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Airborn 01 - Wolkenpanther

Airborn 01 - Wolkenpanther

Titel: Airborn 01 - Wolkenpanther
Autoren: Kenneth Oppel
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wollte die Aurora so nah wie möglich an den Ballon heranlenken, ohne dass sich seine Takelage in unseren Propellern verhedderte. Zum Glück war es fast windstill, sonst wäre ein solches Manöver unmöglich gewesen.
    Mr Rideau legte den Hörer auf und versuchte mithilfe eines Megafons, den Ballon noch einmal anzurufen.
    »Sturmvogel, bitte antworten Sie. Hier spricht das Luftschiff Aurora. Bitte antworten Sie, Sturmvogel !«
    Nichts. Vermutlich waren mittlerweile auch einige der Passagiere aufgewacht. Die meisten hatten wohl noch nicht bemerkt, dass das Schiff langsamer geworden war und gewendet hatte, doch das Megafon würde trotz der schalldichten Wände und Fenster der Kabinen und Luxussuiten viele Reisende aus dem Schlaf reißen.
    »Verflixt«, murmelte Mr Rideau. »Mr Kahlo, Mr Chen. Die Enterhaken.«
    Die beiden Männer nahmen ihre Wurfseile, die mit einem vierzinkigen Haken ausgestattet waren. Die Motoren waren nun ganz ausgeschaltet worden und die Aurora glitt langsam neben dem Ballon dahin. Die Gondel schwebte direkt vor der Ladeluke, gut fünfzehn Meter von uns entfernt.
    »Und los!«, rief Mr Rideau. Die Männer stellten sich breitbeinig hin, holten aus der Hüfte Schwung und schleuderten ihre Haken. Die Seile schlängelten sich in die Nacht hinaus, dann keilten sich die beiden Enterhaken in die Brüstung der Gondel.
    »Zieht sie her. Aber beeilt euch.«
    Wie immer hatten Mr Rideaus Anweisungen einen scharfen Beiklang. Kapitän Walken hätte gesagt: »Mal sehen, ob wir sie zu uns herziehen können, meine Herren. Sofern Sie bereit sind.« Er sagte immer »Bitte« und »Danke«, obwohl er es gar nicht musste. Befehl blieb nun mal Befehl, aber wenn die Anweisungen von einem »Bitte« begleitet wurden, befolgte man sie viel lieber.
    Die Männer schlangen die Seile um die Winden und fingen an zu kurbeln. Mr Rideau hielt sich mit einem Arm an einem Pfeiler fest und vergewisserte sich mit einem Blick aus der Ladeluke, dass der Ballon sich nicht in den Propellern der beiden Steuerbord-Motorengondeln verhedderte.
    »Stopp!«, brüllte er. »Näher geht es nicht.«
    Ich trat vorsichtig an die Öffnung und sah, dass der Ballon und die Aurora sich an ihren breitesten Stellen fast berührten. Ein Zusammenstoß musste unter allen Umständen vermieden werden, denn selbst an etwas Weichem wie einem Ballon konnte etwas Spitzes hervorragen, das in unserer Hülle hängen blieb oder einen Riss verursachte. Obwohl der Ballon und die Aurora dicht nebeneinander schwebten, war die Gondel immer noch gut zehn Meter entfernt und …
    Sie sank.
    Zuerst hatte ich es nicht bemerkt, aber nun war es nicht mehr zu übersehen: Nicht die Aurora stieg, sondern der Ballon verlor an Höhe. Trotz des gelegentlich auflodernden automatischen Brenners sank er langsam, aber stetig. Wenn wir nicht bald etwas unternahmen, würde das Meer ihn verschlingen.
    »Haltet ihn dicht neben uns!«, bellte Mr Rideau den Männern zu. Sie hakten ihre Winden fest, um die Gondel daran zu hindern, noch weiter abzusacken. Da sie mittlerweile ein Stück unter uns schwebte, konnte ich in ihr Inneres sehen.
    Der Pilot lag ausgestreckt auf dem Boden.
    »Schaut!«, rief ich.
    Die Gondel sank weiter und fiel immer mehr zurück. Der riesige Ballon senkte sich mit ihr und seine füllige Wölbung kam während des Sinkflugs immer dichter an unsere Propeller heran.
    In diesem Moment betrat Kapitän Walken den Raum. Er gehörte zu jenen Menschen, deren Anwesenheit sofort eine beruhigende Wirkung auf alle anderen hat. Mit einem roten Umhang und einer Krone wäre er das perfekte Abbild eines Königs gewesen, in einem Arztkittel hätte man ihm ohne Zögern sein Leben anvertraut. In seiner blauen Kapitänsuniform mit den vier goldenen Streifen am Ärmel und der mit Goldkordel umsäumten Mütze war er mir jedoch am liebsten. Er ging auf die sechzig zu, hatte einen gepflegten Vollbart, ruhige, freundliche Augen, einen grauen Lockenkopf und breite Schultern. Obwohl er nicht besonders hoch gewachsen oder kräftig war, konnte man förmlich spüren, wie bei seinem Erscheinen alle erleichtert ausatmeten und dachten: Nun wird alles gut.
    Der Kapitän benötigte nur einen kurzen Blick, um die Situation zu erfassen.
    »Mr Rideau, bitte gehen Sie auf die Brücke und übernehmen Sie dort meine Wache. Ich werde hier das Kommando übernehmen, vielen Dank.«
    »Ja, Sir«, sagte Mr Rideau, aber ich konnte sehen, dass ihm das nicht sonderlich gefiel.
    »Bitte bereiten Sie den Schiffskran vor, meine
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