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Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt
Autoren: Nicole Balschun
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wie
Gold.
    Liegt keiner drin, sagte der andere
plötzlich und es war, als hallte die Klarheit und die Lautstärke seiner Stimme
vorwurfsvoll über die Gräber. Ich hatte Bo angestarrt und fühlte mich ertappt.
So, sagte ich und der andere sagte, kannst ruhig weitergehen, und da drehte
sich Bo um.
    Sein Gesicht war wettergegerbt, seine
Augen leuchteten und die kleinen Grübchen neben seiner Nase gaben ihm etwas
Verwegenes, das nicht passen wollte zu dem wohleingemeindeten Rest. Mein
Gesicht lief rot an und ich versuchte, seinem Blick standzuhalten.
    Ach du, sagte er und ich sagte, ich
suche eine Schaufel. Bo drückte mir den Spaten in die Hand und ich nickte ihm
zu, wie es die schwarzen Leute taten, und ging schnell zu Weg Nummer siebzehn
zurück.
    Was soll ich mit einem Spaten, Ada,
sagte mein Vater, ich will sie doch nicht wieder ausgraben. Mein Vater freute
sich nicht über meinen Fund, aber ich freute mich über Bo, und der Spaten war
etwas Heiliges und Bo hatte mich erkannt, und ich hatte Bo erkannt.
    Jetzt wusste ich, dass ich meinen
Vater jeden Sonntag begleiten würde, und ich hoffte, dass es auch in Zukunft
keine Schaufeln in Nummer siebzehn geben würde, mein Vater sagte, Ada, und ich
ging los, um den Spaten zurückzubringen.
    Weiter als bis zu Nummer zwanzig
traute ich mich nicht. Was sollte ich Bo sagen, mir fiel nichts ein. Ich wollte
etwas Besonderes sagen, etwas, das ihn zum Lachen brachte vielleicht, aber was
sollte das sein? Dann sah ich Bo dort stehen in Nummer neunundzwanzig und
plötzlich waren alle Wörter verschwunden. Bo sah in eine andere Richtung und
ich zog meine Mütze tiefer ins Gesicht und schlich um die Gräber herum. Ich
achtete auf meinen Gang, damit ich keine Geräusche machte, denn die Erde
knirschte unter meinen Schuhen und Bo war nicht weit weg, und er hatte große
Ohren. Ich hielt den Spaten in beiden Händen und duckte mich.
    Ada, rief mein Vater. Ich zuckte
zusammen und alle Leute drehten sich um und sahen zu meinem Vater, der mit der
Hand eine entschuldigende Geste machte und auf mich deutete, dann sahen alle zu
mir und ich sah aus wie eine Wahnsinnige. Nur Bo drehte sich nicht um und ich
kniete mich hinter ein Grab, hielt den Spaten in der Hand und den Kopf gesenkt.
    Bo bewegte sich nicht und ich steckte
den Spaten in die Erde eines Grabes in Nummer einundzwanzig, dabei köpfte ich
zwei Geranien. Ich kroch lieber ein kurzes Stück auf allen vieren zurück, denn
die Steine waren niedrig und wieder blickten alle Leute auf. Hinter einem Engel
in Nummer zwanzig stand ich auf und ging schnellen Schrittes zurück zu meinem
Vater.
    Hast du den Verstand verloren, sagte
er. Ich lachte und sagte, schön sieht es aus, und deutete auf Tante Rosis neues
Zuhause. Er sagte, ein Spaten ist keine Schaufel, Miss Stratford, und ich hakte
mich bei ihm ein. Er sah glücklich aus und der Frühling schickte den ersten
weichen Luftzug durch die trübe Spätwinterluft und ich atmete tief ein und
sagte, fühlst du es auch, und er fragte, was.

3
    Bo hatte keine Bücher,
sondern Schweine. Die Leitsau hieß Siegfried, Bo hatte sie so genannt, weil er
dachte, sie sei ein Eber. Sie hat alles, was ein Leitschwein braucht, nur der
Penis war kurz, da soll mal einer drauf kommen, dass das eine Sau ist, sagte Bo.
Warum nicht, sagte ich und Bo schwieg. Als Bo sah, dass Siegfried kein Mann
war, hieß sie schon so lange Siegfried, dass es dabei blieb. Sie hört auf ihren
Namen, sagte Bo. Schön, sagte ich.
    Wir fuhren zusammen Trecker und
schaufelten Mist. Abends machten wir ein Feuer und backten Stockbrot. Den Rest
kriegen die Schweine, sagte Bo. Wenn es kühl wurde, legte mir Bo eine Wolldecke
um die Schultern, die roch auch nach Schwein.
    Bo, sagte ich manchmal nur so, weil
mir der Klang seines Namens gefiel. Es wird schwarz, sagte Bo und angelte meine
verkohlte, längliche Brotwurst aus der Glut, die er auf einem Stein abklopfte.
Schwarze Klumpen fielen ab. Ist nicht mehr zu retten, sagte Bo und warf das
Brot auf den Mist. Das fressen selbst die Schweine nicht, sagte er.
    Am Morgen machte Bo Frühstück. Er trug
Gummistiefel und grüne Kordhosen und ein schmutziges Flanellhemd. Seine blonden
Locken rollten sich widerspenstig über den Kragen. Seine Hände waren rau und
schwarz und in Bos Küche roch es nach Schwein und Kaffee.
    Saft, fragte Bo. Kaffee, sagte ich.
Und Saft, fragte Bo und ich sagte, ja. Bo hatte Schwarzbrot und Butter und er
machte eigenen Käse, es schmeckte alles nach Schwein. Bei dir ist alles
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