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Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Titel: Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
Autoren: Willi Mathies
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Andenken hatte er mir also doch hinterlassen. Dafür hielt schon nach kurzer Zeit ein anderer Autofahrer, erkundigte sich nach meinem Wohlbefinden und rief sofort die Polizei. Da hockte ich nun am Straßenrand und wartete. Der wievielte Unfall in meinem Leben war das eigentlich? Hatte ich nicht so langsam mal die Nase voll davon?
    Als endlich die Polizei anrollte, interessierte sie zuerst, ob ich Verletzungen hätte. »Alles okay, es ist nichts passiert.«
    Das war natürlich total untertrieben, aber zu diesem Zeitpunkt bemerkte ich die Schmerzen kaum, was ich sicherlich einem extrem erhöhten Adrenalinspiegel zu verdanken hatte. Ich beschrieb den Unfallhergang mit einem silberfarbenen Mercedes, das Nummernschild hatte ich mir leider nicht gemerkt, und dann konnte ich weiterfahren.
    Im Hotel angekommen erlebte ich mein blaues Wunder. Denn als ich mich aus meiner ramponierten Lederkluft schälte, spürte ich jeden einzelnen Knochen. Es hatte mich gewaltig erwischt. Über Nacht erblühten Blutergüsse in den schillerndsten Farben, und am nächsten Tag plagten mich brutale Schmerzen. Ich hatte zum Glück eine Packung mit starken Schmerzmitteln im Gepäck, von denen ich alle vier bis fünf Stunden eine nahm. Beim Anblick meines linken Beines schwante mir Schreckliches, es sah vollkommen zertrümmert aus, aber was genau damit nicht in Ordnung war, konnte ich natürlich nicht sagen. Meiner Meinung nach war alles kaputt – und die Ärzte würden später ebenso urteilen.
    Da lag ich auf meiner Trauminsel im Hotelbett und fluchte: Ich hatte sämtliche Kreditkarten bei mir. Man hätte mich bequem mit dem Rettungshubschrauber in ein österreichisches Krankenhaus fliegen können, aber ich wollte unbedingt meine Gold Wing mit nach Österreich nehmen! Selber schuld, Willi Mathies. Ich quälte mich weitere 48 Stunden, aber der echte Höllentrip wartete noch auf mich: die Heimreise.
    Am Abend schifften wir uns in Olbia ein, und in der Früh erreichten wir Genua. Das war der komfortable Teil der Reise, nun musste ich mich aber auf mein geliebtes Motorrad setzen und die 500 Kilometer zurück nach Bludenz fahren. Doch die Aussicht aufs Ankommen ließ mich tapfer durchhalten, obwohl die Schmerzen nicht zum Aushalten waren. Meine Kollegen aus dem Motorradclub halfen mir, so gut es eben ging, und nahmen große Rücksicht auf mich. (An dieser Stelle möchte ich mich bei allen, die in Sardinien dabei waren, für die gute Kameradschaft bedanken!)
    In Bludenz angekommen schickte ich ein Stoßgebet zum Himmel und wollte nur eins: ins Bett! Doch kaum hatte ich humpelnd und jammernd unser Haus betreten, da führte mein Sohn mich schon wieder hinaus: »Wir fahren sofort nach Schruns ins Krankenhaus! Die kriegen das schon wieder hin!« Doch so leicht war das nicht. In diesem Zustand konnte man mich nämlich nicht sofort operieren, ich hatte zu viel gestautes Blut in beiden Beinen. Erst am zweiten Tag versuchten die Ärzte in der Schrunser Klinik mich wieder zusammenzuflicken. Da hatten sie einiges zu tun: Auf sie wartete eine Knöchelzertrümmerung, ein Wadenbeinbruch, Innenband- und Kreuzbandriss sowie eine Ellbogen- und Schulterverletzung. Bei Verlesung der gesamten Diagnose wurde mir schlecht, damit hatte ich Hunderte von Kilometern auf einem Motorrad gesessen. Dr. Schenk brachte es nach der OP auf den Punkt: »Willi, du hattest alles kaputt, was kaputt gehen konnte! Aber eines muss ich betonen: Was dir widerfahren ist, überlebt unter Hundert nur einer!«
    Ich war am Boden zerstört, zwar hatten sie mich wieder einigermaßen zusammengeflickt, aber nun war ich komplett außer Gefecht gesetzt. Sommerliches Motorradvergnügen konnte ich vergessen, und in der kommenden Wintersaison würde ich ganz bestimmt nicht Tiefschnee fahren. Doch ich war in der Klinik in den besten Händen, und dank der guten Pflege meiner Frau ging es ganz langsam aufwärts.
    Ein paar Monate später, im Oktober, musste ich erneut unter’s Messer. Die Titanschiene, die den Knöchel und das Wadenbein verschraubte, wurde entfernt, was den Heilungsprozess noch einmal verzögerte. Bis zum Ende des Jahres ging es mir sehr schlecht. Insgeheim hatte ich gehofft, vielleicht doch auf Skiern stehen zu können, aber das war reines Wunschdenken.Immer wieder probierte ich es, aber erst im März 2012 klappte es.
    Ich war nun bald 70 Jahre alt, und während andere Opas mit ihren Enkelkindern auf Spielplätzen Sandburgen bauten, kurvte ich auf einer Honda Gold Wing durch Sardinien, ließ
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