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Airborn 02 - Wolkenpiraten

Titel: Airborn 02 - Wolkenpiraten
Autoren: Kenneth Oppel
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berühmtesten Filmemacher der Welt, wie sie sich um das letzte Schokoladeneclair stritten. An einem anderen Tisch saß ein Mann, der dem Großen Farini verdächtig ähnlich sah. Er unterhielt seine Tischgäste damit, aus einer Champagnerflasche, die auf seiner Handfläche stand, Champagner in ein kristallenes Sektglas einzugießen, das auf seinem kleinen Finger balancierte. Auf der anderen Seite des großen Raums schlug eine extravagante, mit Pfauenfedern geschmückte Dame immer wieder mit der Faust auf den Tisch und sprach mit lauter Stimme auf eine Gruppe entsetzter, schnauzbärtiger Herren ein. Ich kannte sie von einem Bild aus der Zeitung. Sie war am Yukon auf Gold gestoßen und versuchte nun, mit ihrem neuen Vermögen den Eiffelturm zu kaufen und ihn Träger für Träger nach Kanada transportieren zu lassen. Bisher ohne Erfolg.
    Ich schaute auf die verzierte Uhr an der Stirnseite des Saals. Kate war bereits über eine halbe Stunde zu spät. Ein Kellner mit übermäßig geölten Haaren kam und fragte, ob ich nun bereit wäre, etwas zu bestellen. Als ich ihm antwortete, dass ich noch immer auf meine Freundin warten würde, blickte er mich ausgesprochen misstrauisch an und zog wieder ab. Ich sah, wie er mit dem Oberkellner flüsterte. Dann blickten sie beide bitterböse zu mir herüber, und ich fühlte, wie mir das Blut ins Gesicht stieg.
    Um mich abzulenken, sah ich aus den großen Fenstern. Der Champ de Mars war ein sehr belebtes Flugfeld, und der Himmel war gesprenkelt mit »Ballons mouches«, den kleinen Ausflugsluftschiffen, die Touristen über die Turmspitzen und Dächer der Stadt flogen. Geflügelte Ornithopter ruckelten durch den regnerischen Oktoberhimmel, begleitet von ihrem beharrlichen, moskitoähnlichen Surren. Einige von ihnen kamen ziemlich dicht an den Turm heran, da es unter der zweiten Plattform Landetrapeze für sie gab. Die Spitze des Eiffelturms jedoch war den exklusivsten Passagierluftschiffen vorbehalten, und während ich ganz versunken zusah, trieb gerade eines mit majestätischer Anmut heran, um anzudocken.
    »Vielleicht haben der Herr nun doch Appetit bekommen?«
    Ich fuhr zusammen und sah den Kellner neben mir stehen. Er lächelte, aber selbst bei ausgestopften Tieren habe ich schon glücklichere Gesichter gesehen. Das Öl in seinem Haar hätte die Stadt einen ganzen Monat lang mit Treibstoff versorgen können. Mir war klar, dass ich jetzt sofort etwas bestellen musste, sonst würden sie mich rauswerfen.
    Ich griff zur Speisekarte, die schwer in meiner Hand lag. Die Preise waren in einer kleinen, verschnörkelten Schrift gehalten. Vielleicht sollten sie so klein und fast unlesbar sein, damit die Gäste nicht wahnsinnig würden und sich aus dem Fenster stürzten. Allerdings konnte ich mir kaum vorstellen, dass es sich hier irgendjemand zweimal überlegte, bevor er für ein Stückchen Hühnchenbrust einen Wochenlohn bezahlte.
    Ganz allmählich stiegen in mir sehr unfreundliche Gedanken gegenüber Kate auf.
    Sie hatte mich in das teuerste Restaurant der Welt bestellt und kam zu spät. Nicht nur ein bisschen zu spät oder charmant zu spät, sondern inzwischen sehr viel zu spät. Sie würde nur einen Blick auf die Karte werfen und sagen, das ginge auf ihre Rechnung. Aber ich wollte nicht, dass es auf ihre Rechnung ging. Ich wollte für mich bezahlen und sie machte das unmöglich.
    Ich überflog die cremefarbenen Seiten der Speisekarte. Wenn ich eine Woche lang nichts ausgab, könnte ich mir ein aromatisiertes Wasser leisten.
    »Ein Aqua Sprizzo, bitte«, sagte ich von oben herab.
    »Sehr wohl, der Herr. Und vielleicht noch etwas dazu?«
    »Nein, danke.«
    »Vielleicht ein bisschen geräucherten Lachs?«
    »Danke, nein.«
    »Vielleicht ein kleines Etwas vom Menü, um daran zu knabbern?«
    Ich blickte zu ihm auf und sah, dass er seinen Spaß hatte. Diesen Kerl konnte ich einfach nicht verstehen. In all den Jahren, in denen ich auf der Aurora bedient hatte, hatte ich niemals versucht, jemanden in Verlegenheit zu bringen.
    »Kellner in einem so vornehmen Restaurant wie diesem«, sagte ich ruhig, »sollten auf ihre Gäste hören, nicht sie beleidigen.«
    Er verzog den Mund, sagte aber nichts dazu. »Dann bringe ich Ihnen Ihr Aqua Sprizzo, mein Herr.«
    Das Wasser würde mir ein paar Minuten erkaufen. Danach warfen sie mich wahrscheinlich in den Aufzugschacht.
    Ich hatte mich so auf das Treffen mit Kate gefreut. Nun war ich nervös und ärgerlich, und das gefiel mir gar nicht. Warum in aller Welt
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