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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby
Autoren: S Dessen
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alles?«
    »Glaub schon«, antwortete er. »Danke fürs Bringen.«
    »Tja, ich habe dir sowieso noch etwas geschuldet.«
    Er lächelte.
    »Aber da ist noch etwas«, fuhr ich fort.
    »Was denn?«
    »Selbst wenn du jetzt jede Menge neue Freunde findest«, erwiderte ich, »versuch bitte, nicht zu vergessen, wo du herkommst, okay?«
    Er blickte mich an. »Ich bezweifle, dass mir das überhaupt gelingen würde.«
    »Du wirst dich noch wundern«, antwortete ich. »Neuer Ort, neues Leben. Geht ziemlich schnell.«
    »Ich schätze, es gibt genug, um mich an hier zu erinnern.«
    Hoffentlich stimmte das. Und selbst wenn nicht   – ich konnte sowieso nichts anderes machen, als ihm zu geben, was ich hatte. In der Hoffnung, er würde sich irgendwie revanchieren. Was natürlich leichter gesagt war als getan. Schon seit Weihnachten hatte ich mir das Hirn zermartert, womit ich Nate überraschen konnte   – das ultimative Geschenk. Etwas, das zumindest ein wenig an all das heranreichte, was er mir gegeben hatte. Aber mir war ums Verrecken nichts eingefallen. Und auch in diesem Moment, dieser Sekunde dachte ich noch, ich hätte nichts, das ich ihm anbieten konnte. Bis ich plötzlich an mir heruntersah. Und realisierte, dass ich mich irrte. Aber so was von.
    Zuerst bekam ich den Verschluss meiner Kette kaum auf. Registrierte aber sofort, wie abgewetzt der Schlüssel zum gelben Haus war, vor allem im Vergleich zu dem glänzenden, neuen von Jamies und Coras Palast, den ich nun aus meiner Tasche holte. Ich ließ den alten Schlüssel von der Kette gleiten, fädelte stattdessen den neuen darauf. Nahm Nates Hand, drehte sie um, legte die Kette, an der nun derSchlüssel für Coras und Jamies Haus hing, auf seine Handfläche.
    »Nur für den Fall«, meinte ich.
    Er nickte. Umschloss mit seiner Hand, in welcher meine neue alte Schlüsselkette lag, die meine. Und dieses Mal ließ ich meine Hand ganz entspannt in seiner liegen. Spürte die Wärme, erwiderte ganz leicht den Druck seiner Hand. Beugte mich schließlich vor, hob die Hand, legte sie um seinen Nacken, zog ihn an mich, um ihn zu küssen. Um den Abstand zwischen uns ein für alle Mal zu überbrücken. Die Leere zu füllen, das Loch zu schließen.
    Seitdem sind ein paar Wochen vergangen. Nate und ich kommunizieren eigentlich ununterbrochen, sowohl per Telefon als auch über UMe. Meine Website, die ja ewig brachgelegen hatte, summte und brummte plötzlich regelrecht, so aktiv war ich mittlerweile. Nicht zuletzt dank Olivia, die mir geholfen hatte, sie einzurichten, und regelmäßig eingriff, um sie weiter zu optimieren. Ich hatte noch nicht sehr viele Freunde auf UMe   – Olivia, Nate, Gervais sowie Jamie, der mir mehr Nachrichten schickte als sonst irgendwer   –, dafür umso mehr Fotos, unter anderem ein paar, die Nate mir von seinem neuen Job gemailt hatte: Er arbeitete als Bademeister in einem öffentlichen Schwimmbad in dem Viertel, in dem seine Mutter wohnte. Ging außerdem jeden Tag selbst schwimmen, versuchte, seine Zeiten wieder zu verbessern und in Form zu kommen. Er meinte, es gehe bloß sehr langsam voran, aber immerhin, er sehe allmählich gewisse Fortschritte.
    Manchmal, wenn ich nachts nicht schlafen konnte, stellte ich mir vor, wie er trainierte, die ganze Länge des Beckens entlang hin- und herschwamm, Bahn für Bahn, Zug um Zug.
    Auf meinem Lieblingsfoto von ihm ist er allerdings nicht im Wasser, sondern steht vor dem Bademeisterhochsitz. Die Sonne scheint hell, er lächelt und trägt eine Trillerpfeife um den Hals. Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass sich darunter noch eine weitere, dünnere Kette befindet, an der etwas anderes baumelt. Es ist nicht leicht zu erkennen. Doch ich wusste, was es war.

Kapitel zwanzig
    »Ruby? Bist du so weit fertig?«
    Ich wandte mich um. Cora stand, Handtasche über der Schulter, in der Tür, die aus der Küche auf die Terrasse führte. »Geht es denn schon los?«, fragte ich zurück.
    »Sobald Jamie die Videokamera gefunden hat«, erwiderte sie. »Er ist wild entschlossen, jede Sekunde dieses unerhörten Events zu filmen.«
    »Wichtige Familienereignisse muss man für die Nachwelt festhalten!«, brüllte Jamie von irgendwo aus den Tiefen des Hauses. »Du wirst mir noch dankbar sein.«
    Cora verdrehte die Augen. »Fünf Minuten, egal ob er die Kamera findet oder nicht. Wir möchten schließlich nicht zu spät kommen. Okay?«
    Ich nickte. Sie ging zurück ins Haus, die Tür fiel hinter ihr zu. Ich drehte mich wieder um. Ich
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