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African Queen

African Queen

Titel: African Queen
Autoren: Helge Timmerberg
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nichts gegen Exhibitionisten. Paviane zeigen gern, was sie haben, warum, ist mir nicht ganz klar. Die Männchen haben dünne Penisse und winzige Hoden, die Weibchen monströs geschwollene Pobacken. Gut, dass Paviane nicht in der Lage sind, Männermagazine zu produzieren, denn sonst hätten wir einen «Playboy» mit den hässlichsten Ärschen der Welt. Pavianärsche zum Ausklappen! Noch finden Tonis Gäste das lustig, aber der Tag wird kommen, an dem ihnen die Affen in die Kaffeetassen pinkeln, und dann ist Schluss mit dem Tourismus, dann kann die Lodge noch ein paar Jahre an Primatenforscher vermietet werden, die hier luxuriöser als anderswo ihren Studien nachgehen. Doch besser, und zwar für alle Beteiligten, wäre es, wenn Toni endlich das tun würde, was hier getan werden muss und was auch sein an Malaria und der Schlafkrankheit verstorbener Vorgänger gemacht hat, um der Sache Herr zu werden. Aber Toni kann seine Abneigung gegen Feuerwaffen einfach nicht überwinden. Er ist Pazifist, er ist zu weich für Afrika. Hat ihn Moni deshalb verlassen? Man weiß es nicht.

2. AFRICAN QUEEN
    M an weiß auch nicht, wann die «Ilala» morgen in See sticht. Toni meint, um 18 Uhr, sein Fahrer sagt, 17 Uhr, und im «Lonely Planet» steht, vormittags um zehn. Don Brioni sagte gestern, man solle, egal, wem man glaubt, vier Stunden vorher da sein. Die «Ilala» sei das unpünktlichste Schiff der Welt und ihr Fahrplan nicht mehr als ein Diskussionsvorschlag fürs Schicksal. Wir sind um 17.30 Uhr am Hafen von Chipoka, und ich glaube es fast nicht, wie deckungsgleich dieser rostige Dampfer mit den Träumen Hollywoods ist. Der Film heißt «African Queen», und das deutsche Schiff, das Humphrey Bogart versenkt, sieht aus wie die «Ilala». Das Glück der Cineasten durchflutet mich, weil das Original noch rostiger ist als die Kopie, Lisa dagegen sieht nur den Rost. Und sie sieht, was ihrer Laune noch abträglicher ist, den Rost auslaufen. Wir haben die Abfahrt der «Ilala» um schätzungsweise fünf Minuten verpasst. Und jetzt?
    Jetzt flippt Lisa mal kurzfristig aus.
    Wir kennen uns seit drei Monaten, und ich weiß noch immer nicht so recht, wie ich damit umgehen soll, wenn sie die Schnittstelle ihrer Existenz mit dem Universum dermaßen einfaltet, dass sich, von ihrer Wut ausgehend, die Welt wie ein großes Stück Papier durchgehend zu verknittern beginnt. Die Welt ist vielleicht übertrieben, aber bis zu Toni reicht die Irritation der Atmosphäre ganz bestimmt: «Warum habe ich nicht auf meine Intuition gehört! Ich habe Toni zweimal gebeten, wegen der Abfahrtzeiten anzurufen. Er sagte, er habe es getan, aber ich wusste, dass er es nicht getan hat. Er hatte einfach keine Lust dazu. Jetzt müssen wir der ‹Ilala› hinterherfahren. Und ich hasse es, in der Dunkelheit auf afrikanischen Landstraßen zu sein.»
    Die «Ilala» ist das einzige Passagierschiff, das den drittgrößten See Afrikas regelmäßig befährt, und sie macht das gründlich. Sie läuft im Zickzackkurs elf Häfen an, und der nächste ist glücklicherweise noch auf unserer Seite des Sees und auch nur zwei, drei Stunden mit dem Auto entfernt. Lisa ruft Toni an, um von ihm das zu hören, was sie jetzt hören will. Sein Fahrer wird uns umgehend nach Nkhotakota bringen, und das auch nicht für hundert Dollar, die für diese Tour der normale Preis sind, sondern nur für die Spritkosten und die zwei Red Bull, die der Mann braucht, um auf dem Rückweg nicht einzuschlafen. Eine halbe Stunde später beginne ich, Toni still und heimlich für seine Schlamperei zu danken, denn der Himmel färbt sich während der Fahrt wie auf dem Umschlag eines Afrikaromans: «Die weiße Massai», «Ich träumte von Afrika», «Ich kehre zurück nach Afrika», «Karibu heißt willkommen», «Der Ruf der Kalahari», «Die Regenkönigin» – das sind nur ein paar Beispiele für die Kapitulation der Kreativität vor dem Sonnenuntergang in der Savanne. Eigentlich jedes Cover der von Frauen geschriebenen Romane sieht so aus, aber auch feminisierte Schriftsteller wie Hardy Krüger («Die andere Seite der Sonne») und Henning Mankell («Die flüsternden Seelen») konnten nicht anders, als das weiblichste Bild von Afrika für ihr Buch zu wählen, und das ist zur Hälfte rubinrot, rosenrot, rotweinrot und richtig rot und zur anderen Hälfte mangoorange und zitronengelb, aber dort, wo die Sonne in die Erde sinkt, ist weißes Licht. Und davor steht schwarz und wie hingezeichnet eine Schirmakazie oder ein
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