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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
Autoren: Barbara Dribbusch
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edlem Stoff, das Ganze in leicht changierendem Dunkelgrau. Cool. Elegant. Das ist ein Ausweg aus dem Kleidungsdilemma älterer Frauen: Wir fliehen in die männliche Semiotik. Seit sie Bundeskanzlerin ist, trägt auch Angela Merkel nur noch Hosenanzug. In »Size Germany« versteht sich.
    Doch unser Outfit stimmt immer noch nicht: Britt und ich wirken in unseren Anzügen wie zwei PR -Frauen, die sich auf einem Wirtschaftskongress getroffen haben. Das Label »Berufskleidung« klebt an uns. So sehen Karrieredamen aus, die sehr viel privates Geld für ihre Uniform ausgeben, um sich im Job halten zu können.
    Sportlich macht schlank
    »Sechs Stunden Hosenanzug ertrage ich«, sage ich zu Britt. »Aber dann brauche ich sofort eine Kapuzensweatjacke.« Wir steuern die Ecke mit Sport- und Freizeitkleidung an.
    Als Nächstes blickt mir eine wind- und wetterfeste Sports kanone aus dem Spiegel entgegen. Ich trage einen marineblauen Matrosenpullover aus kaschmirveredelter Schurwolle und dazu eine Jeans in Dreiviertellänge, die meine hellbraunen Mokassins vorteilhaft ergänzen. Ich sehe aus wie eine Weltumseglerin in ihren Fünfzigern, die im Einhandbetrieb ihr Boot steuert, während sie mit der anderen Hand ihre Biographie über ihr aufregendes Globetrotterleben schreibt. Titel: »Hart am Wind«.
    »Sportlich macht nicht dick, das muss man zugeben«, sagt Britt, »und es sieht nach Energie und Draußen aus, nicht nach Sahnetorte und Kaffeetrinken am Nachmittag.« Stimmt. Der Punkt ist nur: Ich habe schon einen Matrosenpullover. Und das große Risiko der Frau über 50 , so belehrte mich eine Modekolumnistin, liege darin, dass Frauen in diesem Alter zu viele Matrosen- und Rollkragenpullover besitzen, meist in Blau oder Dunkelgrau. Dann sieht der klassisch-sportliche Look plötzlich nach Langeweile aus, nach Feigheit, nach Anpassung und nach Abschied vom Sex, und niemand denkt mehr an Leidenschaft und Abenteuer.
    Also wieder raus aus der Abteilung mit der Freizeitkleidung. Es wäre ja auch zu einfach. »Vielleicht sollten wir es mal mit weiblicher Eleganz versuchen«, schlägt Britt vor. Sagt’s und verschwindet mit einem Designerstück in der Kabine, einem Etuikleid ohne Ärmel. Als »körpernah« bezeichnen Designer diese Passform.
    Die Passform ist ja nicht unwichtig. Für Frauen in höherem Alter spielen die »körperumspielenden«, »figurbetonten« oder »körpernahen« Schnitte die wichtigste Rolle. Ziel dabei ist, dass noch eine Taille zu erkennen ist, ohne dass der Stoff über der Hüfte und am Bauch spannt. Es ist eine Gratwanderung.
    »Könnte ich so auf einen Abendempfang gehen oder nicht?«, fragt Britt, als sie vor mir steht. Das dunkelgrüne ärmellose Kleid wirkt schlicht und elegant, zeichnet eine weibliche Figur und passt gut zu ihren rotbraunen Haaren. »Sieht schon gut aus«, kommentiere ich vage. Das Kleid würde mir jedoch Stress machen, wenn ich ehrlich bin. In diesem Kleid muss man den Bauch einziehen und Haltung bewahren. Und Lagerfeld würde nörgeln, dass Britt die Ellbogen darin entblößt.
    »Ich bräuchte für so ein Kleid wohl eine dieser Bauchquetschunterhosen«, meint Britt, »und High Heels.« Ein Etuikleid erfordert die Bereitschaft, zu Hilfsmitteln zu greifen, die den Körper in Form bringen und das Bein strecken. Wobei ich mich immer frage, wo das Fett hingeht, das die Kompressionsunterwäsche wegdrückt. Wird der Speck in die Eingeweide hineingeschoben oder nur weiträumig auf der Bauchpartie verteilt wie Eierkuchenteig, der in der Pfanne verläuft?
    Britt wirkt in dem Kleid wie die Gastgeberin eines Abendempfangs, die an den nackten Armen friert, während sie Smalltalk macht und am Champagner nippt. Man fragt sich bei so viel Schutzlosigkeit, wo eigentlich der Ehemann steckt. Britts Ehemann ist vor vier Jahren nach schwerer Krankheit gestorben. Sie kommt aber gut allein zurecht.
    900 Euro kostet das Designerstück. »Für so ein Kleid braucht man einen passenden Anlass«, sagt Britt. Doch wann gehen wir auf festliche Empfänge oder geben selbst eine Dinnerparty? Eher selten. Wo doch bei unseren Freundinnen und Freunden alle Hochzeiten längst gelaufen sind und Scheidungen keinen Grund bieten für festliche Einladungen, auf denen sich ärmellose Etuikleider gut machen. Und zu Britts Kunstabenden kommen auch schon mal Leute, die wissen, wie ein Jobcenter von innen aussieht.
    »Kleidungsstücke sollten nicht verunsichern, sondern gute Gefühle wachrufen«, verkünde ich. Aus den Augenwinkeln sehe
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