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Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Titel: Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Mathies
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Schneebrett gelöst und Conny komplett verschüttet. Bis auf ein paar schwarze Haare war nichts von ihr zu sehen, vorbeifahrende Skiläufer konnten sie aus der Entfernung nicht dort liegen sehen. Doch ich war mir sicher, dass Conny nicht sofort gestorben war, sie hatte ein größeres Loch vor ihrem Mund und konnte sicher noch einige Zeit atmen.
    Ich war wie gelähmt, verfolgte reglos die Bergung des jungen Mädchens und den Abtransport per Akia, einem Rettungs-Transportschlitten. Ich dachte an Monika. Wie sagte man einer Mutter, dass ihre Tochter nicht mehr lebt? Es war einer der schrecklichsten Momente meines Lebens. Im Büro warteten Monika und ihr Mann nach wie vor auf ein Lebenszeichen. Mein Weg zurück ins Tal hätte an diesem Tag ewig dauern mögen, aber viel zu schnell stand ich vor dem Hotel »Post«, und mit zentnerschweren Beinen betrat ich mein Büro. »Ich habe euer Kind gefunden. Conny lebt nicht mehr.«
    Natürlich musste ich mir die Frage stellen, ob ich eine Mitschuld trage. Zweimal hatte ich mit Monika am Pistenrand kurz gesprochen, und ich war der Meinung gewesen, dass Conny bereits vor ihrer Mutter auf die Piste gekommen und dann weiter Richtung Valfagehrbahn abgefahren war. Denn der Hang, auf dem Conny runterkommen sollte, war mit Spuren übersät gewesen, so dass ich daraus keine Schlüsse ziehen konnte, ob eine Snowboardspur darunter war. Connys Tod ging mir sehr zu Herzen. An diesem Abend konnte ich weder Arbeiten noch das neue Jahr begrüßen. Ich zog mich zurück und wollte nichts hören und sehen.
    Tödlicher Leichtsinn
    Glücklicherweise gibt es auch positive Erlebnisse, Verschüttete, die ich retten konnte. An eines dieser Erlebnisse erinnern mich Postkarten, die jahrelang pünktlich zum 22. Februar in meinem Briefkasten landeten. Die erste kam 1994, genau ein Jahr nach jenem denkwürdigen Tag:
    Ich saß am Nachmittag im Skischulleiterbüro als ich über Funk von zwei jungen Burschen auf Skiern hörte, die bereits trotz mehrfacher Warnungen abseits der gesicherten Pisten unterwegs waren. Beinahe täglich kamen diese Meldungen rein. Eine »Pistenpolizei« gab es damals noch nicht, und so mussten die Skilehrer immer wieder die Aufgaben eines Ordnungshüters übernehmen. Ich selber wusste aus Erfahrung, dass Ermahnungen selten erhört wurden. Nicht nur dass ich immer wieder regelrecht abblitzte, meist wurde ich auch noch unflätig beschimpft, wenn ich Skifahrer oder Snowboarder, die selbst ernannten »Könige der Piste«, auf gefährliche oder gar unerlaubte Fahrten hinwies.
    Was meine Kollegen und ich uns von jenen so genannten Sportlern anhören mussten, die abseits der Pisten gefährlich rumkurvten, möchte man gar nicht wiedergeben. Die staatlich geprüften Skilehrer waren meist machtlos, viele Fahrer kapierten einfach nicht, dass sie mit ihrem Verhalten Lawinen auslösten, die auch gesicherte Pisten und damit Menschen bedrohten, die sich eigentlich völlig korrekt verhielten und in Sicherheit wiegten.
    Über die Einführung einer Pistenpolizei wurde immer dann diskutiert, wenn wieder ein schreckliches Unglück geschehen war. Dabei wäre eine Verwarnung oder sogar der Entzug der Liftkarte (wie in der Schweiz und Frankreich) sicher eine geeignete Maßnahme, schon alleine die Existenz einer Pistenwacht würde genügen, um Raser abzuschrecken.
    Nun also waren wieder zwei Pistenrowdys unterwegs, ich schüttelte den Kopf und hoffte, dass sie zur Vernunft kommen würden. Doch sie dachten gar nicht daran und fuhren erneut unerlaubterweise in einen Steilhang. Einer der beiden, ein junger Student, war ein großes Skitalent und würde noch von sich reden machen … Die beiden durchschnitten mit den scharfen Kanten ihrer Skier die feste Schneedecke des Hanges und lösten eine Katastrophe aus. Denn kurze Zeit später meldete sich das Funkgerät erneut: Lawinenabgang im Albonagebiet! Drei Menschen verschüttet! Sofort wurden Bergrettung und Skischule von der Liftgesellschaft informiert.
    Durch die beiden rücksichtslosen Burschen hatte sich ein 40 Meter breites Schneebrett am Beginn des Rauztobels gelöst, war auf die darunter gelegene Piste abgegangen und hatte eine deutsche Skifahrerin verschüttet. Gut zwei Meter hoch türmten sich dort nun die Schneemassen.
    In Windeseile war die Bergrettung vor Ort, auch 21 Skilehrer aus Stuben trafen kurz nach dem Lawinenabgang am Unglücksort ein. Ich wurde von meinem Kollegen Werner mit dem Auto vom Skischulbüro abgeholt und nach Rauz gefahren, von dort

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