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Aerger im Bellona-Club

Aerger im Bellona-Club

Titel: Aerger im Bellona-Club
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Verdrießlichen und Herrischen noch unangenehm auffiel – der immerzu drohte, sich beim Vorstand zu beschweren, den Clubmanager plagte und den übrigen Mitgliedern ein ewiger Stachel im Fleische war. Er zog sich maulend zu seinem Sessel und der Abendzeitung zurück, und der Oberst trat in die Telefonzelle, um Lady Dormers Haus am Portman Square anzurufen.
    Bald kam er durch die Bibliothek in die Eingangshalle heraus und begegnete Penberthy und Wimsey, die soeben die Treppe herunterkamen.
    »Haben Sie Lady Dormer die Neuigkeit beigebracht?« fragte Wimsey.
    »Lady Dormer ist tot«, sagte der Oberst. »Ihr Mädchen hat mir mitgeteilt, daß sie heute morgen um halb elf sanft entschlafen ist.«

3

Herz ist Trumpf

    Etwa zehn Tage nach diesem denkwürdigen Waffenstillstandstag saß Lord Peter Wimsey in seiner Bibliothek und las in einer seltenen Handschrift des Justinian aus dem 14. Jahrhundert. Sie bereitete ihm einen besonderen Genuß, denn sie war ausgeschmückt mit einer großen Zahl von Sepiazeichnungen, ungewöhnlich kunstvoll in der Ausführung, wenn auch nicht unbedingt im Thema. Neben ihm stand auf einem praktischen Tischchen eine langhalsige Karaffe mit unbezahlbar altem Portwein. Hin und wieder stimulierte er sein Interesse mit ein paar kleinen Schlückchen, wobei er andächtig die Lippen spitzte und langsam den milden Nachgeschmack auskostete.
    Ein Läuten an der Wohnungstür ließ ihn zuerst »Hol's der Teufel!« ausrufen und dann die Ohren spitzen. Das Ergebnis schien jedoch erfreulich zu sein, denn er klappte den Justinian zu und hatte, bis die Tür aufging, ein freundliches Begrüßungslächeln auf sein Gesicht gezaubert.
    »Mr. Murbles, Mylord.«
    Der ältliche kleine Herr, der ins Zimmer trat, war so ein vollkommener Familienanwalt, daß er schon gar keine erkennbare Eigenpersönlichkeit mehr besaß, abgesehen von einer großen Herzensgüte und einer Vorliebe für Pfefferminzpastillen.
    »Ich störe Sie hoffentlich nicht, Lord Peter?«
    »Aber nein, Sir. Ich freue mich immer über Ihren Besuch. Bunter, ein Glas für Mr. Murbles. Wirklich sehr schön, daß Sie gekommen sind, Sir. Der 86er Cockburn schmeckt viel besser in Gesellschaft – in kundiger Gesellschaft, heißt das. Ich kannte mal einen, der ihn mit Tonicwasser panschte. Er wurde nie mehr eingeladen. Acht Monate später beging er Selbstmord. Ich will nicht behaupten, daß er es aus diesem Grunde getan hat. Aber es mußte ein böses Ende mit ihm nehmen, nicht?«
    »Sie erschrecken mich«, sagte Mr. Murbles ernst. »Ich habe schon manchen Mann für ein Verbrechen zum Galgen gehen sehen, für das ich mehr Verständnis aufbrachte. Danke, Bunter, danke. Es geht Ihnen gut, hoffe ich?«
    »Vielen Dank, Sir, ich erfreue mich ausgezeichneter Gesundheit.«
    »Das ist schön. Fotografieren Sie noch?«
    »Ein wenig, Sir. In letzter Zeit habe ich jedoch nur Aufnahmen künstlerischer Art gemacht, wenn ich es so ausdrücken darf. An kriminalistischem Material herrscht im Augenblick ein beklagenswerter Mangel.«
    »Vielleicht hat Mr. Murbles uns etwas mitgebracht«, meinte Wimsey.
    »Nein«, sagte Mr. Murbles, indem er den 86er Cockburn unter die Nase hielt und das Glas behutsam schwenkte, um das Aroma freizusetzen, »nein, das kann man so direkt nicht sagen. Ich will nicht verhehlen, daß ich hierhergekommen bin, weil ich hoffe, aus Ihrer hochentwickelten Beobachtungs- und Kombinationsgabe Nutzen zu ziehen, aber ich fürchte – das heißt, ich hoffe – im Grunde bin ich sogar zuversichtlich –, daß hier nichts im Spiel ist, was unerfreulicher Natur wäre. Es hat sich nämlich«, fuhr er fort, als die Tür hinter Bunter zuging, »ein nicht alltägliches Problem im Zusammenhang mit General Fentimans traurigem Tod im Bellona-Club ergeben, dessen Zeuge Sie meines Wissens waren.«
    »Wenn Sie das wissen, Murbles«, sagte Seine Lordschaft geheimnisvoll, »wissen Sie sehr viel mehr als ich. Ich war nicht Zeuge seines Todes – ich war Zeuge der Entdeckung seines Todes – und das ist ein sehr, sehr großer Unterschied.«
    »Ein wie großer Unterschied?« fragte Mr. Murbles eifrig. »Genau das möchte ich nämlich wissen.«
    »Wie neugierig von Ihnen«, meinte Wimsey. »Ich glaube, es wäre besser –« er hob sein Glas und neigte es bedächtig, so daß der Wein sich in feinen Blütenmustern vom Rand bis zum Stengel kräuselte – »wenn Sie mir genauer sagten, was Sie wissen wollen ... und warum. Schließlich ... ich bin Mitglied des Clubs ... hauptsächlich wohl
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