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Admiral

Admiral

Titel: Admiral
Autoren: T.C. Boyle
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holzgetäfelten Raum mit Blick auf den Garten hatte sich, soweit Nisha es feststellen konnte, nichts verändert. Da waren die riesigen alten Ledersessel mit den hohen Lehnen und das antike Stickley-Sofa, gerettet aus der Kanzlei Striker & Striker, die Mahagoni-Bar mit dem Weingestell und dem indirekt beleuchteten Schrein, den Mr. Striker zu Ehren der Geister seiner Single Malt Scotch Whiskies hatte anfertigen lassen, und darüber, alles beherrschend, das Ölporträt von Admiral mit seinen dunklen, heroischen Farben und dem goldenen Firnisschimmer. Sie erinnerte sich an den Tag, an dem der Maler ins Haus gekommen war, um den Hund für die ersten Fotos Modell stehen zu lassen. Admiral war unwillig und Mrs. Striker kurz vor einem Nervenzusammenbruch gewesen, und im entscheidenden Moment war das unvermeidliche Eichhörnchen über den Rasen gehüpft. Der Maler hatte sich in seinem Studio alle Mühe gegeben, den Gegenstand seiner Kunst mit einer edlen Ausstrahlung zu versehen – die Schnauze erhoben, den Blick auf ein entferntes, vermutlich würdiges Objekt gerichtet –, doch für Nisha sah jeder afghanische Windhund durch und durch lächerlich aus, wie eine Figur aus Sesamstraße , und in Admiral war das Absurde geradezu konzentriert gewesen. Er hatte dämlich ausgesehen, einfach dämlich.
    Als sie sich umdrehte, waren beide Strikers da, als wären sie hereingeschwebt. Sie wirkten kein bisschen gealtert. Ihre Haut war makellos, sie hielten sich so aufrecht und gerade wie die geschnitzten Ituri-Figuren, die sie aus Afrika mitgebracht hatten, und sie gaben sich Mühe, zunächst ein wenig zu plaudern und den Eindruck zu vermeiden, sie seien kurz angebunden. In Mrs. Strikers Armen – Nennen Sie mich bitte Gretchen – war ein Afghanenwelpe, und nach dem anfänglichen Austausch von Höflichkeiten begann Nisha, die die Hand ausgestreckt hatte, um die seidenweichen Ohren des Welpen zu kraulen und die winzige feuchte, schnuppernde Nase an ihrem Handgelenk zu spüren, zu begreifen, worauf das hier hinauslief. Sie verkniff es sich, nach Admiral zu fragen. »Ist das sein Welpe?« sagte sie statt dessen. »Ist das der kleine Admiral?«
    Die Strikers wechselten einen Blick. Der Mann hatte nicht gesagt: Nennen Sie mich Cliff . Er hatte überhaupt nicht viel gesagt, doch jetzt presste er die Lippen zusammen. »Haben Sie denn nicht in der Zeitung davon gelesen?«
    Es trat eine peinliche Pause ein. Der junge Hund versuchte sich Mrs. Strikers Armen zu entwinden. »Admiral ist gestorben«, hauchte Gretchen. »Es war ein Unfall. Wir waren … wir waren mit ihm im Park, im Hundepark … Sie wissen schon, wo die Hunde herumlaufen dürfen. Sie sind auch immer mit ihm dorthin gegangen, oben, an der Sycamore Avenue. Und Sie wissen ja, wie lebhaft er war …«
    »Sie haben wirklich nichts davon gelesen?« Die Stimme ihres Mannes klang ungläubig.
    »Na ja, ich war auf dem College, und dann habe ich den ersten Job angenommen, den ich kriegen konnte. Als ich wieder hier war, meine ich. Wegen meiner Mutter. Sie ist krank.«
    Keiner von beiden sagte etwas dazu, nicht mal eine höfliche Bemerkung.
    »Aber es stand in allen Zeitungen«, sagte Mr. Striker, und jetzt klang er regelrecht empört. Er rückte seine zu große Brille zurecht, neigte den Kopf nach hinten und sah sie mit einem Blick an, der schlagartig die Vergangenheit zum Leben erweckte. » Newsweek hat einen Artikel gebracht, USA Today – wir waren in Good Morning, America , alle beide.«
    Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Alle drei standen sie da, und der Hund knabberte jetzt mit seinen spitzen Zähnchen an der Innenseite ihres Handgelenks, genau wie Admiral, als er ein Welpe gewesen war. »Warum?« wollte sie gerade sagen, als Gretchen ihr zu Hilfe kam.
    »Das ist der kleine Admiral. Genau genommen Admiral II«, sagte sie und zauste die blonden Strähnen über den Augen des Welpen.
    Ihr Mann sah an ihr vorbei durch das Fenster in den Garten, und ein ironisches Lächeln spielte um seine verkniffenen Lippen. »Zweihundertfünfzigtausend Dollar«, sagte er. »Jammerschade, dass er keine Katze war.«
    Gretchen sah ihn scharf an. »Du machst Witze«, sagte sie, und mit einemmal standen Tränen in ihren Augen, »aber es war jeden Cent wert, das weißt du genau.« Sie schenkte Nisha ein müdes leidendes Lächeln. »Bei Katzen ist es einfacher – ihre Eier sind bei der Ovulation reifer als die von Hunden.«
    »Eine Katze kriegt man für zweiunddreißigtausend.«
    »Hör auf, Cliff. Hör
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