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Aerger im Bellona-Club

Aerger im Bellona-Club

Titel: Aerger im Bellona-Club
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Jedenfalls sind das die Fakten. Ich will übrigens nicht hoffen, daß ich Sie langweile, nein?«
    »Ich fasse mich in Geduld«, sagte Wimsey, »und harre des Augenblicks, da das Geld ins Spiel kommt. Ich sehe ein ehernes Blitzen in Euerm Juristenauge, Sir, aus dem ich schließe, daß es bald aufregend wird.«
    »Völlig richtig«, sagte Mr. Murbles. »Ich komme jetzt – danke – o ja – ich nehme gern noch ein Gläschen. Gott sei Dank habe ich keine Veranlagung zu Gicht. Ja. Ah! – Nun kommen wir also zu dem traurigen Ereignis am elften November, und da muß ich Sie bitten, mir mit der größten Aufmerksamkeit zu folgen.«
    »Selbstverständlich«, antwortete Wimsey höflich.
    »Lady Dormer«, fuhr Mr. Murbles fort, indem er sich mit ernstem Gesicht nach vorn beugte und jeden Satz mit gestochenen, kurzen Bewegungen der rechten Hand unterstrich, zwischen deren Daumen und Zeigefinger er seine Goldrandbrille hielt, »war eine alte Frau und schon lange bei schwacher Gesundheit. Aber noch immer war sie so eigensinnig und lebenslustig, wie sie schon als junges Mädchen gewesen war, und am fünften November hatte sie es sich plötzlich in den Kopf gesetzt, abends auszugehen und sich ein Feuerwerk beim Kristallpalast anzusehen – es könnte auch woanders gewesen sein, Hampstead Heath oder White City – das weiß ich nicht mehr, und es ist auch nicht wichtig. Wichtig ist nur, daß es ein kühler, unfreundlicher Abend war. Sie bestand dennoch auf dieser kleinen Expedition, genoß den Abend wie ein kleines Kind, setzte sich dabei unklugerweise der Nachtluft aus und holte sich eine schwere Erkältung, die sich im Verlaufe von zwei Tagen zur Lungenentzündung entwickelte. Am zehnten November ging es so rapide mit ihr abwärts, daß niemand mehr damit rechnete, sie werde die Nacht überleben. Aus diesem Grunde schickte die junge Dame, die als Gesellschafterin bei ihr wohnte – eine entfernte Verwandte, Miss Ann Dorland – eine Nachricht an General Fentiman: Wenn er seine Schwester noch einmal lebend sehen wolle, müsse er auf der Stelle kommen. Um unserer gemeinsamen menschlichen Natur willen freue ich mich sagen zu dürfen, daß diese Nachricht endlich die Schranken von Stolz und Starrsinn brach, die den alten Herrn so lange von ihr ferngehalten hatten. Er kam, traf Lady Dormer gerade noch bei Bewußtsein an, wenn auch schon sehr schwach, blieb eine halbe Stunde bei ihr und ging dann, immer noch steif wie ein Ladestock, aber sichtlich besänftigt. Das war gegen vier Uhr nachmittags. Kurz danach wurde Lady Dormer bewußtlos und schlief, ohne noch einmal zu sich zu kommen, am nächsten Morgen um halb elf friedlich hinüber.
    Vielleicht war die Aufregung und Anspannung ob des Wiedersehens mit der Schwester, die ihm so lange entfremdet gewesen war, zuviel für die angegriffene Gesundheit des alten Generals, denn wie Sie wissen, starb er am selben Tag, dem elften November, zu irgendeinem – noch nicht genau festgestellten – Zeitpunkt im Bellona-Club.
    Und nun endlich – ich muß wirklich sagen, Sie hatten große Geduld mit meiner umständlichen Art, das alles zu erklären – kommen wir zu dem Punkt, an dem ich Ihre Hilfe brauche.«
    Mr. Murbles stärkte sich mit einem Schlückchen Portwein und nahm nach einem leicht besorgten Blick auf Wimsey, der die Augen geschlossen hatte und kurz vorm Einschlafen zu sein schien, den Faden wieder auf.
    »Ich habe, glaube ich, noch nicht erwähnt, wie ich selbst nun in diese Geschichte verwickelt wurde. Mein Vater war der Familienanwalt der Fentimans, eine Stellung, in die ich selbstverständlich nachrückte, als ich nach seinem Tode seine Praxis übernahm. General Fentiman gehörte, obwohl er nicht viel zu vererben hatte, nicht zu der unordentlichen Sorte Menschen, die sterben, ohne geeignete testamentarische Verfügungen getroffen zu haben. Seine Pension ist natürlich mit ihm gestorben, aber sein kleines Privatvermögen wurde in angemessener Weise testamentarisch aufgeteilt. Eine kleine Summe – fünfzig Pfund – geht an seinen Diener (einen sehr treuen und tüchtigen Menschen); ein paar weitere Kleinigkeiten (Ringe, Orden, Waffen und ein paar winzige Geldbeträge von jeweils ein paar Pfund) wurden alten Kriegskameraden und den Bediensteten des Bellona-Clubs vermacht. Dann war da der Hauptanteil seines Vermögens, rund 2000 Pfund, investiert in solide Wertpapiere, die ihm ein Jahreseinkommen von etwas über 100 Pfund einbrachten. Diese Papiere, alle sorgfältig aufgeführt, sollte
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