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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
Autoren: Barbara Dribbusch
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Alters, sondern eine Volksbewegung. Die Frauen legten in den vergangenen 15 Jahren im Durchschnitt um 4 , 1 Zentimeter im Taillenumfang zu, die Männer sogar noch mehr. Das Textilforschungszentrum Hohenstein Institute in Bönnigheim hat die neuen Werte in einer Reihenmessung festgestellt und »Size Germany« genannt.
    Die Bekleidungsindustrie hat auf die neuen Maße reagiert und schneidert jetzt fülliger– bei gleicher Größenangabe. Man kann neuerdings wieder die Größe kaufen, aus der man schon vor zehn Jahren herausgewachsen war. Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass Sie jetzt bei manchen Markenherstellern wieder in eine Bluse Größe 38 passen, während Sie vorher immer mit Größe 40 nach Hause gegangen sind?
    Mit einem wissenden Lächeln habe ich mir neulich ein knallviolettes T-Shirt in 38 gekauft. »Size Germany«, murmelte ich auf dem Weg zur Kasse vor mich hin. Die Verkäuferin, wahrscheinlich noch in Zeiten der Magermodels gecastet, verfiel sofort in ein Lamento, wie schwer es inzwischen für die ganz Schlanken sei, noch was Passendes zu finden. »Bei den Dünnen schlabbert jetzt alles«, klagte sie. Es war ein schönes Gefühl, plötzlich zu den Gewinnern im Modezirkus zu gehören.
    Dabei haben die Modelabels schon immer gerne gemogelt. Firmen, die als Zielgruppe ältere betuchte Kundinnen haben, schneiderten auch früher schon großzügiger und verkauften eine 42 schon mal als 40 . »Vanity Sizing«, »Schummelgrößen«, nannte man das. Wobei es auch umgekehrt sein kann: Labels, die sich dezidiert an Teenager wenden, schneidern ihre Taillen und Armlöcher so eng, dass Frauen meiner Altersgruppe selbstmordgefährdet aus dem Laden wanken, weil ihnen nichts mehr passt. Auch das ist gewollt.
    Inzwischen hat uns die Rolltreppe ans Ziel gebracht: Dritter Stock, Damenbekleidung. An den Ständern hängt viel Grau und Schwarz, in Indien wäre dieses Farbangebot chancenlos. Dieses Jahr sind als Kontrastfarbe Lila und Knallrot angesagt. Merkwürdigerweise einigen sich die Textilhersteller oft auf Trendfarben, die mir absolut nicht stehen. Auf den Tischen liegen Berge von Jeanshosen mit Namen wie »Angela«, »Desiree« oder »Nina«, je nach Schnitt und Weite.
    Hosen müssen die richtige Architektur haben
    »Schlaghosen machen eine gute Figur«, meint Britt und lädt sich »Angela« und »Nina« auf den Arm. Sie verschwindet in der Umkleidekabine und steht kurz danach wieder vor mir, in einer seidig schimmernden dunklen Hose. Es stimmt: Das ausgestellte Bein unten und die schmalen Knie gleichen auch breitere Hüften optisch aus und ergeben eine anmutige Linie. Schlaghosen sind das Richtige für Frauen jenseits der 5 0 , architektonisch gesehen.
    Aber in diesem Jahr sind wieder Röhrenhosen »in«. »Schlag ist die Mode vom vorletzten Jahr«, wende ich ein. »Schlag ist aus den 70 er Jahren«, versetzt Britt. »Die Schlagmode vom letzten Jahr war schon Retro.«
    Mit 55 hat man eine Menge Retros durchgemacht. Zweimal habe ich die Wiederkehr von Schuhen mit Plateausohlen erlebt. Dann machten wir nach Jahren mit »Karotten« und dem ersten Retro der »Röhren«– die »Röhren« hatte es schon in den 50 ern gegeben– das erste Comeback der Schlaghosen durch, das jetzt schon wieder vorbei sein soll, weil sich inzwischen topaktuelle Röhrenjeans auf den Tischen in den Kaufhäusern stapeln. Auch die Marlene-Hosen mit ihren weiten Beinen verbreiten einen Hauch von Schlag. Marlene-Hosen sind der x-te Retro der 30 er Jahre.
    Es kommt alles zurück, wenn man lange genug wartet. Die Parkas meiner Jugendzeit begegnen mir heute wieder, allerdings sind sie inzwischen aus Seide und haben schimmernde Webpelzkragen. Und dann erst das Rauf und Runter der Mini- und Midiröcke in all den Jahren– angeblich hat das auch mit der Konjunktur zu tun. Wenn die Wirtschaft gut läuft, werden die Röcke kürzer, weil die Frauen sich besonders sexy geben, heißt es.
    Mit 45 war ich wild entschlossen, in meinem Leben keine Schlaghosen mehr anzuziehen. »Wir können uns doch nicht in den Look unserer Teenagerzeit zwängen«, klagte ich damals gegenüber Britt. Aber ich hielt nicht durch, die Schlaghose »Bonnie« bekehrte mich.
    »Die Frage ist doch, ob die alten Looks für uns noch funktionieren, rein ästhetisch«, reißt mich Britt aus meinen Gedanken. »Wie wäre es zum Beispiel mit dem Hippielook?« Sie hat sich der Schlaghose entledigt und ist in einen langen grünen Baumwollrock mit rotem Saum gestiegen, an dem ein Schild mit
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