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Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Titel: Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
Autoren: Willi Mathies
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Berühmtheit werden würde, hätte ich selber nie für möglich gehalten.
    Die Vorstellung, dass dieses arme Gebirgsdorf einmal Jahr für Jahr von begeisterten Wintersportfans bevölkert würde, die am Abend in einer kleinen Wirtsstube Après-Ski bis zum Morgengrauen feiern, war völlig abwegig. Die braven Stubner gingen früh zu Bett, schufteten von morgens bis abends, Vergnügen kannte man hier nicht. »Auf der Alm, da gibt’s koa Sünd!« Diese Zeiten änderten sich vor allem in den 1960er-Jahren, als meine Skilehrerkarriere begann.
    Früher rumpelten hier klapprige Fuhrwerke über die Wege, heute stehen Nobelkarossen auf dem Hotelparkplatz. Coole Skilehrer wie ich, die ihre Sonnenbrillen höchstens zum Schlafen absetzten, beherrschten das Dorfbild. Wir waren die Kings, und ich setzte dem Ganzen noch die Krone auf, indem ich mal lässig einem Porsche, mal einem Lamborghini entstieg.
    Bevor ich erzähle, was mir in meinen 70 Jahren so alles passiert ist, möchte ich euch dieses Gebirgsdorf und seine Geschichte vorstellen, nur so kann man mein Leben verstehen, denn beides ist untrennbar miteinander verbunden:
    Das kleine Örtchen liegt am Fuße des Arlbergs, einem 300 Meter höher gelegenen Pass, der die österreichischen Bundesländer Vorarlberg (Westen) und Tirol (Osten) miteinander verbindet.
    Nur eine Straße führt über Klösterle zu uns hinauf, die, hat man Stuben hinter sich gelassen (und das geht verdammt schnell), zum Flexenpass 300 Höhenmeter weiter nördlich führt. Über ihn erreicht man den Nobelskiort Zürs, mit dem ich, einer unerfüllten Liebe ähnlich, schicksalhaft verbunden bin. Aber dazu später mehr. Knapp 300 Höhenmeter talwärts von Zürs liegt Lech, ebenfalls ein berühmter Skiort für die »Schönen und Reichen«. Südöstlich, auf 1765 Meter, befindet sich St. Christoph, auch ein beliebter Wintersportort, und von dort 300 Höhenmeter tiefer ist St. Anton angesiedelt. Das sind die fünf Arlbergorte – und Stuben mittendrin ist der kleinste.
    Ringsum thronen felsig und zerklüftet der Trittkopf (2720 Meter), die Albona, unser 2391 Meter hoher Hausberg, die Schindlerspitze (2648 Meter) und natürlich die Valluga, mit 2809 Metern der höchste Gipfel im Arlberggebiet, genau auf der Grenze zwischen Vorarlberg und Tirol.
    In der fünfmonatigen Wintersaison strömen Ski- und Snowboardfreunde aus aller Welt hierher, besonders der europäische Hochadel hat die Arlbergregion in der Wintersaison fest im Griff. Aber auch Schauspieler, Rennfahrer und berühmte Popstars sind hier seit Jahrzehnten gern gesehene Gäste. Für die exklusiven Urlauber werden ganze Hotelflügel gemietet, jede Menge Extrawürste gebraten, und Helikopter fliegen die reichen Gäste morgens auf die Pisten, mittags zu ihrer Lieblingshütte und abends zurück ins Tal. Der Champagner fließt in Strömen, kulinarisch bleiben keine Wünsche offen. Es gibt Austern, Kaviar und Hummer im Überfluss, aber auch knusprigen Schweinsbraten, dicke Knödel und warmen Topfenstrudel.
    Dabei war die Region mal bitterarm. Besonders das kleine Stuben. Unten im Tal duckten sich früher lediglich eine Hand voll einfache Häuser an die mächtigen Felswände, es gab ein paar Viehställe und eine kleine Kapelle, an der Pilger, Kaufleute und Wanderer stille Einkehr hielten. Die Menschen ernährten sich von dem, was sie selber erwirtschafteten. Und das war beileibe nicht viel.
    Das Leben hier war schon immer abhängig von den widrigen klimatischen Verhältnissen und wirtschaftlichen Gegebenheiten, die sich aus der besonderen geografischen Lage ergaben.
    Angefangen hat alles im Jahre 1330, als Stuben zum ersten Mal erwähnt wurde. Johanniter errichteten hier für Reisende Schutz und Wärme bietende Unterkünfte, bevor sie den beschwerlichen Arlbergpass überquerten. Später zu Habsburer Zeiten wurde der Ort »des Kaisers größte Stube« genannt. Der Name Stuben stammt nach Überlieferungen also tatsächlich von der Bezeichnung »Wärmestube« ab. Die alten Hütten wurden leider von Lawinen zerstört. Diese immer wiederkehrenden Naturereignisse sind für uns ein großes Übel, von dem ich aber noch ausführlich berichten werde.
    Im 13. und 14. Jahrhundert waren die Stubner als Säumer tätig, sie erledigten über die Passhöhe am Arlberg den Warentransport zwischen Tirol und Vorarlberg.Später profitierten sie als Fuhrleute vom florierenden Salzhandel zwischen Innsbruck und der Schweiz, dann wurde Stuben für fast ein ganzes Jahrhundert lang kaiserliche
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