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Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall

Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall

Titel: Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall
Autoren: Louise Fu , Asmin Deniz
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schnellen, nicht wahr, darum geht es doch? Jeder
wollte die hässliche, kleine Pute sehen, die sich für eine Schönheit gehalten
hatte, und der die große Schönheitszeremonienmeisterin Madlen Erdmann den Kopf
zurecht gerückt hatte. Schadenfreude ist eben doch die schönste Freude.«
    Mit
einer ruckartigen Bewegung stemmte Gesa Wohlschlegel den Koffer vom Bett.
Krachend fiel er zu Boden.
    »Ich
will gar nicht mehr weg. Ich will, dass sie es alle hören, wie Madlen Erdmann
meine Tochter getötet hat.«
    Kadir
schrak zusammen und wandte sich zu Schmalfuß um. Der schüttelte wie betäubt den
Kopf. Nein, er hatte keine Ahnung gehabt!
    »Sie
war wie besessen, als die Staffel zu Ende war. Pamela und Melanie hatten
gewonnen, ist das nicht bitter? Und Pammy war… als ob man sie einer
Gehirnwäsche unterzogen hätte! Es ging nur noch um Aussehen, Diäten, Kleider,
und das hätte ich alles klaglos ertragen, wenn sie nicht fest davon überzeugt
gewesen wäre, dass sie auf verlorenem Posten stand. Sie glaubte, die
hässlichste, fetteste Kreatur auf Erden zu sein, ein unweiblicher, unförmiger
Schandfleck, und ihre Mitschüler haben ihr zusätzlich das Leben zur Hölle
gemacht. Einer hatte die Internetseite www.MonsterPummelPam.de eingerichtet, und da vergnügten sich all ihre „Freunde“ mit Kommentaren und
Sprüchen. Sie haben mein Mädchen komplett ins Abseits gestellt, sie war in
einer Situation gefangen, die sie nach keiner Richtung mehr steuern konnte. Das
wäre aber alles nicht passiert, wenn es die Falle, die Madlen ihr gestellt
hatte, nicht gegeben hätte, eine Falle, in der Pamela auch nach der Show tiefer
und tiefer versank. Tiefer und tiefer, je mehr sie strampelte, denn auf einmal
setzte sie es sich in den Kopf, allen das Gegenteil zu beweisen. Sie würde aus
ihrem hässlichen Körper schlüpfen, sie würde sich so lange quälen und schinden,
bis sie eine neue Pamela kreiert hätte. Bitte, seht her, eines Tages bin ich so
schön, dass Madlen mich zur Beauty kürt! Ein Mädchen, das bis dato nur
Einsen geschrieben und ein wildes, rebellisches Selbstbewusstsein hatte! Oder
war genau das der Punkt, dass alles ausartete? Manchmal grübele ich, ob
Pammys völliges Desinteresse an Äußerlichkeiten und Schönheitsfirlefanz, das
sie bis zu der Show an den Tag gelegt hatte, mit schuld daran war, dass der
Virus, den Madlen ihr injizierte, desto schlimmer bei ihr wüten konnte. Sie hat
bis zur Totalerschöpfung Sport getrieben, sich hundertmal am Tag auf die Waage
gestellt, sie hat Essen durch die Küche geschmissen, damit es ungenießbar wurde
und sich selbst den Mund mit Isolierband zugeklebt, um nicht der Versuchung
nachgeben zu können etwas zu sich zu nehmen. Was hat sie alles mit sich
angestellt! Die spanische Inquisition hätte noch von ihren Foltermethoden
lernen können! Und dann all diese Schönheitsmittelchen und –gerätschaften, die
Cremes, Pasten und Gels… und immer wieder: diese furchtbare Gurkenmaske, mit
der sie aussah, als hätte sie eine Gasmaske aus dem Ersten Weltkrieg auf! Jeden
Tag, jeden verdammten Tag schmierte sie sich dieses Zeug ins Gesicht, legte
noch extra frische Gurkenscheiben drauf und wanderte so durchs Haus, bis sie
wieder von einem ihrer resignierenden Tobsuchtsanfälle geschüttelt wurde und
sich die Schmiere abrieb, weinend, dass es doch alles keinen Sinn habe. Es
stank nach Gurken, wochenlang stank es bei uns nach Gurken in allen Räumen.«
    Gesa
schwieg und krampfte die Hände ineinander.
    »Sie
wollte zu keinem Psychologen gehen, und ihre ehemals beste Freundin Melanie hat
sie auch nicht mehr sehen wollen. Und dann…«
    Seda
drehte sich um und wankte zum Bett. Vorsichtig ließ sie sich darauf nieder, um
Gesa nicht in ihrem Redefluss zu stören.
    »Und
dann kam ich eines Tages vom Einkaufen nach Hause und sie… sie hing an einem Seil,
das sie an einem Karabiner in der Decke festgemacht hatte. Da hing früher ein
Korbstuhl, das war, als sie noch ein Baby war – da schaukelte ich oft ganze
Nächte mit ihr im Arm, sie hatte so schreckliche Koliken. Und nun hing meine
Pamela dort, mit verdrehten Augen, den Mund wie so oft zugeklebt. Ihr Körper
war noch ganz warm, sie baumelte hin und her, und… und ihr Gesicht war wieder
mit dieser elenden Gurkenmaske verschandelt…«
    Schmalfuß
stieß sich lautlos von der Wand ab und schlich ins Badezimmer, wo er die Tube
Gurkenmaske vom Waschbeckenrand nahm. Lange betrachtete er verstört das Bild
und ging dann zurück ins
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