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Ach, du faules Ei

Ach, du faules Ei

Titel: Ach, du faules Ei
Autoren: Harald Tonollo
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Pauletta Rottentodd. »Und wurde in den letzten zweihundert Jahren schon mal irgendetwas in diesem Haus repariert?«
    »Ist mir nicht aufgefallen.«
    »Dann werden wir diese Tradition fortführen, mein lieber Fynn. Das Haus behält auf diese Weise seinen ganz eigenen Stil.«
    Fynn zog genüsslich an seiner Pfeife und ließ den Blick über die Wände schweifen. »Da ist was dran«, brummte er. »Seinen ganz eigenen Stil.«
    Der Wind frischte auf und wehte Pauletta Rottentodd eine Strähne ihres silbergrauen Haares vor die blinzelnden Augen. Sie atmete tief ein und sagte: »In spätestens zwei Stunden wird es ein Gewitter geben.«
    Fynn nickte. »Sie haben ein besseres Gespür für die Wetterlage als so mancher Matrose, Ma’am.«
    Pauletta Rottentodd lächelte und unzählige Fältchen ließen ihre Augen wie zwei kleine Sonnen erstrahlen. »Sieh zu, dass alle Töpfe richtig in ihren Kreisen stehen!«
    »Wird gemacht, Ma’am!« Fynn nahm einen weiteren kräftigen Zug aus der Pfeife und blies eine bläuliche Rauchwolke in die Luft, bevor er im Haus verschwand.

Suche im Regen
    Von ferne erklang ein lang gezogenes Grollen. Kurz darauf klatschten die ersten schweren Tropfen auf die Pflastersteine des Bahnhofsvorplatzes von Kiekenförde.
    »So ein Mist!«, meckerte Polly und verzog griesgrämig das Gesicht. »Ein Gewitter hat mir gerade noch gefehlt!«
    »Wie sieht dieser Fynn denn aus?«, fragte ihr Freund Pit und suchte mit unruhigen Augen den Platz nach dem Mann ab, der Polly, Pampe, Palme, Debilius und ihn abholen sollte.
    »Der da drüben schaut so aus, als würde er auf jemanden warten!«, meinte Debilius und ging mit schlaksigen Schritten auf einen älteren Herrn mit dickem Bauch und Filzhut zu, der gerade seinen Regenschirm aufspannte.
    »Sind Sie Synn?«, fragte Pollys Großcousin geradeheraus.
    »Wie bitte?« Der ältere Herr wirkte leicht verstört.
    »Sollen
Sie
uns abholen?«, hakte Debilius nach.
    Der Blick des Mannes wanderte von Debilius’ fettigem Haar über dessen viel zu großes, verschwitztes T-Shirt und weiterhinunter zu einer Hose voller Essensflecken. »Na, zum Glück nicht!«, antwortete er entsetzt und ging schnell weiter.
    »Debilius!«, rief Polly. »Der Mann, den Pauletta schicken wollte, heißt Fynn und nicht Synn!«
    »Ach ja?«
    »Hier steht’s!«, bestätigte Palme. Er hatte den Brief auseinandergefaltet, den ihre Großtante nach Ätzdorf geschickt hatte, wo Polly mit ihren Eltern Prospera und Patrizius Rottentodd, den Zwillingsbrüdern Pampe und Palme und ihrem Großcousin Debilius lebte. Sie waren erst vor Kurzem dorthin gezogen, nachdem sie das alte Haus von ihrem Onkel Deprius samt Gärtner, Butler, Köchin und Hund geerbt hatten.
    »
Ganz herzlichen Dank für Euren lieben Brief
«, las Palme vor.
    »
Freue mich darauf, euch kennenzulernen. Fynn wird Euch am Bahnhof abholen
.« Er nickte. »Datum und Ankunftszeit unseres Zuges sind richtig.«
    Pampe trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Hey, Leute! Wir warten jetzt schon über eine halbe Stunde. Wenn wir nicht im Bahnhof übernachten wollen, sollten wir versuchen, unsere vergessliche Großtante zu finden!«
    »Pampe hat recht!«, bestätigte Pit. »Zum Meer zu kommen, dürfte nicht allzu schwierig sein. Von dort aus müssen wir uns dann zu Pauletta Rottentodd durchfragen. Zu blöd, dass es ausgerechnet jetzt angefangen hat zu regnen.«
    »Ja, super!«, stöhnte Polly und schulterte ihren Reiserucksack.
    In einem Kiosk fragten sie nach dem Weg zum Meer und erfuhren, dass sie bis dorthin fast dreißig Minuten unterwegs sein würden. Die Stimmung sank auf den Nullpunkt.
    Als die fünf schließlich die felsige Küste erreichten, waren sie vollkommen durchnässt. Über dem Wasser zogen tief hängende schwarze Wolken dahin, aus denen in der Ferne grelle Blitze zuckten.
    »Ungefährlich!«, entschied Palme nach dem letzten Donnern und schaute auf seine Uhr.
    »Ungefährlich? Was ist ungefährlich?«, fragte Pampe seinen Zwillingsbruder.
    »Das Gewitter. Zwischen Blitz und Donner liegen mehr als zwanzig Sekunden. Der Schall braucht eine Sekunde, um dreihundert Meter zurückzulegen. Der Blitz ist also etwa sechs Kilometer entfernt. Erst wenn zwischen Blitz und Donner weniger als zehn Sekunden liegen, sollte man sich nicht mehr im Freien aufhalten.«
    »Klugscheißer!«, antwortete Pampe und verzog dabei das Gesicht.
    »Gut zu wissen«, verteidigte Polly ihren Bruder.
    Debilius schaute Palme verdutzt an. »Wie war das? Dreihundert
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