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Ahnentanz

Ahnentanz

Titel: Ahnentanz
Autoren: Heather Graham
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sind. Und dieses Mädel, das da auf der Flynn-Plantage lebt – sie ist das frechste Miststück von allen.“
    „Fiona?“ Zuerst war er aufrichtig verblüfft. Fionas Erziehung ließ es gar nicht zu, dass sie sich bei welcher Gelegenheit auch immer anders als höflich verhielt. Und er hatte sie beschworen, sich von den Soldaten der Union fernzuhalten. Das Anwesen war nicht konfisziert worden, weil er es erben würde, sollte Sloan im Krieg getötet werden. Damit niemand auch nur eine Konfiszierung versuchen würde, hatte er keinen Zweifel daran gelassen, dass er seine Besitzansprüche angemeldet hatte.
    „Mm-mm. Ein paar von uns waren letzte Woche am Fluss, um nach Essbarem zu suchen. Und sie war saufrech“, sagte Bill.
    Brendan trat einen Schritt näher und schlug dann zu. Wie ein Schraubstock schlossen sich seine Finger um Bills Hals und pressten ihn an die Säule, an die er sich gerade noch gelehnt hatte. Bill krächzte und wand sich, doch er war kein Gegner für Brendan und wusste das auch. „Was zur Hölle …? Dafür kommst du vors Kriegsgericht“, keuchte er.
    „Was habt ihr mit ihr gemacht?“, wollte Brendan wissen. „Nichts! Nichts, ich schwöre es!“ Bills Gesicht lief rot an.
    Weitere Soldaten hatten sich um sie versammelt, sahen jedoch nur zu. Bill war ein Mistkerl und von niemandem wohlgelitten. Und die meisten Männer fühlten sich abgestoßen von der Grausamkeit, mit der man ihren geschlagenen Brüdern und Schwestern begegnet war.
    „Es ist Victor Grebbe … Er ritt heute Nachmittag fort mit … Art Binion.“
    Brendan ließ den Mann los. „Wann genau?“, wollte er wissen.
    Bill rieb sich den Hals. Sein Gesicht war noch immer gerötet. „Du Scheißkerl …“, begann er.
    Innerhalb einer Sekunde hatte Brendan ihn wieder im Würgegriff.
    „Vor dreißig Minuten“, keuchte er.
    Brendan fluchte. Er konnte auf offiziellem Wege gegen die Sache vorgehen. Doch offizielle Wege würden Fiona nicht retten.
    Oder den kleinen Sohn seines Cousins.
    Brendan vergaß völlig den Gefangenen, den er übergeben sollte, machte auf dem Absatz kehrt und rannte zurück zu seinem Pferd. Mercury war auf der Familienplantage gezogen worden, ebenso wie Sloans getreuer Pegasus. Armes Pferd. Mercury musste erschöpft sein. Doch Brendan trieb ihn kraftvoll an und galoppierte die Auffahrt hinunter nach draußen, wo die Straßen holprig und ausgetreten waren von zu vielen Pferden und zu vielen Männern.
    Abgenutzt von zu viel Krieg.
    Verdammt war der Krieg, verdammt war der Tod. Verdammt war der Ausnahmezustand, der es Männern erlaubte, Recht und Unrecht, Gnade und Menschlichkeit zu vergessen.
    Seine Nackenhaare stellten sich auf. Er hatte einiges gehört über Victor Grebbe. Hatte gehört, dass er eine kranke Vorliebe für Frauen hegte und dass man einige, die mit ihm gingen, seitdem nie wieder gesehen hatte.
    Es war ein langer harter Ritt hinaus zur Plantage.
    Er trieb sein Pferd an in der Hoffnung, dass er die Männer überholen konnte, die es auf Vergewaltigung und vielleicht sogar Mord abgesehen hatten, doch sie hatten zu viel Vorsprung und zudem zweifellos frische Pferde.
    Und dann schließlich lag das Haus vor ihm. Aus der Ferne wirkte es so ruhig und freundlich, wie seine Familie einst gewesen war. Bis zum Krieg.
    Im Krieg ging es um Konflikte, um Territorium.
    Aber das hier? Das hier war persönlich.
    Während er die eichengesäumte Auffahrt hinaufgaloppierte,
    hatte er nur einen Gedanken im Kopf.
    Fiona.
    Er kam gerade rechtzeitig, um sie vom Balkon stürzen zu sehen. Er hörte ihren Schrei und erblickte den Feind, einen Soldaten der Konföderierten, auf dem Hof. Der Mann feuerte in Richtung Balkon und stieß einen Wutschrei aus, wie Brendan ihn noch nicht gehört hatte. Der Schuss explodierte in der Stille des schönen Frühlingstages, und Brendan tat, was jeder Mann getan hätte.
    Er zog seine Waffe.
    Und er feuerte auf den Feind.
    Erst als dieser sich tödlich verwundet umdrehte, um zurückzufeuern, erkannte er, wer da die graubraune Uniform der Konföderierten trug.
    Sloan.
    Als die Kugel in seine Brust einschlug, wusste er, dass er den eigenen Cousin getötet hatte. Aber nicht mit Absicht, Gott möge ihm vergeben. Nicht mit Vorsatz und niemals aus Böswilligkeit. Oh, lieber Gott, was für ein Ende für sie alle, verdammt in den Augen all jener, die nach ihnen kommen sollten …
    Und welch eine Ironie, dass Sloan ihn ebenfalls getötet hatte. Denn er lag im Sterben, das wusste er.
    In diesem Moment
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