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Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Titel: Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
Autoren: Willi Mathies
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sie mein Hinterteil.
    Doch schon am nächsten Tag bekam ich die Quittung (kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort …):
    Mit Fieber und wahnsinnigen Kopfschmerzen lag ich den ganzen Tag auf der warmen Ofenbank. Meine Eltern waren ratlos – und vor allem besorgt. Mit einer »normalen« Erkältung hatte das nichts mehr zu tun. Einen Arzt gab es in Stuben nicht, und deshalb wurde ich eiligst in das ehemalige Stadtspital Bludenz eingeliefert, denn ich war schon teilweise nicht mehr bei Bewusstsein. Die Diagnose war erschreckend: Ich hatte mir eine lebensbedrohliche Hirnhautentzündung zugezogen. Mein Abstecher als Feuerwehrmann in Zürs war zwar nicht die Ursache für meine Krankheit, denn dafür waren auch damals schon Viren oder Bakterien verantwortlich. Aber förderlich war er ganz sicher nicht. Nun kämpften die Ärzte um mein Leben: Mit Hilfe der Punktion wurde mir mehrfach Hirn-Rückenmarksflüssigkeit entnommen. Dazu wurde ich an Armen und Beinen festgeschnallt und litt wahnsinnige Schmerzen.
    Noch heute erinnere ich mich genau an diese furchtbaren Qualen. Ich, ein wilder, unbändiger 14-Jähriger, dem es nie schnell genug sein konnte, lag dort gefesselt. Mein Nacken steif, die Beine zum Teil gelähmt, trieben mich die entsetzlichen Kopfschmerzen in den Wahnsinn. Zum Glück hatte ich eine wunderbare Krankenschwester, Maria-Luise, die sich aufopferungsvoll kümmerte.
    Mein Vater besuchte mich fast täglich, obwohl die Fahrt ins Krankenhaus äußerst umständlich und beschwerlich war. Wenngleich auch ein sehr strenger Vater, so war er doch stets um seine Kinder bemüht. Voller Sorge lief er die vier Kilometer zum Bahnhof und fuhr dann mit der Bahn nach Bludenz. Und das Ganze wieder zurück. Meine Mutter kümmerte sich derweil um die Pensionsgäste und den kleinen Laden. Meine Geschwister erledigten am Abend die nötige Stallarbeit. Denn zu diesem Zeitpunkt arbeiteten neben meinem Vater auch meine beiden Brüder Rudi und Anton schon als Skilehrer in Zürs. Ich dagegen verbrachte die Zeit im Bett und stellte mir die rasantesten Abfahrten nur in meinen Fieberträumen vor.
    Nach sechsmonatigem Martyrium konnte ich dann endlich wieder nach Hause. Meine Eltern waren heilfroh, dass ich gesund zurück in Stuben war, und den Ärzten zu großem Dank verpflichtet, denn ihr jüngster Sohn war zwischenzeitlich dem Tod näher gewesen als dem Leben. Nun musste ich wieder zu Kräften kommen, im Bett gelegen hatte ich lange genug, und so wurde mir Bewegung an der frischen Luft verordnet.
    Inzwischen war es Sommer, und mein Vater schickte mich für drei Monate auf die Bludenzer Alpe. (Dort gab es zudem weniger Möglichkeiten, größeren Schaden anzurichten.) Ich sollte als Kleinhirte, zusammen mit dem Großhirten das Jungvieh hüten, melken und Käse herstellen. Ideale Bedingungen, die mir nach einem halben Jahr im Krankenhaus gut tun würden. Vater begleitete uns hinauf, gab letzte Anweisungen, dann stieg er wieder hinab und überließ uns unserem Schicksal. Ich war zwar genesen, doch noch immer plagten mich höllische Kopfschmerzen. Ich verbrachte den Tag im Freien und trieb die Kälber von einer Wiese auf die andere. Allmählich verbesserte sich meine Kondition, ich war nicht mehr so schnell außer Atem. Hatte ich anfangs große Schwierigkeiten gehabt, beim Käsen den langen Holzlöffel durch die dicke Milch zu führen, wurde es nun von Mal zu Mal leichter. Und das Melken per Hand kräftigte meine Arme. Am Ende des Sommers, als ich nach Stuben zurückkehrte, hatte ich eine gesunde Gesichtsfarbe und ein paar Pfunde mehr auf den Rippen, aber die Kopfschmerzen waren geblieben. (Das würde sich auch nicht mehr ändern, mein ganzes Leben sollten sie mich begleiten.)
    Es war die Zeit der Heuernte, und mein Vater arbeitete mit meinen Geschwistern auf den Weiden bei Gofri, oberhalb der Flexenstraße. Meine Mutter bat mich, ihnen das Essen hochzubringen, also stieg ich hinauf »ufs Goferi«. An diesem Tag waren die Kopfschmerzen besonders schlimm. Wie ein Nagel bohrte sich der Schmerz in mein Gehirn, dass mir die Sinne schwanden. Mit letzter Kraft und schon halb wahnsinnig erreichte ich die Weide und betrat die einfache Heuhütte mit der kleinen Küche, die für eine Rast oder zum Schutz vor Unwetter errichtet worden war. Und von da an weiß ich nicht mehr, was ich tat. Meine Schwester Inge berichtete später, sie fand mich gerade noch rechtzeitig, auf einem Stuhl stehend, mit einem Strick um den Hals. Diese rasenden Kopfschmerzen
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