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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition)
Autoren: James S. A. Corey
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Sekunden.
    Die Torpedos schlossen rasch auf.
    Dann verschwanden alle Sterne.
    Néo tippte auf den Monitor. Nichts. Das Freund-Feind-Signal zeigte nichts an. Keine Fregatte, keine Torpedos. Absolut nichts.
    »Das ist aber komisch«, sagte er zu niemand im Besonderen.
    Auf dem Monitor war ein blaues Glühen zu sehen. Er beugte sich vor, als könnte er es verstehen, wenn er dem Bildschirm ein paar Zentimeter näher war.
    Die Sensoren, die vor hoher G-Belastung warnten, brauchten eine Fünfhundertstelsekunde, um anzusprechen. Der fest verdrahtete Alarm brauchte noch einmal eine Dreihundertstelsekunde, um anzuschlagen und die rote LED und das Notsignal mit Strom zu versorgen. Die kleine Meldung auf der Konsole, die vor einer Bremskraft von neunundneunzig G warnte, brauchte eine unglaublich lange halbe Sekunde, um die Leuchtdiode zu aktivieren. Zu diesem Zeitpunkt war Néo bereits ein roter Schmierfilm im Cockpit. Der Bremsschub des Schiffs hatte ihn schneller, als eine Synapse für die Aktivierung brauchte, durch den Bildschirm an die gegenüberliegende Wand geschleudert. Fünf endlose Sekunden lang knarrte und stöhnte das Schiff, das nicht anhielt, sondern angehalten wurde.
    In der endlosen Dunkelheit sandte die externe Hochgeschwindigkeitskamera tausend Bilder pro Sekunde aus und zeigte nichts.
    Dann tauchte etwas auf.

1    Holden
    In seiner Kindheit als kleiner Junge auf der Erde, wo er unter einem weiten offenen Himmel gelebt hatte, war eine seiner Mütter krank gewesen. Drei Jahre hatte sie unter schrecklichen Migräneanfällen gelitten. Es hatte ihn bedrückt, sie bleich und vor Schmerzen schwitzend zu sehen, aber die Vorboten der Anfälle waren fast noch schlimmer gewesen. Sie hatte das Haus geputzt oder Verträge für ihre Anwaltskanzlei durchgesehen, und dann hatte sich auf einmal ihre linke Hand verkrampft, bis die Adern und Sehnen unter der Anspannung fast zu reißen drohten. Als Nächstes waren die Augen abgeirrt, die Pupillen hatten sich geweitet, bis die blauen Augen fast völlig schwarz ausgesehen hatten. Es war schrecklich gewesen, diese Anfälle zu beobachten, und er hatte jedes Mal gefürchtet, sie werde daran sterben.
    Damals war er sechs gewesen, und er hatte seinen Eltern nie erzählt, wie sehr ihm die Migräneattacken zusetzten, und wie sehr er sie selbst dann fürchtete, wenn alles in Ordnung zu sein schien. Die Angst war zu einem vertrauten, fast erwarteten Teil seines Lebens geworden. Das hätte dem Schrecken die Schärfe nehmen sollen, und vielleicht geschah dies auch, doch außerdem entwickelte sich ein Gefühl, hilflos ausgeliefert zu sein. Der Anfall konnte jederzeit kommen, und man konnte ihm nicht entgehen.
    Das vergiftete in einem gewissen Maße sein ganzes Leben.
    Ständig fühlte er sich heimgesucht.
    »Das Haus gewinnt immer«, rief Holden.
    Er und seine Crew – Alex, Amos und Naomi – saßen an einem privaten Tisch in der VIP-Lounge des teuersten Hotels auf Ceres. Selbst dort waren die Klingeln, Flöten und digitalisierten Stimmen der Geldspielautomaten noch so laut, dass man sich nicht in normaler Lautstärke unterhalten konnte. In die wenigen Frequenzen, die sie nicht besetzt hatten, drängten sich passgenau die schrill klimpernden Pachinko-Automaten und das tiefe Dröhnen einer Band, die auf einer der drei Bühnen des Casinos spielte. Das alles erzeugte einen Geräuschteppich, bei dem Holdens Magen vibrierte und die Ohren klingelten.
    »Was?«, rief Amos zurück.
    »Am Ende gewinnt immer das Haus!«
    Amos starrte den riesigen Stapel Jetons an, der vor ihm lag. Er und Alex zählten sie, bevor sie den nächsten Beutezug zu den Glücksspieltischen unternahmen. Auf den ersten Blick schätzte Holden, dass sie in der letzten Stunde um die fünfzehntausend neue Ceres-Yen gewonnen hatten. Es war ein beeindruckender Haufen Geld. Wenn sie jetzt aufhörten, lagen sie vorn. Aber natürlich hörten sie nicht auf.
    »Na gut«, sagte Amos. »Und?«
    Holden lächelte und zuckte mit den Achseln. »Nichts weiter.«
    Wenn seine Crew an den Blackjack-Tischen Dampf ablassen und ein paar Tausend Yen verlieren wollte, würde er sie nicht daran hindern. Nach dem letzten Auftrag würde es nicht einmal ein nennenswertes Loch in seinen Geldbeutel reißen, und dies war nur einer von dreien, die sie in den letzten vier Monaten erledigt hatten. Es versprach ein sehr lukratives Jahr zu werden.
    In den vergangenen drei Jahren hatte Holden eine Menge Fehler gemacht. Die Entscheidung, den Posten als Handlanger
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