Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition)
Autoren: James S. A. Corey
Vom Netzwerk:
ich die Rosinante dem Mars abkaufe und Ihnen bedingungslos die Rechte übertrage?«
    »Wollen Sie wirklich ein Kriegsschiff kaufen?«, fragte Alex erstaunt. »Darf eine Religionsgemeinschaft so etwas tun?«
    »Klar«, sagte Holden. »Wenn Sie das tun, schmuggle ich sie hinaus.«
    Anna hob einen Finger und zog das Handterminal aus der Tasche. Clarissa konnte erkennen, dass ihre Hände zitterten. Sie tippte etwas ein, und ein paar Sekunden später ertönte eine vertraute Stimme aus dem Gerät.
    »Annie«, sagte Tilly Fagan. »Wo stecken Sie? Ich trinke mit einem halben Dutzend sehr wichtigen Menschen Cocktails und langweile mich zu Tode. Sie könnten doch wenigstens raufkommen und sich eine Weile hofieren lassen, um mich zu entlasten.«
    »Tilly«, erwiderte Anna, »erinnern Sie sich noch an den wirklich teuren Gefallen, den Sie mir schuldig sind? Ich weiß jetzt, was es ist.«
    »Ich bin ganz Ohr«, antwortete Tilly.
    »Sie müssen dem Mars die Rosinante abkaufen und auf Kapitän Holden übertragen.« Tilly schwieg. Clarissa konnte förmlich sehen, wie die Frau die Augenbrauen hochzog. »Das ist der einzige Weg, um Clarissa in Sicherheit zu bringen.«
    Tillys Schnaufen mochte ein Seufzen oder Gelächter sein.
    »Klar, was soll’s. Ich sage Robert, dass er es tun soll. Er wird nicht widersprechen. Das ist immer noch weniger, als ich bei einer Scheidung bekäme. Sonst noch etwas, meine Liebe? Soll ich für eine Weile die Erdumlaufbahn verändern, wenn ich schon mal dabei bin?«
    »Nein«, antwortete Anna. »Das war schon mehr als genug.«
    »Damit haben Sie verdammt recht. Kommen Sie so bald wie möglich hier rauf. Wirklich, alle sind ganz begeistert von Ihnen, und ich fände es viel angenehmer, wenn Sie tatsächlich hier wären und die Leute sich höchstpersönlich um Sie drängelten.«
    »Bin gleich da«, versprach Anna. Sie steckte das Handterminal wieder in die Tasche und nahm Clarissas Hand. Ihre Finger waren warm. »Nun?«
    Holden war erbleicht. Er blickte zwischen Clarissa und Anna hin und her und atmete gedehnt aus.
    »Ähm«, machte er. »Mann. Na gut. Aber vielleicht fliegen wir nicht auf direktem Weg nach Hause. Ist das in Ordnung?«
    Clarissa streckte die Hand aus und staunte selbst, wie schwer sie war. Die anderen brauchten einen Moment, um die Geste zu verstehen. Dann nahm Holden ihre Hand – der Mann, den zu demütigen und zu vernichten sie Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hatte.
    »Freut mich«, krächzte sie.
    Sie legten ihr eine intelligente Fußfessel an, mit deren Hilfe jedes Crewmitglied sie sofort betäuben konnte. Falls irgendwelche Produkte ihrer künstlichen Drüsen gemessen wurden oder wenn sie den Wohnbereich des Schiffs verließ, sprach die Sicherung automatisch an. Es waren drei Kilo gelbes Plastik, die an ihrem Bein hingen wie eine Klette. Während des Gedenkgottesdienstes wurde sie überstellt. Kapitän Michio Pa, deren Gesicht nach den Kämpfen immer noch verbunden war, ließ sich begeistert über Carlos Baca, Samantha Rosenberg und ein Dutzend andere Menschen aus und übergab ihre Asche der großen Leere. Dann waren die Kommandanten der übrigen Schiffe an der Reihe, stellten sich vor die Kameras ihrer eigenen Einheiten, sprachen ein paar Worte und übergaben das Wort an den Befehlshaber des nächsten Schiffs. Niemand erwähnte Ashford, der eingesperrt und betäubt war. Niemand erwähnte Melba oder Clarissa.
    Es war die letzte Zeremonie vor dem Abflug. Vor der Rückkehr. Clarissa verfolgte die Übertragung auf dem Handterminal, wenn sie nicht gerade zu dem Bildschirm blickte, der die Außenansicht des Shuttles zeigte. Die außerirdische Station war jetzt passiv. Sie glühte nicht mehr, sie reagierte nicht mehr und erschien den Sensoren als riesiger Brocken verschiedener Metalle und Kohlenstoffgebilde, der in der sternenlosen Leere schwebte.
    »Sie fliegen nicht alle zurück«, sagte Alex. »Die Marsianer bleiben hier, um die anderen Tore zu untersuchen. Sie wollen herausfinden, was auf der anderen Seite ist.«
    »Das wusste ich nicht«, erwiderte Clarissa.
    »Das hier ist eine Art Wendepunkt.« Der Pilot deutete auf den Bildschirm, auf dem gerade ein weiblicher UN-Kapitän voller Ernst in die Kamera sprach. Ihre Augen waren so hart wie Murmeln, als sie mit gerecktem Kinn die Namen der Toten verlas. »Vorher hatten wir alle Angst. Jetzt kommt die Gier. Aber das hier …« Er seufzte. »Ein kleiner, schöner Moment, an dem wir innehalten.«
    »So ist es«, stimmte Clarissa
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher