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African Queen

African Queen

Titel: African Queen
Autoren: Helge Timmerberg
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von Alberts Vorgänger gebrochen hatte. Außerdem hatten die große Katze und ein Löwe, der ebenfalls den Garten als Jagdrevier nutzte, bereits zehn der zwölf Hunde des Hausbesitzers gefressen. Die restlichen zwei wurden dann jeden Abend ins Haus geholt. Nur Albert musste draußen bleiben.
    Der Löwe und der Leopard kamen immer dann, wenn der Strom ausfiel, und weil das in Nairobi täglich passiert, kamen sie jeden Tag. Sie schleichen mit dem Schatten. Du kannst sie nicht sehen, aber den Löwen hörte er wenigstens. Nur der Leopard jagt unsichtbar und lautlos. Warum Albert nicht gefressen wurde? Drei Gründe:
Dank seiner ungewöhnlich guten Ohren hörte Albert den lautlosen Leopard trotzdem. Er hörte seine Augenlider klimpern.
Albert rieb sich mit dem Öl ein, das zum Reinigen von Gewehren benutzt wird. Das riechen Raubkatzen nicht gern.
Albert benutzte, wenn kein Gewehröl zu haben war, altes Öl von Transformatoren. Auch das mögen die Bestien nicht.
Albert schloss sich bei jedem Stromausfall im Hundekäfig ein.
    So viel zu den Problemen, die wilde Tiere machten. Die wilden Menschen kamen in Gruppen von zehn bis fünfzehn Leuten zwischen 20 Uhr und 20.30 Uhr, wenn die meisten Wächter schlafen, weil sie gerade gegessen haben. Der beste Schutz gegen Räuber ist, sie zu sehen, bevor sie dich gesehen haben. Darum aß Albert nie in seinem Wachhäuschen, in das sie als Erstes eindringen, um den Wächter mit Knüppeln und Macheten allezumachen, sondern an einem Platz, von dem er den ganzen Garten überblicken konnte, ihn aber niemand sah. Zu Alberts Dienstausrüstung gehörte ein Alarmknopf. Sobald er ihn drückte, wusste man in den Pickups, die permanent in dem Viertel Streife fahren, welches Haus gerade überfallen wird. Die Kollegen brauchten in der Regel fünf bis sieben Minuten, um zur Stelle sein. Sie schossen nicht mit Feuerwaffen, sondern mit Hightech-Armbrüsten. Sie benutzten Pfeile, die mit Schlangen- oder Kräutergift präpariert waren. Das Schlangengift ist besser. Es hält acht Jahre, und die Räuber fürchten sich davor mehr als vor Kugeln, weil Giftpfeile bei jeder Art von Treffer tödlich sind.
    Nach drei Monaten wollte Albert kündigen, aber seine Firma sagte, pass auf, Albert, wenn du das noch drei Monate überlebst, geben wir dir einen Job in einer cooleren Gegend. Albert überlebte, sie hielten Wort, und so kam der Wächter in das Viertel, in dem er noch heute arbeitet. Es liegt auf der anderen Seite der Millionenstadt, also zu weit weg für die wilden Tiere. Nicht zu weit weg für die Slums, aber das Viertel ist sicher, weil Minister, Botschafter, der Chef von «Kenia Air» und ausländische Journalisten dort wohnen. Nicht vor jeder, aber vor jeder dritten Villa stehen mit Maschinengewehr bewaffnete Posten, und um zu dem Haus zu gelangen, das Albert seit acht Jahren bewacht, muss man dreimal vor Schlagbäumen stoppen und Papiere vorweisen oder, alternativ, ein in dem Viertel bekanntes Gesicht. In dem Haus wohnt ein deutscher Journalist, der wie Paul Newman aussieht, und weil ich mich a) im Aga-Khan-Krankenhaus auf Anhieb gut mit ihm verstanden hatte und es sich b) herausstellte, dass er eines meiner Bücher gelesen hatte, empfahl er uns zunächst zwei Hotels und rief sie auch gleich an, aber weil beide gerade ausgebucht waren, bot er uns spontan seine Gastfreundschaft an. Für die Ausheilung meiner Malaria war das natürlich ideal. Drum herum nur Grün, eine große Terrasse, ein großer Garten, ein gutes Bett und erstklassiges Pflegepersonal. Der Wächter erzählt mir fabelhafte Geschichten, und der Koch ist ein wirklich lieber Kerl. Er heißt Sammy, und er schafft es, mit einem Lächeln die Sorgen aus deinem Gesicht zu waschen, und er lächelt den ganzen Tag. Im Gegensatz zu Albert, der die Ohren einer Fledermaus besitzt, hört Sammy so gut wie ein Stein. Er ist noch schwerhöriger als ich.
    «One coffee, please», sage ich.
    «Oh, yes, pizza», sagt er.
    «No, Sammy, COFFEE!»
    «No problem, Mister», sagt Sammy, «take one of my cigarettes.»
    Und das sind in Wahrheit die einzigen Probleme, die wir in Nairobi haben.

22. BABYLINO, ICH GLAUBE, WIR GEHEN BESSER
    I ch habe lange nicht mehr über unsere Beziehung geschrieben. Über das Auf und Ab der Liebe, über die Grenzüberschreitungen des Ego, über die Angst. Woran mag das liegen? Dass es kein Auf und Ab mehr gab? Keine Machtspiele? Kein inneres Beben? Unsinn. Es gab genug von alldem. Aber ich hatte keine Lust mehr, darüber zu schreiben.
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