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Admiral

Admiral

Titel: Admiral
Autoren: T.C. Boyle
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Ich wollte mir … ich wollte mir bloß ein Sandwich machen.« Schweigen. Der Hund schlich fluchtbereit in der Küche herum. »Wie heißt du noch mal?«
    »Frankie«, sagte das Dienstmädchen und verschluckte die Silben, als wollte es sie nicht hergeben, »und ich bin diejenige, die all diese Pfotenabdrücke aufwischen muss. Hast du gesehen, was er mit dem Zierkissen im Gästezimmer gemacht hat?«
    »Nein«, sagte Nisha, »hab ich nicht.« Sie stand vor dem Kühlschrank und öffnete das Fleischfach. Es würde leichter sein, wenn sie sich anfreundeten, und sie war dazu bereit, mehr als bereit. »Willst du auch was?« fragte sie. »Ein Sandwich oder so?«
    Frankie starrte sie nur an. »Ich weiß ja nicht, was sie dir zahlen«, sagte sie, »aber für mich ist das der bekloppteste Scheiß, den ich je gehört hab. Meinst du, ich könnte nicht ein paarmal am Tag den Hund rauslassen? Oder mit ihm in den Park gehen? Das machst du doch, oder? Du gehst mit ihm in den Park an der Sycamore?«
    Die Kühlschranktür schwang zu, das kleine Licht erlosch, das Fleisch lag angenehm schwer in ihrer Hand. »Ich gebe zu, es ist verrückt – du hast völlig recht. Denkst du, ich wollte immer schon Hundesitterin werden?«
    »Weiß ich nicht. Ich weiß überhaupt nichts über dich. Außer, dass du einen Collegeabschluss hast. Braucht man den als Hundesitterin?« Sie hatte sich nicht gerührt, keinen Muskel bewegt, saß immer noch da, die Füße hochgelegt, den Becher in der einen, den Löffel in der anderen Hand.
    »Nein«, sagte Nisha und spürte, dass ihr das Blut ins Gesicht stieg. »Nein, braucht man nicht. Aber was ist mit dir – brauchst du einen Abschluss, um Dienstmädchen zu sein?«
    Das saß. Einen Augenblick sagte Frankie nichts, sondern sah nur zwischen ihr und dem Hund, der sich jetzt bettelnd an Nishas Bein presste, hin und her. »Das hier ist nur vorübergehend«, sagte sie schließlich.
    »Ja, für mich auch.« Nisha lächelte sie an: nichts passiert, bloß ein bisschen Abchecken. »Total.«
    Zum erstenmal veränderte sich Frankies Gesichtsausdruck – sie sah beinahe aus, als wollte sie lachen. »Ja, genau«, sagte sie, »vorübergehend, das sind wir, mehr nicht. Wir sind vorübergehend. Und Mr. und Mrs. Striker, diese Spinner, diese Freaks, diese Viertelmilliondollarspinner – die bleiben.«
    Und jetzt lachte Nisha und Frankie ebenfalls – es war eine leise Äußerung des Amüsements, die Admiral den Kopf wenden ließ. Das Fleisch lag jetzt auf der Theke, die Frischhaltefolie war auseinandergefaltet. Nisha nahm eine Scheibe Schwarzwälder Schinken und hielt sie dem Hund hin. »Sitz!« sagte sie. »Na los, sitz!« Und der Hund sah, wie damals sein Vater oder Erzeuger oder Spender oder wie immer man es nennen wollte, begriffsstutzig zu ihr auf, bis sie den Schinken auf die Fliesen fallen ließ und das feuchte Klatschen ihm verriet, dass da etwas zu fressen lag.
    »Du wirst ihn verziehen«, sagte Frankie.
    Nisha ging zielstrebig zu dem Schrank, in dem das Brot war, und tatsächlich: Da lag ein frischer, knuspriger Laib jüdisches Roggenbrot. Sie sah Frankie über die Schulter an. »Ja«, sagte sie, »ich glaube, das ist der ganze Sinn der Sache.«
    Ein Monat verging, der angenehmste, den Nisha je erlebt hatte. Sie verdiente gutes Geld, zehn Stunden am Tag unter der Woche, fünf an den Wochenenden, sie las all die Bücher, für die sie auf dem College keine Zeit gehabt hatte, sah sich die ganze DVD -Sammlung der Strikers an und ließ sich im örtlichen DVD -Verleih als Kundin registrieren, sie machte Spaziergänge, faulenzte und schlief. Sie nahm fünf Pfund zu und beschloss, regelmäßig im Pool der Strikers zu schwimmen, schob es aber immer wieder hinaus. Manchmal half sie Frankie beim Putzen oder bei der Wäsche, damit sie gemeinsam auf der hinteren Veranda die Füße hochlegen, süßen Wein trinken und einen Joint rauchen konnten. Was den Hund anging, so versuchte sie gewissenhaft, ihn mit der Vergangenheit – oder irgendeiner Vergangenheit – zu prägen, auch wenn sie sich dabei lächerlich vorkam. Dafür vier Jahre College? Kriege wurden geführt, Menschen starben vor Hunger, es waren Krankheiten zu besiegen und Kinder zu erziehen, es gab viel Gutes zu tun in der Welt, und sie war hier und durchlebte in Gesellschaft eines geistig leicht zurückgebliebenen Clowns von einem geklonten afghanischen Windhund abermals ihre Jugend, weil zwei kinderlose reiche Leute es so beschlossen hatten. Na gut. Sie wusste, dass es
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