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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett!
Autoren: David Baddiel
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auch nicht, warum ich das gesagt hab. Hast du die letzte Ausgabe gekauft?«
    »Nein. Ich wollte sie eigentlich zwischen vier Shaven Ravers- Hefte schmuggeln, aber das war mir dann doch zu peinlich.«
    »Ich hol dir ein Exemplar«, sagt er, steht auf und verläßt den Raum.
    Ja, das kommt öfter vor, daß Ben den Raum verläßt. Und dann fängt’s in meinem Innern an zu toben: »Whauu — Alice! Hey! Komm, wir ficken!« — will ich dann schreien, so als wäre ich selbst davon überrascht, als sei es mir nie zuvor in den Sinn gekommen; in zweieinhalb Minuten will ich dann die geheime Intimität eines ganzen Lebens auskosten. Aber nein, nein: Das äußerste, worauf ich hoffen darf, sind ein paar Augenblicke, die ich in fiebriger Erinnerung fünf Stunden später in Flirterei verwandeln kann. Einmal, in einem Restaurant, als Ben fort war, das Auto parken, fragte der Kellner Alice, welches Gericht sie möchte. Sie nickte in meine Richtung und sagte »Das da«. Ich gebe zu, daß in meiner Rich-tung außer mir auch noch eine geöffnete Speisekarte war, und ihr Nicken daher möglicherweise eher den Worten Lamm Dhansak galt als mir, aber Sie sind ein abgrundtiefer Zyniker, wirklich, wenn Sie mir verbieten, wenigstens eine Sekunde auf den Flügeln dieser Doppeldeutigkeit zu schweben.
    Wir beide schweigen. Ich schlage in meinem inneren Notizbuch nach, was ich sagen könnte.
    »Ben?« ruft sie, was (in meinen Augen) heißt, daß sie lieber mit ihm spricht, selbst wenn er in einem anderen Zimmer ist. »Kannst du auch gleich die Bettwäsche für Dina rauslegen? Sie ist im Schrank neben der Heizung.«
    »Dina?« sage ich. »Ich denke, die ist in Amerika.«
    »Sie kommt zurück, übermorgen. Zum ersten Mal nach fünf Jahren.«
    »Gott. Und als was soll ich sie betrachten?«
    »Wie bitte?«
    »Verwandtschaftsmäßig, meine ich. Was ist sie für mich?«
    Alice klimpert eine Sekunde mit den Wimpern. »Ehhmmm... ich glaube, sie ist so was wie deine Kusine. Die Schwester deiner Schwägerin. Nennt man das Kusine?«
    »Eine angeheiratete Kusine«, sagt Ben, der gerade zurückkommt. Die Zeit ist abgelaufen. Sie kam und verrann. Er legt ein Over The Line -Exemplar vor mir auf den Tisch.
    »Für wie lange bleibt sie?«
    »Oh, ich glaube für immer«, sagt Alice. »Sie sagt, New York hat sie ausgelaugt. Außerdem ist mit dem Typen Schluß, mit dem sie drüben zusammen war, na... du weißt schon. Sie wohnt bei uns, bis sie selbst etwas gefunden hat.«
    »Gut.«
    Wie viele semiotische Bedeutungen kann man nicht in ein »gut« legen! Wenn jemand zu dir sagt, es ist vorbei - dich damit zutiefst in deinen zartesten Gefühlen und verschwommenen Sehnsüchten trifft, all denen, die nicht erwidert und nicht erfüllt wurden, wenn die Liebe also zu Staub zerfällt, dann sagt man als erstes oft: gut. Ein flaches ausdrucksloses gut, das den riesigen Wust von schlecht niederhält. Rein linguistisch gesehen, handelt es sich jedoch lediglich um ein Reaktionswort, eine Floskel, ein hohles zustimmendes Echo. Auf genau jenen Teil des G«i-Spektrums ziele ich mit meinem gut — ein bloßes, nichtssagendes Nicken. Was aber mitschwingt, ist dieses plötzliche Gefühl, wie es ein Lebenslänglicher haben muß, der sein Feldbett einen halben Meter nach links rückt und plötzlich einen Fluchttunnel entdeckt. Es geschieht zwar selten, aber immerhin manchmal, daß mir die richtigen Worte einfallen, doch in diesem Augenblick habe ich eine so sichere Eingebung wie ein verirrter Mann an einer Straßengabelung, den ein Engel in die richtige Richtung schubst.
    »Ben? Hast du das Spiel des Tages letzte Woche auf Video aufgenommen?«
    »Ja. Newcastle war fantastisch. Es ist unglaublich, was ein Manager ausrichten kann, der vorher selbst Profi war.«
    Ich kann nicht länger über Dina reden, das würde zudringlich wirken, so als wollte ich mich vortasten, und meine Gründe dafür würden wie Schaum auf der Oberfläche meiner Worte sichtbar, also stürze ich mich in die narrensichere Welt des Fußballs, diese vorprogrammierte Gesprächsbahn, wo ich reden und reden kann und nichts dabei preisgebe.
    Alice wirkt einen Moment gedankenverloren, dann wirft sie plötzlich ein: »Ich finde, Keegan hätte den Nationaltrainer-Job vor drei Jahren kriegen sollen. Erinnert ihr euch, daß Jimmy Armfield ihn dem Verband vorschlug, aber die entschieden sich für Venables?«
    Sie müssen wissen, daß Alice auf ihren Royal Flush noch dieses As draufsetzt: ihre echte Fußballbegeisterung. Wenn
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