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Ach waer ich nur zu Hause geblieben

Ach waer ich nur zu Hause geblieben

Titel: Ach waer ich nur zu Hause geblieben
Autoren: Kerstin Gier
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senza problemi parteggiare qui, patata lesse?«, fragt sie, und es klingt beeindruckend mit den authentisch rollenden Rs. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sie für eine richtige Italienerin halten.
    Der Passant wird plötzlich ernst und runzelt die Stirn.
    »Patate – sind das nicht Kartoffeln?«, murmelt Vivi. Mich muss sie da nicht fragen, ich weiß es nicht. Später am Abend wird Vivi in ihrem Italienisch-Wörterbuch nachschlagen und behaupten, dass Gina folgendes zu dem Mann gesagt hat: »PKW ohne Probleme hier Partei ergreifen, Salzkartoffel?«
    Aber Gina sagt dann, das hat Vivi nur falsch verstanden.
    »Autovettura allevamento a qui?«, sagt sie zu dem Mann, diesmal ein bisschen ungeduldiger.
    Der Mann sagt achselzuckend: »Penso che Lei stamattina non ha preso le sue compresse.«
    »Kein Problem«, übersetzt Gina für uns. »Hier gibt es keine Politessen.«
    »Compresse heißt doch nicht Politesse«, sagt Vivi.
    »Natürlich nicht«, sagt Gina und lacht Vivi aus. »Compresse kommt aus dem Lateinischen, von komprimieren .«Zu dem Passanten sagt sie: »Mille grazie altrettanto, buon profumo!«
    Der Mann macht einen verwirrten Eindruck, aber er lächelt wieder, als er sich zum Gehen wendet: »A volte sarebbe meglio, tenere la bocca chuisa e sorridere.«
    Gina sagt: »Ich weiß selber, dass ich ein nettes Lächeln habe.«
    »Bocca heißt Mund«, sagt Vivi.
    » Und einen schönen Mund«, sagt Gina.
    Ich lege Gina einen Arm um die Schulter und sage, dass ich sehr froh bin, dass sie so gut Italienisch spricht. Da fühlt man sich doch gleich viel sicherer.
    Vivi sagt nichts dergleichen, sie guckt nur finster und murmelt: »Und profumo heißt Parfüm.«
    Gina sagt, dass sie nicht profumo gesagt habe, sondern profundo.
    »Und was soll das bitteschön in diesem Zusammenhang heißen?«, fragt Vivi.
    Ich merke sehr wohl, dass die Stimmung ein bisschen gereizt ist und schlage vor, dass wir erst einmal einen Cappuccino trinken und über etwas anderes reden. Schließlich haben wir Urlaub.
    Am Abend, nachdem Vivi eine Weile in ihrem Wörterbuch geblättert hat, erklärt sie, Gina habe den Mann nicht nur als Salzkartoffel beschimpft, sondern auch nach einer PKW-Zucht gefragt, und daraufhin habe er sich erkundigt, ob sie ihre Tabletten – compresse nämlich – genommen habe und ihr außerdem nahegelegt, doch besser den Mund zu halten und einfach nur zu lächeln.
    Gina findet es sehr, sehr amüsant, was Vivi alles falschverstanden hat. Sie sagt, das seien ganz typische Anfängerfehler, aber wenn Vivi nur ein bisschen Geduld haben würde, dann könne sie irgendwann auch mal so gut Italienisch wie Gina. Wenn Vivi wolle, dann brächte Gina ihr gern ein bisschen was bei. Vivi müsse sich nur auch mal trauen, mit den Einheimischen zu sprechen.
    »Denn nirgendwo«, sagt Gina, »kann man eine Sprache so gut lernen wie direkt vor Ort. Du musst keine Minderwertigkeitskomplexe haben, nur weil es bei dir noch nicht so fließend klappt wie bei mir. Übung macht den Meister, ich habe auch mal klein angefangen.«
    »Patata lessa«, sagt Vivi, was, wie ich ja jetzt weiß, »Salzkartoffel« heißt. Ich finde, Vivi ist nicht besonders nett zu Gina.
    »Du könntest ruhig auch mal anerkennen, wenn jemand was besser kann als du«, sage ich zu ihr, als Gina sich die Zähne putzen geht.
    »Würde ich ja«, sagt Vivi. »Aber sie kann es ja gar nicht besser als ich.« Und dann nimmt sie eine Kopfschmerztablette, una compressa per il mal di testa.
    » Contra il mal di testa, meinst du wohl«, sagt Gina, die sich lautlos wieder angeschlichen hat. »Im Badezimmer ist übrigens un ragno.«
    Ich hoffe sehr, dass ragno das italienische Wort für »Bidet« ist und nicht etwa das für »tote Maus«.
    Der nette Kellner, der uns am nächsten Nachmittag die Cappuccinos an den Tisch bringt, lächelt bezaubernd, stemmt seine Hände in die Hüften und lässt einen melodischen Wortschwall auf uns los.
    »Er sagt, seine Cappuccinos sind die besten in ganz Ligurien,und er fragt, ob wir lange bleiben«, übersetzt Vivi ganz stolz.
    »Müsste es nicht eigentlich Cappuccini heißen?«, sagt Gina. »Wie bei Zucchini?«
    »Sagt ihm, dass wir es hier ganz toll finden, aber leider am Samstag schon wieder nach Hause fliegen.« Ich lächele den netten Kellner entzückt an und bedauere es wieder einmal, kein Italienisch sprechen zu können.
    »Äh … hm …«, sagt Vivi zu dem Kellner. »Liguria … äh … bella …« Sie wird ein bisschen rot.
    »Lass mich
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