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Ackermann tanzt

Titel: Ackermann tanzt
Autoren: Hiltrud Leenders
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Bier würde runterspülen können – um diese Zeit waren hier mitten in der Woche alle Kneipen dicht.
    Flintrop saß in seinem Glaskasten und las.
    »Morgen!« Van Appeldorn stieß die Tür auf. »Hast du mal einen Schnaps für mich?«
    Hastig ließ Flintrop die Zeitschrift unter einem Stapel Papier verschwinden und verzog den Mund zu einem halben Lächeln. »Guter Witz, van Appeldorn, wirklich. Was machst du denn noch hier um diese Zeit?«
    »Vernehmung.«
    »Die Schießerei von der Bahnhofstraße?«
    Van Appeldorn nickte und setzte sich rittlings auf einen Stuhl. »Die Sache war eigentlich klar, aber dieser Westentaschendjango war zugedröhnt bis in die Haarspitzen.« Er gähnte. »Und bei euch? Ruhiger Dienst heute?«
    »Ziemlich. Zwei Jungs haben wir einkassiert, Automatenbruch, alte Bekannte. Ach, da kommen ja auch die beiden Taxifahrer!«
    Schumacher und Schuster machten verdrossene Gesichter.
    »In die häusliche Obhut entlassen«, schimpfte Schuster. »Mir steht das wirklich bis hier!«
    »Die alten Bekannten?«, fragte van Appeldorn.
    Flintrop lachte auf. »Von wegen alt! Giltjes und Kaufmann, 13 und 14 sind die, aber schon so ’ne Latte von Mist gebaut: Telefonzellen demoliert, Automaten aufgehebelt, Schlägereien, Suff.«
    »Hört sich gut an«, meinte van Appeldorn. »Wenn das meine wären, denen würde ich dermaßen den Hintern versohlen, dass die drei Wochen nicht mehr sitzen könnten. Glaub mir, die würden keine Automaten mehr knacken.«
    »Du sprichst mir aus der Seele«, sagte Flintrop. »Für diese Fälle sollte man die Prügelstrafe wieder einführen. Alles andere bringt sowieso nichts. So welchen muss man sofort zeigen, wo die Glocken hängen, sonst kommen bloß Exemplare wie Kaufmann und Giltjes dabei raus. Sitzen hier bei uns und feixen sich eins, weil sie genau wissen, dass man ihnen in dem Alter nichts kann.«
    »In dem Alter«, stöhnte Schumacher. »Eins kann ich euch sagen, verflucht fix sind die in dem Alter. Als die uns gesehen haben, sind die sofort rüber zum Friedhof und wir durften hinter denen her, kreuz und quer über die Gräber. Ein Wunder, dass wir uns nicht die Knochen gebrochen haben.«
    »Komisch war das«, unterbrach Schuster ihn. »Irgendwann hatte ich die Schnauze voll und hab gebrüllt: Hände hoch – Polizei! Und da bleiben die beiden wie angewurzelt stehen und strahlen uns an, als wären wir der Weihnachtsmann persönlich. Die sind nicht ganz dicht, die zwei.«
    »Ach Quatsch«, winkte Flintrop ab, »die haben einfach vor nichts und niemandem mehr Respekt. Kunststück! Von der Sorte kennen wir doch wohl genug.«
    Van Appeldorn streckte sich und stand auf. »Heute Nacht werden wir die Welt sowieso nicht mehr ändern. Ich fahr dann mal nach Hause und leg mich noch ein paar Stunden aufs Ohr.«
    Flintrop guckte neidisch. »Ja, die Herren von der Kripo. Ihr habt’s gut mit eurer Gleitzeit. Du kannst dich jetzt auspennen.«
    »Von wegen! Die Alte will am Vormittag das Team zusammentrommeln und da interessiert es sie herzlich wenig, wie viel Schlaf ich gekriegt hab.«

    Norbert van Appeldorn schlief ganze fünf Stunden, dann rasselte der Wecker auf Marions Nachtschrank – Zeit, die Kinder zu wecken, Frühstück zu machen, Schulbrote zu streichen. Murrend wollte er sich noch einmal umdrehen, aber seine Frau bohrte ihm den Ellbogen in die Seite und fauchte: »Du bist heute dran.«
    »Dir auch einen wunderschönen, guten Morgen, Geliebte«, murmelte er und wälzte sich aus dem Bett.
    Um acht hatte er dann endlich wieder seine Ruhe, die Kinder waren in der Schule und Marion hatte sich auf den Weg zu ihrem Laden gemacht.
    Er stellte Käse und Aufschnitt in den Kühlschrank, das Geschirr ließ er stehen, weil er keine Lust hatte, vorher noch die Spülmaschine auszuräumen. Mit dem Unterarm schob er die Milchbecher zur Seite, legte die Beine auf den Tisch und zündete sich die erste Zigarette an.
    Sollten die im Büro doch ruhig mal ein bisschen auf ihn warten. Ohne ihn konnte die Chefin sowieso keine Teamsitzung machen. Ohne ihn würde in den nächsten Wochen überhaupt nichts laufen, wenn er das richtig sah. Er war ja im Allgemeinen wirklich ein geduldiger Mensch, aber was im letzten Jahr abgegangen war ... So langsam hatte er die Nase voll.
    Zuerst die neue Chefin, die alles durcheinander gewirbelt hatte. Jedem hatte sie einen Computer hingeknallt, alles Bewährte auf den Kopf gestellt und neu verpackt. Neu, wohlgemerkt, besser auf keinen Fall! Musterbehörde waren sie
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