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Abschied von der Küchenpsychologie

Abschied von der Küchenpsychologie

Titel: Abschied von der Küchenpsychologie
Autoren: Hans-Peter Nolting
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verbindlich ist,
welche
Lücke peinlich und welche verzeihlich ist, das ist je nach Sachgebiet sehr unterschiedlich. Erdkundliches, historisches und wohl auch literarisches Grundwissen scheinen hier eine gute Stellung zu haben. Bei Mathematik ist das schon nicht mehr so klar. Einerseits ist es ein hochrangiges Schulfach und solide Kenntnisse werden in vielen Ausbildungs- und Studiengängen erwartet; andererseits scheint hier eine persönliche Schwäche weniger ehrenrührig zu sein; nicht wenige Menschen kokettieren sogar damit.
    Und dann gibt es noch Sachgebiete, bei denen magere Kenntnisse so gut wie nie als Makel gelten, zumal sie auch in den allgemeinbildenden Schulen allenfalls am Rande vertreten sind. Das gilt etwa für Ingenieurwissenschaften, Medienwissenschaften, Jura, Medizin oder eben auch Psychologie – obwohl sie allesamt gewiss keine «Orchideenfächer» sind. Dabei kann man zumindest für die Psychologie eines sicher sagen: Menschen sind ständig mit psychologischen Fragen konfrontiert und sprechen im Alltag über psychologische Dinge – sicher weit häufiger als z.B. über mathematische, physikalische oder literarische Fragen.
    Natürlich kann die Schule nicht Platz für alles haben. Doch grundsätzlich stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien man aus der Fülle möglicher Lerninhalte einige zur Allgemeinbildung zählt und andere nicht. Von Bildungsexperten wird ihre Bedeutung für Ziele wie die folgenden angeführt: Bewältigung alltäglicher Lebensanforderungen, Fähigkeit zur Verständigung, kritisches Denken, kulturelles Bewusstsein, Verständnis wichtiger Weltprobleme, verantwortungsbewusstes Handeln.
    Auch solche Gesichtspunkte liefern zwar keine Definition von Allgemeinbildung, aber sie geben Hinweise, worauf man schauen sollte bei der Frage: Was kann dieses, was kann jenes Fachgebiet zur Allgemeinbildung beitragen? Zugleich machen die genannten Aspekte deutlich, dass Allgemein
bildung
auf jeden Fall «mehr» ist als Allgemein
wissen
, insbesondere als zusammenhangloses Quizwissen. Es gehört auch tiefes Verständnis dazu, es gehören auch Kompetenzen, also Formen des Könnens, dazu; dies sieht man schon an den klassischen Basiskompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen.
    Die Psychologie kann sicherlich zu einer Allgemeinbildung im skizzierten Sinne wichtige Beiträge leisten, und dies zu tun, ist das Anliegen dieses Buches. Dabei sollen hier drei Zielbereiche im Vordergrund stehen: Die Lebensbewältigung, das Weltverständnis und das prüfende, kritische Denken.
    1.1 Psychologie – ein Beitrag zur Lebensbewältigung
    Erziehungsprobleme und Partnerschaftskonflikte, Ängste und Depressionen, Mobbing am Arbeitsplatz oder auf dem Schulhof, psychische Ursachen von Rückenbeschwerden und natürlich auch Wege zum Glücklichsein – solchen Themen begegnet man nicht nur in Psychologiebüchern, sondern z.B. auch in Tageszeitungen, TV -Zeitschriften, Frauenzeitschriften, Firmenzeitschriften, im Radio und im Fernsehen. Nimmt man Wissen und Kompetenzen für die Anforderungen des Lebens als ein Kriterium von Allgemeinbildung, dann gehören psychologische Kenntnisse offenkundig dazu.
    Nicht jedes Wissen lässt sich praktisch nutzen, aber viele Kenntnisse können durchaus helfen, Probleme in Alltag und Beruf besser zu verstehen, und oftmals auch, sie besser zu bewältigen. Einige Kompetenzen, etwa diagnostische oder kommunikative, haben nahezu universelle Bedeutung. So ist es in vielfältigen Lebenssituationen hilfreich, Orientierungspunkte im Kopf zu haben, mit denen man halbwegs systematisch die Gründe für ein Verhaltensproblem eingrenzen kann, statt nur der ersten Eingebung zu folgen. Und ebenso nützlich ist es, ein konstruktives Gespräch führen zu können, wenn man mit anderen im Konflikt steht oder wenn man einem Freund bzw. einer Freundin bei einem belastenden Problem helfen möchte.
    Darüber hinaus gibt es Kenntnisse, die in bestimmten Lebenssituationen hilfreich sein können oder für bestimmte Menschen von besonderem Interesse sind. Hier einige Beispiele, die in diesem Buch noch zum Thema werden:
    Wer über Lerntransfer und seine Grenzen informiert ist, wird kein Geld ausgeben für Denkspielchen, die sich als Gehirnjogging anpreisen, und wird vielleicht auch seinem Kind statt Latein doch lieber eine Kommunikationssprache wie Spanisch oder Französisch empfehlen.
Wer erkannt hat, dass bestimmte Lernstrategien nicht für bestimmte «Lerntypen» nützlich sind, sondern für bestimmte
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