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Abschied von der Küchenpsychologie

Abschied von der Küchenpsychologie

Titel: Abschied von der Küchenpsychologie
Autoren: Hans-Peter Nolting
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wird es bestätigen. Doch hierbei können die Befragten Arbeit und Freizeit nur aus ihrer Vorstellung heraus summarisch vergleichen. Stellen Sie sich vor, Sie bekommen stattdessen einen Protokollbogen in die Hand, auf dem Sie von Zeit zu Zeit eintragen sollten, was Sie gerade tun und in welcher Stimmung Sie jetzt sind. Zu welchem Zeitpunkt Sie die Eintragungen machen, das ist allerdings nicht Ihnen überlassen, sondern hierfür hat man Ihnen ein Gerät mitgegeben, aus dem von Zeit zu Zeit ein Signal ertönt – immer dann sollen Sie eintragen.
    Mit diesem Verfahren hat der Glücksforscher Mihaly Csikzentmihalyi (versuchen Sie es mal: Mihai Tschik-sent-mihaji) eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Im Schnitt ist die Stimmung während der Arbeitsaktivitäten positiver als während der Freizeitaktivitäten. Die Erklärung des Forschers: Entgegen dem Image von Arbeit (nahe bei Mühsal) und obwohl das Anfangen nicht selten einen inneren Ruck erfordert, fühlen sich Menschen
während
der Arbeitstätigkeiten häufiger als in der Freizeit in passender Weise gefordert und sind häufiger mit allen Sinnen auf ihr Tun konzentriert. Genau dies ist eine Basis für das sog. Flow-Erlebnis – das angenehme völlige «Aufgehen» in einer Tätigkeit. Natürlich ist der Befund ein statistischer Trend, der nicht für jede Arbeitstätigkeit und für jeden Menschen gilt. Und natürlich können auch gut gewählte Freizeitaktivitäten die Stimmung heben. Aber dass man Freizeit «hat», reicht offenbar nicht aus.
    In jedem Fall bekommen psychologische Aussagen durch eine sorgfältige Untersuchung ein ganz anderes Fundament, als eine persönliche Erfahrung und Deutung sie jemals haben kann. Zwar können auch Wissenschaftler irren, verbohrt sein und gegenläufige Informationen ausblenden. Aber dann kommt gewiss eine kritische Prüfung von anderen Mitgliedern der wissenschaftlichen Gemeinde und es folgen weitere Studien.
    Gelegentlich liefert die Forschung Befunde, die verbreitete Vorstellungen bestätigen. Die Volksweisheit «Wer rastet, der rostet» ist so ein Beispiel. Dann mag ein Laie denken: «War doch klar. Warum musste man das noch untersuchen?» Ja, das muss man. Denn
vorher
ist keineswegs immer sicher, was herauskommt. Es gibt ja genügend Befunde, die scheinbare Selbstverständlichkeiten über den Haufen geworfen haben – wie der eben erwähnte Befund zum Arbeit-Freizeit-Vergleich und viele andere, von denen in diesem Buch die Rede ist. Überdies will die Forschung meist tiefer gehen und auch herausfinden,
warum
es so ist, wie die Volksweisheit besagt.

3. Was dieses Buch vermitteln will
    Was für die Allgemeinbildung gilt, gilt auch für die
psychologische
Allgemeinbildung: Es gibt keine verbindliche Definition und Konzeption. Ich habe eingangs dargelegt, dass das vorliegende Buch vorrangig drei Zielbereichen von Allgemeinbildung dienlich sein soll: Lebensbewältigung, Weltverständnis und Skepsis. Daraus ergibt sich aber für das Buch noch nicht eine bestimmte Struktur und Themenauswahl. Für diese Frage habe ich mich von folgenden Gesichtspunkten leiten lassen:
    Es sollen geläufige, viele Laien interessierende Themen angesprochen werden.
Es sollen weit verbreitete Irrtümer korrigiert werden.
Es soll zu Ordnung im psychologischen Denken angeleitet werden.
    Zu diesen Absichten nun einige Erläuterungen, die zugleich eine Vorschau auf die großen Kapitel geben.
    3.1 Grundwissen zu oft diskutierten Themen
    Mit welchen psychologischen Fragen und Themen haben auch Laien häufig zu tun? Worüber wird auch in den Medien oft diskutiert? Mit diesem Blickwinkel unterscheidet sich das Buch erheblich von Werken, die sich als Einführung in die Psychologie verstehen. Dort findet man in erster Linie Aussagen über psychische Grundphänomene wie Wahrnehmen, Denken, Emotion, Motivation, Lernen und Gedächtnis, vielleicht auch über die psychische Entwicklung oder individuelle Unterschiede, wobei all diese Phänomene gewöhnlich in allgemeiner Form erörtert werden, also als ein Blick auf «die» Motivation, auf «die» Entwicklung usw.
    Das vorliegende Buch gibt hierzu zwar ebenfalls einen kurzen Überblick (Kapitel  4 ), doch dient er in erster Linie als Grundlage für alle nachfolgenden Kapitel. Vor allem aber greife ich eine Reihe von Themen auf, über die sich nach meinem Eindruck viele Laien Gedanken machen. Und das ist weniger das Phänomen Emotion «als solches», sondern z.B. Stress oder Angst, und weniger das Phänomen Lernen im
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