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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
Autoren: Barbara Dribbusch
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Haut macht es sich im Alter nur gemütlich
    Wir altern keineswegs so, dass die Haut langsam schrumpelt wie ein Apfel in der Küche. Oder austrocknet wie ein Blatt im Herbst. Diese Metaphorik aus Seniorenzeitschriften mit fallenden Herbstblättern oder welkenden Rosensträußen ist falsch. Bei uns erneuern sich die Hautzellen ein Leben lang, immer wieder, im Alter eben bloß langsamer. Mit den Jahren kopieren sich unsere Hautzellen etwas nachlässiger und die Haut gibt sich nicht mehr so viel Mühe, Feuchtigkeit zu speichern. »Entschleunigung ist das Motto der älteren Haut«, pflegt Steffen zu sagen.
    Nur Schönheitsmediziner und Kosmetikerinnen, die ihren Kram verkaufen wollen, reden von »Erschlaffung«. In Wirklichkeit macht es sich die Haut nur ein bisschen gemütlich, sie entspannt sich, als liege sie am Mittelmeer im Sonnenstuhl. Das hat sie sich auch verdient.
    Die obere Hautschicht, die Hornschicht, ist sowieso mausetot, schon in der Jugend. »Wenn du Lippenstift und Lidschatten aufträgst, kannst du genauso gut Pergament bemalen, biologisch betrachtet«, hat Steffen mir mal erläutert.
    Meine Freundin Britt, bildende Künstlerin, benutzte in ihrer Fotoserie »Downlifting« Porträts von Hollywoodstars aus deren verschiedenen Lebensphasen. Ein Teil der Fotos zeigte die jungen und die gelifteten Gesichter von Sophia Loren, Catherine Deneuve und Tony Curtis. Darunter hängte Britt Porträts dieser Schauspieler, auf denen sie deren Gesichter am Computer realistisch hatte altern lassen, mit Falten und Hängebacken. Eine biologische Phase, die die Stars sich selbst nicht gegönnt hatten. Eindrucksvoll. Ganz so, als habe Britt ein Geheimnis gelüftet.
    Ich werfe einen Blick in den Spiegel, die großen Leuchten in Steffens Salon zaubern einen sanften Schimmer auf meine Haut. Vielleicht ist ja wirklich alles nur eine Frage der Interpretation. Was heißt hier dunkle Ringe unter den Augen? Sie sind ein Zeichen tieferen Einblicks. Und Hängelider, typisch für das Alter, gehören zu Menschen, die schon viel gesehen haben von der Welt und die ihre Augen nicht mehr aufreißen müssen wie verschreckte Kaninchen. Die Zeichen der Zeit lassen sich neu lesen.
    »Goldblond für die Färbung und später honigblond für die Tönung, wie immer«, verkündet Steffen, als er mit der angerührten Farbe kommt. Behutsam legt er mir denUmhang aus feinem dunkelblauem Baumwollstoff um die Schultern. Ich habe, wie oft bei Steffen, dieses Gefühl vonfreudiger Erwartung. Als würde ich in der Maske einesTheaters sitzen vor meinem großen Auftritt. »Gut siehst du heute aus«, meint Steffen. »Wie das blühende Leben.«
    Lebendigkeit ist alles, lautet ein Leitsatz meines Friseurs. Das sei wichtiger als alt oder jung. Und was heißt schon Verfall? In der Gastronomie führt die Zersetzung mitunter sogar zur Veredelung, man denke nur an Blauschimmelkäse und Wein.
    Guter Wein ist lange haltbar
    Beim Wein redet niemand von Mindesthaltbarkeitsdaten. Im Gegenteil. Zu französischem Käse gehört französischer Wein. Vergorener Traubensatz zu zersetzter Milch. Das macht das Mahl erst richtig aromatisch. Und je älter der Wein, desto wertvoller. Mitunter legt man den Preis des Weines nach der Anzahl der Jahre fest, in denen der Rebensaft im Holzfass gegoren hat.
    Steffen sucht jetzt meine Haarsträhnen sorgfältig nacheinander heraus, pinselt sie mit Farbe ein und wickelt sie dann in Folien wie Geschenke bei einem Julklapp. »Es soll natürlich wirken, so als seist du am Meer durch die Sonne spaziert«, sagt er. Und fügt hinzu: »Wir sollten aber das Weiß nicht ganz verleugnen.« Das liebe ich an meinem Friseur: Er hat ein lässiges Verhältnis zu Weiß.
    Weiße Haare können schließlich auch von Vorteil sein. Auf den Bildern in meiner Kindheit hatte der liebe Gott immer weiße Haare. Und wem vertrauen die Menschen besonders? »Einem Mann mit weißen Haaren und Bart«, erzählte mir ein Psychotherapeut. Wenn jemand mit grauen oder schlohweißen Haaren auftrete, wirke das gleich beruhigend, weise und souverän. Weiße Haare sind ein echter Berufsvorteil für Pfarrer, Psychiater, Gurus und Wissenschaftler. Was wäre das berühmte Foto von Albert Einstein ohne seinen weißen Haarschopf? Nicht halb so charismatisch. Die entscheidende Frage für die ergraute Lady in höherem Alter ist praktischer Art: Nimmt das weiße Haar die goldblonde Färbung an? Oder changiert das behandelte Haar am Ende etwa ins Gelbliche oder ins Orange?
    »Du hast Glück
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