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Achtung, Superheld! (German Edition)

Achtung, Superheld! (German Edition)

Titel: Achtung, Superheld! (German Edition)
Autoren: Matthew Cody
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über seinem Bettpfosten hing – ihm war nicht danach, seinen Schrank nach einem sauberen zu durchforsten. Als er fertig angezogen war, schaute er in den Spiegel und schenkte sich ein schwaches Lächeln.
    »Herzlichen Glückwunsch, Ich«, sagte er zu sich selbst.
    Er sah ganz sicher nicht wie dreizehn aus. Zumindest hatte er sich einen ganz anderen Jungen vorgestellt, wenn er sich früher ausgemalt hatte, wie er zu diesem wichtigen Zeitpunkt aussehen würde. Michael hatte sich sein dreizehnjähriges Ich immer als groß – und deutlich erwachsener – vorgestellt, vielleicht sogar mit ein paar Muskeln. Doch der Junge im Spiegel sah so klein und mager wie immer aus. Er wirkte wie, nun ja, zwölf.
    Während er sich stirnrunzelnd im Spiegel betrachtete, bemerkte er etwas Eigenartiges. Etwas im Spiegelbild, das dort nicht sein sollte. Schon wieder kam es ihm so vor, als sei er in einem fremden Zimmer. Es hatte was mit den Wänden zu tun …
    Als er sich umdrehte, sah er sie überall. Zeichnungen. Sie klebten an der Wand, über dem Bett, an der Schranktür, sogar am Fenster. Wo er auch hinschaute, waren Zeichnungen, er musste halb blind gewesen sein, weil er sie bisher nicht bemerkt hatte. Er beugte sich nach vorn und sah sich eine genauer an. Die Tuscheskizze zeigte einen Jungen, der an einem wolkigen Himmel schwebte. Obendrüber, in breitem Filzstift, standen die Worte »DU KANNST FLIEGEN«.
    Als er einen Schritt zurücktrat, stellte er fest, dass alle Zeichnungen das Gleiche zeigten, wieder und wieder: den Jungen, der über Dächer oder Berge oder durch Wolken schwebte. Es war ein wenig unheimlich. Obwohl Michael sich nicht daran erinnern konnte, sie gezeichnet zu haben, sahen sie aus, als stammten sie von ihm – alle Figuren hatten die gleichen, ungelenk gezeichneten Hände, die er nie besser hinbekam. Und alle Bilder enthielten die gleiche Botschaft in seiner eigenen unordentlich-krakeligen Handschrift:
Du kannst fliegen.
    Michaels erster Gedanke war, nach seinen Eltern zu rufen. Sie schliefen am Ende des Flurs, und wenn er losbrüllte, würden sie innerhalb von Sekunden da sein. Aber er war heute dreizehn geworden, und dreizehn war das Alter, in dem man anfing, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen, in dem man anfing, Sachen auf den Grund zu gehen. Und das, beschloss er, war genau das, was er tun würde.
    Michael wusste, dass er als kleines Kind geschlafwandelt hatte. Er war am Fußende seines Bettes oder am anderen Ende des Flurs aufgewacht. Einmal hatten seine Eltern ihn an der Haustür abgefangen. Vielleicht war er mitten in der Nacht aufgewacht und hatte einen Haufen Bilder gezeichnet. Er hatte seit Jahren nicht geschlafwandelt, doch welche Erklärung konnte es sonst geben?
    Dann geschah etwas: Je länger er auf die Zeichnungen starrte, desto … vertrauter fühlten sie sich an. Je stärker er sich konzentrierte, desto heftiger wurde das Gefühl. Außer den stümperhaft gemalten Händen war da noch etwas, das ihm bekannt vorkam. Es war wie die Erinnerung an einen Traum – es ergab keinen richtigen Sinn, obwohl es so echt wirkte. Das nagende Gefühl in seinem Hirn wurde stärker, und wenn er die Augen schloss, konnte er fast hören, wie der Wind in seinen Ohren heulte und kühle Luft gegen seine Wangen prallte …
    Plötzlich wurde ihm schlecht. Ein Gefühl der Übelkeit wühlte in seinen Eingeweiden und ein stechender Schmerz drohte seinen Kopf zu spalten. Als das Zimmer anfing, sich zu drehen, gaben seine Knie nach, und er musste sich an seinem Schreibtisch festhalten, um aufrecht stehen zu bleiben. Eine schreckliche Angst überkam ihn – die Angst, dass etwas auf ihn wartete, wenn er die Augen schloss. Es war wie ein böser Traum, der zum Leben erwachte, ein Schatten schwärzer als das Schwarz, das ihn umgab – eine lebende Drohung in der Dunkelheit. Und sie griff nach ihm, griff …
    Und auf einmal war es vorbei. Michael öffnete die Augen, und die Dunkelheit, der Schwindel, die furchtbare Übelkeit – alles verschwand so schnell, wie es gekommen war. Das nagende Gefühl zog sich in den hintersten Winkel seines Gehirns zurück, gefolgt von dem grässlichen Schatten.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Michael!«
    Er schaute auf und sah seine Eltern in der Tür stehen. Sie waren noch im Schlafanzug.
    »Hey, Michael, was ist los?«, fragte sein Dad. »Du siehst ein bisschen blass aus.«
    Michael dachte kurz daran, ihnen zu erzählen, was passiert war – die merkwürdigen
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