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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier
Autoren: Peter J. Kraus
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seine Grenzeruniform straff gezogen. Wir lümmelten am Streifenwagen, Winston hatte einen Kaffee in der Hand, ich knabberte an einem Donut und beobachtete die Scheinwerfer, die erst auf die Rastplatzzufahrt zielten, dann beim Abbremsen den Boden beleuchteten und endlich mit einem kleinen Ruck wieder aufblickten.
    „Good morning!“ hörte ich, und schaute zu Doc. Der salutierte zackig, marschierte steif die zwei Schritte zum Autofenster und fragte höflich nach den Führerscheinen der Herren.
    Winston stellte seinen Kaffee vorsichtig auf die Motorhaube und zog die Maschinenpistole näher, ich schluckte den Rest des Donut und Doc hatte plötzlich eine Knarre in der Hand. Winston riss schon die Beifahrertür auf, zischte „raus“, und wedelte mit der MP.
    Der Fahrer stieg bei Doc aus, die beiden Herren auf der rechten Fahrzeugseite machten sehr vorsichtig ihre Türen auf, stiegen aus und ließen sich von Doc fesseln. Sie bildeten ein Dreieck, die Herren, und Doc klickte eine vierte Handschelle um ein Handgelenk des Dürren, befestigte die andere Hälfte am Türgriff und wünschte den Herren einen schönen Rest des Vormittags.
    Während ich die sechs Koffer aus dem Gepäckraum des Autos in unseren Streifenwagen transferierte, zog der uniformierte Arzt die Sperren von den Freeway-Fahrspuren, klappte sein Pult wieder zusammen und warf es zu den Koffern, sagte kurz „OK“ ins Mikrofon der Funkanlage und ließ den Streifenwagen an.
    Winston hatte die beiden grellen Scheinwerfer ausgeschaltet, ließ das Standlicht des überfallenen Autos an, damit keiner draufbrummt, und fragte mich, ob ich die beiden Koffer im Passagierraum gelassen hatte.
    „Habe ich.“
    Drei Minuten vor drei. Doc fuhr auf den Freeway, bog hinter der Kurve, schon in Sichtweite der Grenze, auf die letzte amerikanische Ausfahrt und unterquerte den Freeway.
    Genau drei Uhr.
    Er wartete mit laufendem Motor, bis ein Kleinlaster über die Freewaybrücke fuhr, knipste den Blaulichtschalter an und beschleunigte das schwere Auto die Auffahrt hoch. Er reihte sich hinter den gelben Kleinlaster ein und gab ihm einen kurzen Jaulton aus der Sirene. Der Fahrer signalisierte, dass er verstanden habe. Er verlangsamte die Fahrt, aber etwas zu früh. Doc fuhr neben das Auto, Winston winkte es zur Seite und bedeutetet dem Fahrer, er solle langsam weiterfahren. Wir ließen ihm eine halbe Autolänge Vortritt, bis am Fahrbahnrand in hundert Meter Entfernung Menschen zu sehen waren. Viele Menschen. In Uniform, mit Streifenwagen und einem vergitterten Kastenwagen.
    Doc gab dem LKW einen leichten Stupser, der Fahrer kapierte und hielt vor den vielen Menschen. Doc hupte, Winston winkte, und ich sah Kofi zurückwinken. Dann war die Fahrbahn vor uns wieder dunkel und Doc schaltete die Sirene ein. So schnell war ich noch nie von San Diego nach Escondido gekommen.
     
    In einem kleinen Industriepark am Rande des Freeways stand ein International DuraStar mit offenem Rolltor und zwei heruntergelassenen Alu-Rampen. Doc fuhr den Streifenwagen hinein, wir stiegen im Möbelwagen aus, reichten die Koffer an Cornell und Horace, die sie im bereitstehenden Lincoln verstauten.
    Die Uniformen und Docs Schnauzer kamen in einen Wäschesack, der ebenfalls im Lincoln-Kofferraum Platz fand. Winston schob inzwischen die Rampen in den Laderaum des Möbeltransporters und zog das Rolltor zu.
    Horace ließ den Lastwagen an, Winston setzte sich zu Doc und mir in den abgedunkelten Fond der Limousine und Cornell folgte Horace vom Hof des Industriegeländes.
    Kurz vor vier. Der erste Berufsverkehr rollte schon von den nördlichen Stranddörfern nach San Diego hinunter, der Verkehr aus Mexiko nahm zu.
    Horace bog auf die nächste Abfahrt nach San Diego. Er würde den Truck mit Inhalt bei einem von Winstons Geschäftsfreunden abliefern, dessen Werkstatt in wenigen Stunden aus jedem Auto ein komplettes Ersatzteillager machte – jedes Teil dampfstrahlgereinigt, mit Teilenummer versehen und in riesigen Regalreihen versandbereit untergebracht. Horace würde mit dem Zug nach Oxnard kommen. Wir würden vor Silver Strand nicht anhalten.
     
    Ich hatte gestaunt, als mir Winston zwei Wochen zuvor einen Raubüberfall vorschlug. Ist ja wirklich nicht mein Ding, und ich lehnte entsetzt ab, doch er bat darum, ausreden zu dürfen. Ich machte es mir also im Sessel bequem und horchte.
    Seine Tochter hatte uns in Mutters Privaträume gebracht, hatte eine gewaltige Kanne Kaffee hingestellt und eine ganze Dose
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