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Ahnentanz

Ahnentanz

Titel: Ahnentanz
Autoren: Heather Graham
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erblickte er Victor Grebbe, der oben auf dem Balkon fluchend seine verletzte Schulter hielt, wo Sloans Kugel ihn erwischt hatte.
    Brendans eigener Arm war kalt, und er wusste, dass er fast tot war. Seine Lebensgeister schwanden. Dennoch hob er in einer letzten Anstrengung die Waffe und zog mit letzter Kraft den Abzug.
    Und er feuerte. Feuerte auf Grebbe, einen Mann, der eine Schande war für jede Uniform, eine Schande für die Menschlichkeit, die Menschheit.
    Grebbe, durch den sie alle verdammt waren.
    Während er starb, hörte er das angsterfüllte Wehgeschrei des Säuglings im Haus. Sloans Sohn. Sloan hatte niemals erfahren, dass er einen Sohn hatte. Brendan hatte es ihm nicht geschrieben, weil er fand, dass dies Fionas Vorrecht sei. Er betete zu Gott, dass das Kind leben und das furchtbare Schicksal seiner Familie irgendwie ausgleichen möge.
    Denn sie waren verdammt zur Erinnerung, verdammt in den Augen der Menschen.
    Was war mit den Augen Gottes?
    Er würde es nur allzu bald erfahren.
    Er konnte nur hoffen, dass Gott – und die Zeit – ihnen allen vergeben würde.
     
    Die Flynn-Plantage
    Gegenwart
    Sheila kam wieder zu sich. Sie fühlte sich ausgesprochen verwirrt. Sie hörte … Wasser. Und sie nahm einen widerlichen Geruch nach Feuchtigkeit und Verwesung wahr, der an den Wänden zu kleben schien … wo auch immer sie hier lag. Sie blinzelte mehrere Male, doch es war nicht mehr neblig. Es war stockdunkel.
    Sie setzte sich auf und versuchte zu ergründen, wo sie sich befand.
    Plötzlich sah sie ein Licht. Nur wie ein Nadelstich, und es half nicht. Es war zu grell und stach schmerzhaft in ihren Augen. Sie hob eine Hand, um sich gegen die blendende Helligkeit zu schützen.
    Mit der Hand vor den Augen blickte sie zur Seite und keuchte erschrocken auf.
    Da war ein Gesicht in der Dunkelheit. Tief liegende Augen, eingesunkene Wangen, verwestes Fleisch. Es schwamm in dem Wasser, das sie umgab, und schien sie anzustarren.
    Halloween, ermahnte sie sich. Halloween stand vor der Tür. Zweifellos war dies nur jemandes makabre Vorstellung von einem Streich.
    Doch im Innersten wusste sie, dass sie unrecht hatte. Dies hier war echt. Dies war ein menschlicher Kopf, der nicht länger mit dem Körper verbunden war.
    Voll nackter Panik wollte sie schreien, doch bevor sie einen Laut von sich geben konnte, ließ die Stimme sie erstarren.
    „Sheila …“, flüsterte sie freundlich, sogar liebevoll.
    Und dann … Sie wusste, dass sie nie wieder schreien würde.
    Dieses E-Book wurde von der "Osiandersche Buchhandlung GmbH" für Birgit Voss mit der ID 2090288 generiert. ©2012

1. KAPITEL
    New Orleans
    Gegenwart
    „Es ist ein Knochen“, verkündete Dr. Jon Abel.
    „Offensichtlich“, bemerkte Aidan Flynn trocken.
    Der Doktor warf ihm einen verärgerten Blick zu. „Ein Oberschenkelknochen.“
    „Und er ist menschlich“, sagte Aidan.
    „Ja, das ist ein menschlicher Oberschenkelknochen“, stimmte Dr. Abel zu. Er stand am schlammigen Ufer des Mississippi und schaute achselzuckend in die Gesichter um sich herum. Es ging auf den Abend zu, doch der Tag war heiß und drückend gewesen, und nur eine leichte Brise vom Fluss deutete an, dass es kühler wurde. Jenseits des matschigen Ufers, an dem Aidan den Knochen gefunden hatte, war das aufgewühlte Wasser von einem hässlichen Braun. Ein Moskito summte. Der Doktor schlug auf seinen Arm und schüttelte angewidert den Kopf. Er hatte Außeneinsätzen noch nie viel abgewinnen können.
    Aidan hatte darum gebeten, ihn vor Ort zu holen. Da Aidan jedoch nur ein Privatdetektiv war, der gemeinsam mit seinen zwei Brüdern gerade die alte Familienplantage geerbt hatte, war es Hal Vincent gewesen, der Ermittler von der örtlichen Mordkommission, der den Doktor angefordert hatte. Jonas Burningham vom hiesigen FBI hatte sich dem „Fall“ angeschlossen, falls sich herausstellen sollte, dass sie nach einem Serienmörder suchten, der sich das Chaos – und die viel zu häufige Gewalt – im Gefolge von Hurrikan Katrina zunutze machte.
    „Wissen Sie“, sagte Abel. „Wir finden noch immer alle möglichen … Überreste, die der Sturm bloßgelegt hat. Das wird noch Jahre so gehen. Wir haben hier nicht immer oberirdisch bestattet, und das ganze Mississippi-Ufer entlang gibt es eineMenge Familiengrabstellen. Unten in Slidell lebt eine Frau, die nach dem Sturm monatelang drei Särge in ihrem Garten hatte. Niemand wusste, wo sie hingehörten, und keine Behörde erklärte sich bereit, sie abzuholen.
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