu bleiben, und sackte zu Boden. Energisch drehte ich das Rad ein paar Mal, um das Schiff in eine weniger schräge Position zu bringen.
    »Du dummer Dackel!«, keuchte Tritus.
    Durch mein zerstückeltes Blickfeld sah ich die Hyperion nach oben außer Sicht treiben, während wir zu sinken begannen.
    »Dafür bringe ich dich ins Kittchen!«, zischte Tritus, machte aber keine Bewegung, um mich aufzuhalten. Niemand tat das, sie waren alle zu schwach dafür.
    Als Nächstes stolperte ich zur Gaskontrolle und ließ noch ein bisschen mehr Hydrium ab, gerade genug, um das Schiff in der Horizontalen zu halten und sanft absinken zu lassen. Ein schweres Gewicht legte sich mir auf die Brust und presste mir die Luft aus der Lunge. Der Himmel wollte mich nicht atmen lassen.
    Am Steuerruder wendete ich das Schiff zurück auf unseren ursprünglichen Kurs nach Westen. Den Blick hatte ich auf den Höhenmesser gerichtet, um auch sicher zu sein, dass wir tatsächlich sanken, denn ich traute meinen Sinnen nicht mehr.
    Wir hatten noch zwei Motoren, ein wenig Hydrium und keinen Ballast mehr. Doch mit etwas Glück würden wir es bis zum nächsten Hafen schaffen.

2. Kapitel
Das Juwel Verne
    Ein separater Aufzug, innen funkelnd von Spiegeln und Messing, schoss mich schräg den südöstlichen Fuß des Eiffelturms empor, schnellte an der ersten Plattform vorbei und kam an der zweiten gleitend zum Stehen. Ein ernster Wärter in schwarzem Anzug ließ das Schutzgitter zurückschnappen und ich stieg aus in den Trubel und den Duft eines belebten Restaurants. Gäste unterhielten sich, Kellner bewegten sich in einem komplizierten Tanz zwischen ihnen hindurch, Bestecke klirrten und Gläser klangen. Sofort wurde mein Blick von den vom Boden bis zur Decke reichenden Fenstern angezogen.
    Auf sechshundert Fuß Höhe bot das Juwel Verne einen Blick wie aus einem Luftschiff auf die ganze Stadt – normalerweise reserviert für die Reichen und Berühmten.
    Auf Kate de Vries ist Verlass, wenn es darum geht, das schickste Restaurant in ganz Paris auszuwählen.
    Vermutlich dachte sie, ich würde mich darüber freuen, hoch oben zu sein.
    Ich sah all die feinen Damen und Herren um mich herum, die extravaganten Hüte, Kleider und Pelze und fühlte mich auf die Aurora zurückversetzt, wo ich im Speiseraum der ersten Klasse bedient hatte. In dieser Rolle hätte ich mich bestimmt wohler gefühlt.
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