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Achtsam leben, lieben, handeln - ein spiritueller Begleiter durch das Jahr

Achtsam leben, lieben, handeln - ein spiritueller Begleiter durch das Jahr

Titel: Achtsam leben, lieben, handeln - ein spiritueller Begleiter durch das Jahr
Autoren: Echter
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Schlange
    Ein Mann war dazu verurteilt worden, eine Nacht im gleichen Raum mit einer Giftschlange zu verbringen. Wäre er am nächsten Morgen noch am Leben, so das Urteil, dann wäre er frei. Die ganze Nacht stand der Verurteilte in seiner Ecke und wagte keine Bewegung, sonst würde die Schlange, die er in der anderen Ecke vermutete, ihn beißen und töten. Seine Angst vergrößerte sich noch, als er im ersten Dämmerlicht die Schlange sah, die immer noch aufgerollt in der anderen Ecke lag. Als endlich der erste Strahl der Sonne die Zelle erhellte, sah er, dass die Schlange ein altes Seil war
.
    Denn im Tod nimmt der Mensch das alles nicht mit,
    seine Pracht steigt nicht mit ihm hinab.
    Psalm 49,18
    Wer glaubt,
    verliert die Angst vor dem Tod
    schon vor seinem Tod.
    Der Tod ist eine Neugeburt. Das ist die Botschaft des Glaubens, die sagt: Es gibt nichts, wovor wir uns fürchten müssten. Auch wenn an uns Zweifel und Verzweiflung nagen, kann in uns das Vertrauen wachsen, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern die Liebe. Und Liebe heißt eben Leben.
    Gott ist die Liebe und die Liebe lässt uns nicht im Tod untergehen. Samuel Beckett hat in seinem kürzesten Drama, es dauert nur wenige Minuten, den Lebensweg des Menschen beschrieben. In seinem Stück „Atem“ ist zunächst der Geburtsschrei zu hören, dann das Ein- und Ausatmen eines Menschen, zuletzt ein Todesseufzer. Doch liegt noch in diesem Stück die befreiende Botschaft: Gott hat den Atem gegeben. Er kehrt zu ihm zurück, sagt der Weisheitslehrer Kohelet. Was zu Gott zurückkehrt, hat Leben. Denn das sagt Gott von sich selber: Ich bin ein Gott der Lebenden und nicht der Toten.
    Auch das gilt es zu bedenken: Es ist die Zeit und die Vergänglichkeit, die uns belasten und niederdrücken möchten. Ein anderes, ein neues Leben im Kreislauf der Ewigkeit können wir uns kaum vorstellen. Das neue Leben besteht vermutlich aus unendlicher Gegenwart. Das Vergangene kann nicht belasten, das Zukünftige keine Sorgen bereiten. Die Liebe lässt uns ganz einfach leben, ein „Leben in Fülle“, wie es Jesus verheißen hat. Oder anders gesagt: Der Glaube an das ewige Leben ist ein anderer Name für den Glauben an Gott. Dem biologischen Tod zum Trotz werden wir Anteil am Leben Gottes haben. In dieses Geheimnis können wir uns getrost fallen lassen.
Der Alte und der Tod
    Ein alter Mann schleppte ein schweres Bündel Holz vom Wald nach Hause. Ermüdet warf er die Last zu Boden und stöhnte: „Wenn doch nur endlich der Tod käme …“ – Kaum ausgesprochen, stand der Tod vor ihm: „Du hast mich gerufen; ganz zu deinen Diensten!“ Der Alte zitterte vor Schreck, so ernst waren seine Worte nicht gemeint gewesen. Dann siegte der Schalk in ihm: „Wenn du mir wirklich beistehen willst, dann lege mir das Holz wieder auf die Schultern, dass ich die Last weiter tragen kann.“
    Stark wie der Tod ist die Liebe.
    Hohelied 8,6
    Sammle dir jeden Tag etwas Ewiges,
    das dir kein Tod raubt.
    Johann Lavater
    Sterbende lassen uns manchmal daran teilhaben, dass sie in ihrer letzten Stunde das sichere Gefühl haben, abgeholt zu werden. Sie „sehen“ vertraute Menschen. Dann fängt das ewige Leben für den achtsamen Begleiter schon am Fußende des Sterbelagers an.
    Ich bin davon überzeugt, dass sich unsere Welt und die Welt der Verstorbenen überschneiden. Weil das Reich Gottes nach einem Wort Jesu mitten unter uns und damit in unserer Zeit entsteht, wird es in die Ewigkeit Gottes hineinreichen. Auf der anderen Seite dieses Reiches warten die Verstorbenen auf uns. Das „Auf Wiedersehen“ bei einer Abschiedsfeier auf dem Friedhof ist nicht leichthin gesagt. Es ist ernst gemeint: Wir werden uns wiedersehen. Der Tod kann uns das Leben nicht rauben, weil er in diese Zeit und nicht in die Ewigkeit gehört.
    Unsere Trauer ist letztlich kein Gefühl für die Verstorbenen. Für sie sollten wir uns vielmehr freuen, dass sie das Ziel ihres Lebens erreicht haben. Wir betrauern uns selbst, wenn ein Mensch aus unserem Lebenskreis gegangen ist, denn jeder Abschied fällt uns schwer. Doch wir sollten uns trösten lassen, dass unsere Verstorbenen in den großen Kreis Gottes zurückgekehrt sind, den wir Ewigkeit nennen.
    Gott gehört zur Bestimmung unseres Lebens. Deswegen dürfen wir uns und unsere Zukunft von Gott her sehen, zu dem wir für immer und
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