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Ackermann tanzt

Titel: Ackermann tanzt
Autoren: Hiltrud Leenders
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Maiskolben.
    »Rück mal das Fleisch zusammen, Papa.«
    »Wer will denn so ’n Grünzeugs fressen?«
    »Menschen, die auf ihre Gesundheit achten.« Sie grinste und blinzelte schelmisch durch ihren langen Pony. »Wie ich zum Beispiel.«
    Ackermann wieherte. »Aber rauchen wie ’n Schlot. Du bis’ gut! Komm, gib deinem alten Vatter ’n Kuss.«
    Nadine machte spitze Lippen und hauchte ihm vorsichtig, damit ihr schwarzer Lippenstift nicht verwischte, ein Küsschen auf die Nase.
    »Bissken viel Kriegsbemalung, wa?«
    »Genau richtig. Ich will doch gleich noch auf das Scheunenfest nach Mehr.«
    »Dat isset doch, wat ich meine.« Ackermann legte den Kopf schief. »Dat Geschmier stört doch bloß beim Knutschen.«
    »Tss«, kicherte sie, »ich gehe doch nicht zum Knutschen dahin. Ich will nur ein bisschen abtanzen und quatschen.«
    »Ha ha! Dat kannste deiner Omma erzählen. Sach ma’, wie kommste überhaupt hin?«
    »Weiß ich noch nicht. Meistens ergibt sich was und sonst fahre ich mit dem Fahrrad.«
    Ackermann wendete summend die Fleischstücke. »Soll der Papa dich bringen?«
    »Ach, Quatsch, brauchst du nicht. Vor elf will ich sowieso nicht hin. Da könntest du den ganzen Abend nichts trinken. Wär doch blöd.«
    Ackermann nahm sie in den Arm. »Dat lass ma’ meine Sorge sein, Schätzken. Ich hab in mein’ Leben schon genuch Bier geschluckt. Ich fahr’ dich hin, und zurück nimmste dir ’n Taxi. Ich geb’ dir auch dat Geld dafür.«
    Sie kraulte ihm den Bart. »Manchmal bist du echt süß.«
    »Aber et is’ versprochen, dat du dir ’n Taxi nimms’, klar? Ich will nich’, dat du in ’n Auto von so ’nem Vollgesoffski steigs’.«
    »Logo. Ich bin doch nicht doof.«
    »Nee, wahrhaftig nich’! Hier, halt ma’ den Teller hin. Dat Paprika wird schon schwarz.«

    Als sie sich auf den Weg nach Mehr machten, war es schon fast Mitternacht.
    Ackermann war verschwitzt vom Tanzen und hungrig. Als Gastgeber kam man immer als Letzter dran. Wenigstens hatte er sich ein Kotelett und drei Würstchen bunkern können. Bloß schade, dass sein Lieblingsketchup alle war. Die Jungs hatten aber auch zugeschlagen, meine Fresse!
    Als sie in die Mehrer Straße einbogen, wurde es stockfinster. Nur Felder rechts und links, ab und an in der Ferne ein paar matte Lichtpunkte, die erleuchteten Fenster eines Bauernhofes.
    »Sach ma’, Kind, un’ normalerweise wärst du hier mit der Fiets gefahren?«
    »Klar, was denn sonst?«
    »Find ich nich’ gut, find ich echt nich’ gut. Hier kriegt doch kein Mensch mit, wenn dir einer ...«
    »Komm, hör auf, Papa. Das hier ist Kranenburg und nicht New York. Ich bin hier schon rumgeradelt, so lange ich denken kann, und du auch.«
    »Ich war ja auch ’n Junge!«
    Ackermann klebte mit dem Gesicht dicht vor der Windschutzscheibe. Die Scheibenwischer schossen hin und her, die Straße glänzte vor Nässe und in seinen dicken Brillengläsern gab es wirre Spiegelungen.
    »Un’ sowieso! Von wegen New York. Denk ma’ an den Bekloppten da im Oldenburgischen.«
    »Papa! Ich bin keine dreizehn mehr. Ich weiß, was Sache ist. Und diesen Kurs in Selbstverteidigung, den du mir letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hast, hab ich auch gemacht. Und ich war gut! Also: Keep cool.«
    »Verflucht!« Ackermann stieg hart auf die Bremse. »Sind die bescheuert?«
    Ein paar Jugendliche hüpften auf der Straße herum. »Die hätt ich fast umgemangelt.«
    Von jetzt an konnte er nur noch im Schritttempo fahren. Ganze Pulks von Jugendlichen wanderten am Straßenrand entlang Richtung Mehr.
    »Du has’ mir ja gar nich’ gesacht, dat et da wat umsonst gibt.«
    »Gibt es ja auch nicht. Aber hier im Kreis ist doch sonst nichts los. Wir sind ja schon froh, dass im Sommer wenigstens zweimal die Woche irgendwo ein Scheunenfest steigt.«
    »Wie, nix los? Un’ wat is’ mit Privatfeten un’ Jugendheim un’ so?«
    »Vergiss es! Das war mal.«
    »Apropos Scheunenfest ...« Ackermann drehte die Fensterscheibe herunter und zwinkerte ein paar Mal. »Ich seh’ da bloß ein großes Zelt.«
    Nadine musste lachen. »Das heißt doch nur so. Die Feten sind auch schon mal in Scheunen oder in einer Reithalle, wie es gerade so auskommt, meistens aber im Zelt.«
    »Aha. Un’ jetzt? Soll ich dich hier rauslassen?«
    »Spinnst du? Meinst du, ich ruiniere mir meine Schuhe in dem Modder hier? Ich will doch nicht aussehen wie der letzte Asi.«
    »Ich wollt bloß nett sein, Süße. Deine Schwester darf ich nich’ ma’ bis vor die Schule
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