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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie
Autoren: Helmut Barz
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Geld. Und die strikte Anweisung unterzutauchen, bis dieser Mann mit den Eukalyptuspastillen die Situation geklärt hatte.
    Katharina zwang sich aufzustehen. Sie hatte einen metallischen Geschmack im Mund. Adrenalin, die Wunderdroge des menschlichen Körpers. Sie atmete einmal tief durch und zwang sich zu einem Pokerface: »Okay, ich gehe dann mal untertauchen, Chef!«
    Polanski lächelte tatsächlich. »Nicht mehr Chef, Katharina. Sie haben jetzt den gleichen Rang wie ich.«
    »Einmal Chef. Immer Chef.« Sie wollte sich umdrehen, doch Polanski tat in diesem Moment etwas für ihn vollkommen Ungewöhnliches; er umarmte sie so fest, dass es fast wehtat. Dann schob er sie behutsam an den Schultern von sich: »Passen Sie auf sich auf, Katharina. Keine Abenteuer. Und keine Aktionen auf eigene Faust. Versprochen?«
    Direkt vor der Tür des Präsidiums wartete ein gepanzerter Maybach auf sie. Das Auto ihres Patenonkels Antonio Kurtz. Was würde Polanski jetzt sagen? »Es lohnt sich also doch, einen Patenonkel bei der Mafia zu haben.«
    Schnell stieg Katharina ein. Hans und Lutz, ihre beiden treuen Leibwächter – ebenfalls eine Leihgabe ihres Patenonkels – saßen auf den Vordersitzen. Lutz drehte sich zu ihr um und fragte wortkarg und präzise wie stets: »Wohin?«
    Ja. Das war die richtige Frage. Wohin? Katharina brauchte Kleidung. Ausrüstung. Vor allem aber brauchte sie Informationen. »Zu Kurtz!«, antwortete sie.
    Der Maybach passt gerade eben durch die enge Hauseinfahrt auf der Eschersheimer Landstraße. Ein uneingeweihter Betrachter würde vermuten, dass sie zu einem kleinen Hof führte. Tatsächlich aber endete sie in einem entkernten Wohnhaus, das Kurtz für seine Zwecke umgebaut hatte. Es diente jetzt als Garage und als Lager für Dinge, die besser vertraulich blieben.
    Von dort führte eine Tür in den hinteren Teil des »Puccini«, eines italienischen Restaurants, das, seinem Namen angemessen, gegenüber der Hochschule für Musik und darstellende Kunst lag: das Hauptquartier ihres Patenonkels. Und das Refugium, in dem Antonio Kurtz sich seinem liebsten Hobby hingab: dem Kochen.
    Kurtz stand an einer Arbeitsplatte in seiner altmodischen Küche und schnitt Gemüse. Er sah auf, als sie hereinkamen, und legte das Messer weg. Dann kam er um den kleinen Tresen herum, um seine Patentochter zu umarmen.
    »Katharina-Kind! Gott sei Dank! Wir müssen dringend reden! De Vega hat –!«
    Katharina unterbrach ihn: »Er hat einen weiteren Profi auf mich angesetzt. Einen Spitzenmann mit Codenamen Ministro.«
    »Woher weißt du das?«
    »Von Polanski. Und von einem seltsamen Typen, der ständig Eukalyptusbonbons lutscht.«
    Kurtz erstarrte. »So ein unscheinbarer, grauer Typ, bei dem jede Phantomzeichnung ein weißes Blatt ergeben würde?«
    »Genau. Kennst du ihn?«
    »Halt dich fern von dem!«, sagte Kurtz barsch. »Der Typ bedeutet Ärger. – Hat er dir irgendwas gegeben?«
    »Falsche Papiere. Fünftausend Euro. Und diesen Koffer hier!« Katharina hob einen kleinen, weinroten Kosmetikkoffer hoch.
    »Zeig mir die Papiere!«
    Katharina zog den Reisepass, den Personalausweis und den Führerschein hervor und gab sie Kurtz.
    »Gute Arbeit«, musste er widerwillig anerkennen, nachdem er die Papiere durchgeblättert hatte. Dann nahm er den Kosmetikkoffer, stellte ihn auf den knorrigen Eichentisch und öffnete ihn. Mit spitzen Fingern hob er die Gegenstände heraus, die darin lagen. Den schweren, metallenen Fön. Den wuchtigen Epilierapparat. Den gurkengroßen Vibrator.
    »Die Dinger enthalten Geheimfächer für Teile meiner Waffe«, erklärte Katharina. Ihre Wangen fingen an zu glühen.
    »Humor hat er ja«, knurrte Kurtz. »Schau an, Seine Unscheinbarkeit gibt vor, hilfsbereit zu sein.«
    »Seine Unschein… – Weißt du mehr über ihn?« Katharina wurde ungeduldig. Konnte ihr nicht einmal jemand geradeheraus die Wahrheit sagen?
    »Der Typ ist – nun, er selbst würde sich vermutlich als Problemlöser bezeichnen. Was auch irgendwie stimmt. Allerdings ist er völlig skrupellos. Wenn nötig, hinterlässt er auch mal Leichen.«
    »Geheimdienst?«
    »Wie man’s nimmt. Er macht die Arbeit, die Geheimdiensten zu schmutzig ist. Er und seine Leute. Er ist extrem gut vernetzt. Weltweit. So viel weiß ich.«
    »Und welches Interesse hat er an mir?«
    »Wenn ich das wüsste.«
    »Hat es was mit der Ermordung meiner Familie zu tun?«
    Kurtz war von der Frage nicht sonderlich überrascht: »Ich weiß es nicht. Aber damals habe ich ihn zum
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