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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika
Autoren: Peter Haas
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hergehen und es einem eiskalt den Rücken hinunter laufen kann.
    Bei aller Individualität zog sich durch sämtliche unserer gemeinsamen Asienreisen eine charakteristische Konstante: Das erste und wichtigste Ziel einer jeden Reise war stets Lukhgais Heimatdorf Nong Saen. In dieser Ansammlung von Bauernhöfen im Herzen des Isaans, der ländlich geprägten Reiskammer Thailands, lag der Schlüssel zu allem, was Michaels siamesischen Genen zugrunde lag und wovon er so viel wie möglich aufnehmen sollte. Hier konnten wir nach der nervenaufreibenden Zeit der Reisevorbereitung Ruhe und Geborgenheit finden, um Körper und Geist zu entschleunigen, anzukommen. Von Onkeln und Tanten, Cousins und Cousinen, Freunden und Freundinnen einjustiert zu werden, in eine andere Frequenz, in den südostasiatischen Rhythmus. Und um nach der nun auch mentalen Landung wieder weiterziehen zu können, wohin auch immer es uns in Thailand zog. Wir kannten keine Grenzen. Wann immer es uns gefiel, erlaubten wir es unserer Reiseroute, bis in die Nachbarländer zu mäandern. Bei einer Bootsreise in Laos lernten wir die Melancholie neu kennen. In Kambodscha das Grauen. Und in der Volksrepublik China brachten uns die enormen Spannungen zwischen Tradition und Moderne zum Nachdenken.
    Im Kontrast dazu standen die letzten Tage einer jeden Reise: In der Sonne fläzen, stundenlang im badewannenwarmen Wasser plantschen und in einbeinig angetriebene Hängematten an einem der unzähligen palmengesäumten Bilderbuchstrände im Süden Thailands baumeln – zur abschließenden inneren Einkehr, um die Abenteuer und Erlebnisse mit seinen Liebsten, aber auch mit den Menschen und Gegebenheiten der besuchten Länder zu verdauen und sich letztendlich mental auf die ersten Tage in Deutschland vorzubereiten.
    Zu diesem Zeitpunkt waren meist alle familiären Pflichten erfüllt, alle Abenteuer erlebt und alle zwischenmenschlichen Schlachten geschlagen. Und aus genau dieser ausnahmslos seltenen Stimmung eines gänzlich wunschlosen Daseins, mit meinem friedlich in seinem Spiel vertieften Sohn zu meiner Rechten und einer selig schlafenden Lukhgai an meiner Linken, wurde ich vom Schrillen unseres Mobiltelefons gerissen. Es war Lukhgais seit Jahren nicht mehr gesehene beste Freundin, überraschend zu Besuch in Südthailand. Groß war die Freude, herzlich die Einladung, ein Besuch schien unausweichlich. Kurzum: Lukhgai würde die letzten drei Urlaubstage nutzen, um ihre Freundin zu besuchen. Ohne uns. Michael und ich sollten in unserer tollen Öko-Bungalowanlage mit fair bezahltem Gärtnerteam und von Straßenkindern designter Teakholzklobrille allein zurückgelassen werden.
    Meinen anfänglichen Widerwillen – allein mit einem Fünfjährigen! – unterstrich ich durch nervös vorgebrachte Befürchtungen auf möglicherweise aufkommende Problemstellungen undifferenzierter Art. Ich hatte keine Chance. All meine diffusen Ängste wurden durch ausgesprochen fachgerecht dargelegte, objektive Fakten widerlegt, Michaels trauriger Dackelblick liebevoll aus dem Gesicht und damit vom Tisch gewischt. Wie nebenbei, eingeflochten in einen scheinbar unwichtigen Nebensatz, fast ein wenig trotzig und mich vielleicht sogar ein bisschen veräppelnd, wies Lukhgai mich darauf hin, dass ich schließlich nicht zitternd auf ein Unglück zu warten bräuchte, sondern ruhig mit Michael ein paar Ausflüge in die nähere, oder, wenn ich es mir zutraute, auch weitere Umgebung machten dürfte. Nicht ahnend, welche Lawine sie damit lostreten sollte.
     
    Am nächsten Morgen, Luhkgai hatte die Tür noch nicht richtig hinter sich zugemacht, saß ich mit Michael bereits in einem eilends gecharterten Taxi in Richtung des nur etwa 50 Kilometer entfernten Myanmars. Es wurden ein paar der schönsten und unvergesslichsten Stunden meines Lebens. Wir hatten beide Blut geleckt – wie nach dem Genuss einer berauschenden Droge, die in unseren Körpern etwas Unbestimmtes veränderte, schrien wir nach mehr. Wollten nochmals los ohne das bremsende Relativ einer behütenden Mutter. Fühlten uns frei, ohne vorher in Gefangenschaft geraten zu sein.
    Diesem ersten Tagesausflug allein unter Männern folgte tags darauf ein zweiter Trip. Mit dem Speedboot ging es zu einem Schnorchelausflug in die vor der Küste gelegenen Gewässer der Andamanensee um die Surin Islands. Dass Michael noch nicht schwimmen konnte, tat dem Spaß keinen Abbruch. Nichts schien für uns unmöglich. Mit einer orangefarbenen Schwimmweste um seinen kleinen
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