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Ach waer ich nur zu Hause geblieben

Ach waer ich nur zu Hause geblieben

Titel: Ach waer ich nur zu Hause geblieben
Autoren: Kerstin Gier
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mal!« Gina beugt sich vor und sagt: »Suo Cappuccino è delizioso, Italia è una molta bella terra, mais we mussa a nosso domi a sabato to nosso homi plus bambini.«
    Der Kellner zieht die Augenbrauen hoch, lächelt noch einmal strahlend und geht.
    Gina lehnt sich zufrieden zurück.
    »Was hat sie ihm gesagt?«, erkundige ich mich bei Vivi.
    »Keine Ahnung«, sagt Vivi. »Italienisch war das jedenfalls nicht.«
    »Ich habe ihm gesagt, dass wir es hier sehr schön finden, aber am Samstag leider wieder zu unseren Männern und Kindern nach Hause müssen.« Gina nimmt einen Schluck aus ihrer Tasse. »Jetzt ist er wohl enttäuscht, dass wir verheiratete Frauen sind. Sorry, Mädels.«
    »Oder er hat kein Wort von dem verstanden, was du gesagt hast«, sagt Vivi.
    »Natürlich hat er mich verstanden«, sagt Gina. »Auch wenn ich ab und an noch ein paar englische, französische oder lateinische Brocken einstreue.« Sie lächelt Vivi aufmunternd an. »Weißt du, man muss sich gar nicht so vieleGedanken machen, sondern einfach drauflosreden. Sonst lernt man das nie.«
    »Ich sag nur: Patate lesse«, sagt Vivi.
    »Dafür kannst du wahrscheinlich die Grammatik und die Rechtschreibung viel besser als ich«, sagt Gina versöhnlich. »Ich lerne ja alles nur nach dem Hörensagen. Also ungefähr so, wie man auch Musik lernt. Jede Sprache hat ihre eigene Melodie …«
    Mmmh, der Cappuccino ist wirklich köstlich. Und die Sonne scheint, und die Piazza bietet einen spektakulären Blick auf das Mittelmeer. Urlaub ist wirklich was Feines.
    Wenn nur Gina und Vivi endlich mit der blöden Italienisch-Zankerei aufhören würden.
    »Was heißt Untertasse auf Italienisch?«, will Gina von Vivi wissen.
    Vivi weiß es nicht.
    »Ich denke, du machst einen Italienisch-Kurs«, sagt Gina.
    »Ja, aber Untertasse hatten wir noch nicht«, sagt Vivi.
    Ich versuche, gar nicht hinzuhören. Der Kirchturm wirft so ein hübsches Muster auf das Pflaster, und dort ganz hinten auf der Mauer schläft tatsächlich eine Katze, die sich gar nicht von den knatternden Mofas stören lässt, die direkt an ihr vorbeirasen.
    Und die Luft schmeckt nach Ferien. Einfach himmlisch.
    »Sonnenbrille heißt occhiali solare«, sagt Gina. »Und Gürtel heißt cintura.«
    »Und das interessiert kein Schwein«, sagt Vivi.
    »Wir können doch auch mal über etwas anderes reden«, sage ich. Oder auch nur mal schweigen.
    »Ruhe heißt quiete«, sagt Vivi.
    »Du meinst wohl silenzio«, sagt Gina.
    »Ja«, sagt Vivi. »Silenzio!«
    Aber Gina denkt gar nicht daran. »Avo fame, e lei?«, fragt sie.
    »Hä?«
    »Ich habe Hunger, und ihr?« Gina seufzt. »Ich vergesse immer, dass eure Italienisch-Kenntnisse nur rudimentär sind und ich alles für euch übersetzen muss. Wo sind denn hier die Toiletten?«
    »Da hinten«, sage ich. Gina hat eine schwache Blase und trinkt sehr viel, deshalb muss sie jede halbe Stunde auf Toilette. Anfangs ging mir das auf den Wecker, aber allmählich fange ich an, diese Pipipausen zu genießen. Denn dann ist es endlich mal still.
    »Gibst du jetzt zu, dass sie eine Nervensäge ist?«, fragt Vivi. »We mussa a suo domi – hallo ?«
    »Ab und zu streut sie eben mal ein paar englische oder lateinische Brocken ein«, sage ich.
    »Mussa? Was ist das für ein Brocken?«
    »Vielleicht haben wir das nur falsch verstanden.«
    »Ach Blödsinn, du – Salzkartoffel, du«, sagt Vivi.
    Ich muss Gina verteidigen. »Mag sein, dass sie ab und zu mal einen Fehler macht! Aber ich kann sie von einer echten Italienerin nicht unterscheiden, so toll hört sich das an!«
    Da sagt Vivi: »Tatsächlich? Da mussa ego ja glatt wieder nehma una compressa gegen Kopfschmerzi, damit ego non werda verrückta, weil meine doofa Freundin always nehma in Schutza Bekloppta.«
    »Sei nicht albern«, sage ich. »Ego nehma sie gar nicht in Schutza.«
    »Sieh an! Na, wenn du kein Naturtalent für diese Sprache hast, dann weiß ich es aber auch nicht!« Vivi lächelt spöttisch. »Du musst dich nur auch mal trauen, mit den Einheimischen zu sprechen.«
    Beim Abendessen spitzt sich die Situation noch zu. Gina zeigt auf jeden Gegenstand und fragt nach dem italienischen Wort dafür. Vivi nimmt demonstrativ wieder eine Kopfschmerztablette.
    Ich versuche, ein normales Gespräch in Gang zu bringen. »Ist das nicht wunderschön hier? Diese dicken Mauern und die tollen Fenster, das erinnert mich an …«
    »La finetra!«, ruft Gina. »Das Fenster.«
    »Finestra!«, sagt Vivi.
    »Sag ich doch«, sagt Gina.
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