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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)
Autoren: Olaf Kraemer
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Es gab keine Alternative. Nach allem, was in den letzten Tagen geschehen war. Also machten sich die drei Freunde auf den Weg zurück zum Teufelsberg. Auf einem Pfad, den niemand vorausahnen konnte. Der Plan zu Maries Rettung war in Wahrheit nicht nur wahnwitzig, er war komplett verrückt. So verrückt, dass er schon wieder genial sein konnte, dachte Simon. So hatte Linus es ihnen verkauft.
    Mit dem Wagen waren sie zu dem Parkplatz an der Avus gefahren, hatten jeder einen Rucksack umgeschnallt und waren dann durch einen Gully in das Abwassersystem der Stadt hinabgestiegen. Immer tiefer kletterte die kleine Expedition. Und immer fauliger wurde der Geruch, der ihnen entgegenschlug. Edda und Simon hielten sich Tücher vor die Nasen. Linus trotzte dem Gestank. Er wusste, dass er sein Gehirn überlisten konnte. So wie er es tat, wenn er Schmerzen hatte. Er schaffte es dann immer wieder, sich einzureden, dass Schmerzen nur Signale waren und nicht wirklich wehtaten. Nur elektrische Impulse an das Gehirn. Mehr nicht. So versuchte er auch mit dem Gestank fertig zu werden und es begann zu funktionieren. Dann ging es über Eisenstiegen durch einen engen Schlund noch einmal tiefer hinab, zum Hauptabwasserkanal.
    „Durch den Mund atmen!“, befahl Linus.
    Er kletterte voran. Simon ließ Edda vor und folgte als Letzter. Seit einiger Zeit schon versuchte er, durch den Mund zu atmen. Aber die Vorstellung, dass der Gestank wie ein feiner Film auf seiner Zunge zurückbleiben und er ihn schließlich schlucken würde, ließ ihn den Mund wieder schließen. Dieser Plan war nicht wahnwitzig, er war idiotisch, dachte Simon. Linus hatte ihnen im wahrsten Sinn des Wortes die Scheiße hier eingebrockt. Nächtelang hatte er die Pläne vom Untergrund Berlins studiert und schließlich diesen Abwasserkanal entdeckt, der vom Teufelsberg zur Avus führte. Als die Amerikaner im Kalten Krieg den Teufelsberg zur Abhörstation Richtung Ostdeutschland ausgebaut hatten, waren auch diese unterirdischen Röhren gelegt worden, die direkt in den Teufelsberg führten. „Ins Herz von GENE-SYS “, hatte Linus gesagt.
    „Durch den Arsch ins Herz“, dachte Simon. „Genialer Plan!“ Er hielt sich wieder das Tuch vor die Nase, während er den beiden anderen folgte.
    | 2103 |
    Greta schaute auf die Anzeige. Die weißen Signale waren eindeutig. Sie blinkten in unterschiedlicher Frequenz.
    „Da sind sie. Auf dem Weg“, kommentierte die Leiterin der Überwachungszentrale vor dem Monitor. Sie hatte nur für diesen kurzen Satz das Kauen ihres Kaugummis unterbrochen. Wie ein Wiederkäuer, dachte Greta. Doch sie wusste, dass sie niemand Besseren für diese Aufgabe hätte finden können. Die Frau hatte ihre Ausbildung noch von der Staatssicherheit erhalten. Sie kannte keine Skrupel und war technisch stets auf dem neuesten Stand. Also ertrug Greta ihre Kuhgeräusche. Sie schaute auf die Signale, die ganz in der Nähe ausgesendet wurden. Auf dem Stadtplan, den der riesige gläserne Monitor zeigte, war zu erkennen, dass sich Edda, Linus und Simon bereits im Süden des Teufelsberges befanden.
    Auch wenn Greta nichts sehnlicher wünschte, als zurück zu Marie zu gehen und herauszufinden, was es mit ihren Erinnerungen weiter auf sich hatte: Diese drei Kinder nötigten ihr ehrlichen Respekt ab. Die letzte Zeit war für die drei nicht leicht gewesen. Greta hatte die Unterlagen über jeden von ihnen vor sich liegen, beginnend jeweils mit den Fotos aus der Kindheit. Dann die genaue Beschreibung ihrer Begabungen. Ihre außergewöhnlichen Anlagen zur „stummen Kommunikation“, wie Greta es nannte. „Gedankenlesen“ war für sie immer ein dummes Wort gewesen. „Telepathie“ gefiel ihr besser, obwohl auch das kein wissenschaftlicher Begriff war. Sie dachte an Bill, lächelte in Gedanken an ihn. Und für einen Moment stand Trauer in ihren Augen. Wie sehr sie sich wünschte, dass er die Entdeckung der drei Kinder noch hätte miterleben können. Bill. William Bixby, der Bauernsohn aus Minnesota, der keinen Doktortitel besessen hatte, der nie wissenschaftlich an seine Aufgaben herangegangen war. Immer war er seinem Gefühl, seinem Instinkt gefolgt. Nach der Lektüre von Bernikoffs Schriften hatte er schließlich die These aufgestellt, dass es möglich wäre, das Böse aus den Gedanken, aus den Gehirnen der Menschen zu vertreiben. Vorausgesetzt man schaffte es, das Böse in einer der vielen Gehirnregionen zu lokalisieren und zu isolieren. Bills Enthusiasmus hatte Greta
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