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Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt
Autoren: Nicole Balschun
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wollten
sie nicht mehr.
    Was Leo von der will, sagte Ute, sie
lässt ihn abschreiben, sagte Eric, ich dachte schon, sagte Ute und grinste
breit. Ich ließ alle abschreiben, immer, ich verschenkte oft meine Hausaufgaben
und schrieb kleine Zettelchen während der Klausuren, aber sie machten Fehler
beim Kopieren, verhaspelten sich und brachten Dinge durcheinander.
    Später war es dann meine Schuld
gewesen. Du hast uns absichtlich falsche Lösungen gegeben, Ada, sagten sie, du
willst immer die Beste sein. Ich wollte es nicht und gab oft im Unterricht
falsche Antworten, wegen ihrer Worte, die scharf waren wie Messer, aber die
Lehrer fragten mich unaufgefordert, wenn die Antwort auf eine Frage ausblieb.
    Los, Ada, sagten sie, du weißt es
doch, warum meldest du dich nicht, sag schon, es ist doch für dich ein
Kinderspiel. Wohlmeinend und nach Rettung heischend standen sie hinter ihrem
großen Schreibtisch, schon die Hand an der Wandtafel, zum Schreiben bereit.
    Dass es auf der anderen Seite des
Schreibtischs kein Kinderspiel war, sahen sie nicht durch ihre dicken
Lesebrillen und auch nicht die wütenden Blicke der Mitschüler, und da half es
mir auch nicht, dass ich in Sport nicht gut war.
    Ich kam über keinen Bock und kroch
beim Dauerlauf schnaubend hinter den anderen her. An den Tauen habe ich es
nicht annähernd bis zur Decke geschafft und am Balken lernte ich weder Figuren
noch Ästhetik, sondern allenfalls das Fliegen. Wie kommt das nur, Ada, fragte
meine Mutter kopfschüttelnd, als sie mein Zeugnis überflog und ihr Blick an dem
leuchtenden Mangelhaft zwischen den gewohnten Einsernoten hängen blieb.
    Seit ich in Betragen wider Erwarten
ein Ausgezeichnet bekommen hatte, lasen meine Eltern meine Zeugnisse nicht mehr, rasch
huschten ihre Augen darüber, nur um zu sehen, ob sich etwas geändert hatte. Es
hatte sich nichts geändert, alles war gut, alles bis auf Sport und das Wetter.
Beides kam auch in den Nachrichten zum Schluss und es konnte so wichtig nicht
sein.
    Sie hat es eben im Kopf und nicht in
den Beinen, sagte mein Vater und ließ die Zeitung ein wenig sinken, um mir
zuzuzwinkern. Ja, sagte ich schnell, nicht in den Beinen.
    Meine Mutter sagte, dass das eine das
andere nicht ausschließen müsse und sie nicht verstehe, warum das bei mir so
sei, so dünn wie ich bin. Sie wird doch schnell laufen können bei den vielen
Kohlehydraten in unserem Essen, jeden Tag frisch gekocht, und das viele Obst.
Wozu, fragte mein Vater, sie ist doch nicht auf der Flucht.
    Am schlimmsten waren die
Mannschaftsspiele. Mir graute jedes Mal davor. Ich hatte kein
Mannschaftsgefühl, kein Ballgefühl, Leo sagte, ich habe überhaupt kein Gefühl.
Wenn Mannschaften gewählt wurden, blieb ich so lange auf der Bank sitzen, bis
alle Schüler verteilt waren, die Mannschaft, die Pech hatte und zuletzt dran
war, bekam mich.
    Ada, sagte der Mannschaftskapitän
leise, so leise, als hoffte er, ich würde es nicht hören und einfach sitzen
bleiben auf meiner Bank, ihr Spiel nicht stören und nicht im Weg stehen. Sie
wären besser dran ohne mich, lieber einen Spieler weniger als einen, der
bewegungslos im Feld herumsteht und die Arme abwehrend vor das Gesicht reißt,
wenn ein Ball angeflogen kommt. Los, geh, Ada, rief der Sportlehrer ungeduldig.
Schon verloren, rief der Mannschaftskapitän noch ungeduldiger und vermied es,
mich anzusehen.
    Nach dem Wochenende brauchte ich mit
Leo nicht mehr Händchenhalten, er tat es nun mit Elisabet, der es
offensichtlich gefiel. Ich war erleichtert, und geregnet hatte es auch nicht.
Wie war es, hatte ich Elisabet gefragt. Ich bin durcheinander, hatte sie
geantwortet, mehr nicht.
    Als Leo in den Klassenraum kam, zog er
sie weg von mir und küsste sie auf den Mund. Das saugende Geräusch sollte mir
klarmachen, dass es nun so war und nicht mehr wie vorher, ich sollte traurig
sein und enttäuscht oder wie in einem amerikanischen Film um ihn kämpfen, was
auch immer das bedeutete.
    Es ist gut, sagte ich und setzte mich
auf meinen Platz. Es ist gut und es hat nicht geregnet. Nein, sagte Elisabet,
die Sonne schien die ganze Zeit, sogar in der Nacht, glaubst du das, Ada? Ja,
sagte ich und lächelte, das glaube ich, denn die Sonne strahlte noch immer aus
ihr heraus und ich hoffte, Leo würde dieses Licht nicht löschen.
    Leo hatte im Sportunterricht schnelle
Beine und ein gutes Geschick. Er riss den Mund weit auf beim Küssen und hatte
die richtige Nase in einem schönen Gesicht, aber wirklich sehen und hören
konnte er
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