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Adieu, Sir Merivel

Adieu, Sir Merivel

Titel: Adieu, Sir Merivel
Autoren: Rose Tremain
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und Lautlosigkeit der Maus und das kühle Schimmern des Käfers bringen mich zum Staunen. Ich habe nicht die geringste Ahnung, warum das so ist, aber es ist so. Für die Fuchsstute Danseuse, die der König mir schenkte, empfand ich eine Bewunderung, die an Anbetung grenzte. Der Tod des Tieres ließ mich viele Tage weinen.
    König Charles empfängt mich im petit salon seiner Mätresse, der, wie man mir sagte, sogar mehr Glanz besitzt als derder Königin und wo der König sich sehr wohlzufühlen scheint, wie er dort, inmitten von Pelzen und mit einem belustigten Lächeln um die Lippen, auf einer Chaiselongue liegt.
    Ich knie zu seinen Füßen nieder. Meine Knie knirschen, und mein Schwert berührt klirrend den Boden.
    »Oh, Merivel«, sagt Seine Majestät, »es freut mich, dass du noch immer so viel Lärm machst wie früher.«
    Ich breche in Lachen aus. Der König schlägt mir mit seiner Hand auf die Schulter.
    »Großartig!«, sagt er. »Ich habe dein Lachen schon viel zu lange nicht mehr vernommen! Ich trinke gerade einen Sherry. Möchtest du dich mir anschließen?«
    »Ich sehe mich nicht in der Lage, einem Sherry jemals zu widerstehen, Euer Majestät«, entgegne ich.
    Dann versuche ich, mich wieder aus meiner kriecherischen Lage zu erheben, doch die Scheide meines lästigen Schwerts verhakt sich hinter einem Bein der Chaiselongue, und ich kippe nach vorne und rette mich nur dadurch vor einem Fall in den königlichen Schoß, dass ich die Hand, mit der ich meinen Fasanenhut halte, gegen das königliche Bein presse.
    Ich murmele meine Entschuldigungen, während ich mich endlich erhebe, und stelle mit Erleichterung fest, dass der König immer noch lächelt. Und in diesem Moment bemerke ich zum ersten Mal, wie sehr er – in den langen Monaten, die ich ihn nicht mehr sah – gealtert ist.
    Dann darf ich in einem bequemen Sessel Platz nehmen, und es wird mir ein Becher mit Sherry gereicht, und der König beginnt eine melancholische Rede über die Verfassung seines Geistes, der, wie er mir erklärt, »mittlerweile zu irrationalen Ängsten neigt und nur noch nach Ruhe und Frieden verlangt«.
    »Das verstehe ich wohl«, sage ich. »Wahrlich, Sire, ich zweifle nicht daran, dass auch ich danach verlangen würde,wäre es nicht schon jetzt ein wenig zu friedlich und still auf Bidnold.«
    »Ach, Bidnold. Ein sehr besonderer, ein wunderbarer Ort. Wir werden uns dorthin begeben, wenn der Winter vorüber ist. Wie geht es Gates?«
    »Nun, ich muss gestehen, er bereitet mir … einen gewissen Kummer, Eure Majestät«, sage ich und lege dem König weiter mein großes Dilemma bezüglich Wills dar und schließe damit, dass ich wohl, zu gegebener Zeit, Wills Krankenschwester werde sein müssen.
    Auch wenn dies alles den König eine kurze Weile unterhält (besonders, als ich ihm beschreibe, wie lange Will braucht, um meinen Salon zu durchqueren, nämlich drei, vier oder sogar fünf Minuten), verdüstert sich doch bald seine Miene, und er sagt zu mir: »Wir dürfen die wenigen Menschen, die uns treu geblieben sind, niemals verstoßen, Merivel. Einige meiner Vertrauten sähen es gern, wenn ich mich meiner Königin entledigte, weil sie mir keinen Erben geschenkt hat. Aber ich sage zu ihnen: ›Warum sollte ich sie verstoßen, sie, die solche Herzensgüte besitzt und mir, trotz all meiner Amouren, in Liebe verbunden bleibt?‹ Ich sage zu ihnen: ›Auch ihr solltet das Haupt vor der Königin beugen, so wie ich es tue, weil es niemanden im Königreich gibt, der es ihr an Großmut gleichtut.‹«
    Ich nicke sehr heftig und denke wieder daran, dass Königin Catherine mich einst davor bewahrte, mein Nachtmahl auf dem königlichen Tennisplatz wieder von mir zu geben, indem sie mir Orangen aus ihrem heimatlichen Portugal bringen ließ, als mir ganz schwach und elend war vom vielen Einsammeln der Bälle des Königs. Dann sagt der König: »Doch nun sollten wir zum eigentlichen Grund deines Besuchs kommen, Merivel. Du bist gekommen, um mich um etwas zu bitten. Oder irre ich mich?«
    Ich trinke einen Schluck Sherry. Des Königs Geschick, in meinen Gedanken zu lesen, hat mich seit jeher konsterniert.Ich kann ein Seufzen nicht unterdrücken und sage dann: »Ich weiß nicht recht, wie ich den Grund meines Hierseins erklären könnte.«
    »Vielleicht liegt der Grund darin, dass du ihn selbst nicht genau kennst?«
    Ich schaue mich in dem Gemach um und stelle zufrieden fest, dass die Farben, mit denen er geschmückt ist, mich, wenn auch in geschmackvollerem
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