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~900 Meine Reise auf dem spanischen Jakobsweg. (German Edition)

~900 Meine Reise auf dem spanischen Jakobsweg. (German Edition)

Titel: ~900 Meine Reise auf dem spanischen Jakobsweg. (German Edition)
Autoren: Dennis Welz
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genau übersetzen. Eine Anfeuerung.
    Viele ständige Begleiter säumen meinen Weg. Kleine Vögel und Schmetterlinge in allen Farben. Schnecken mit und ohne Haus. Wegmarkierungen in allen Varianten – Pfeile und Muscheln, an Wänden, auf dem Boden, an Ampeln, Laternen, Steinen oder Mauern. Unten und oben und manchmal gut versteckt. Mal ganz einfach, mit Kreide gemalt, mal golden in die Straße eingelassen, mal aus Steinen gelegt. Dann auch Steinhäufchen, die der Physik zu widersprechen scheinen. Dazu noch ‚Buen Camino’ Graffitis, Gedichte und Grüße an nachfolgende Pilger oder an verlorene Freunde ‚hasta Santiago’ oder noch ferner ‚ hasta Finisterre’.
     
    Im Kopf gehe ich durch, was ich alles bei mir habe, damit ich nichts vergesse, habe irgendwie das Gefühl, etwas sei verloren gegangen. Ich kann noch nicht fassen, was es ist. Halte an. Durchwühle den Rucksack. Dann weiß ich es. Das Handtuch hängt am Bettpfosten der letzten Herberge … mehr als zehn Kilometer von hier entfernt, den Weg zurück. Hoffentlich hat jemand es mitgekommen, Bernie ist als letztes gegangen. Mit etwas Glück, hat sie es dabei.
    Leider hat Najera, mein Ziel für heute, zwei oder mehr Herbergen. Wohin wird Bernie gehen, wird sie überhaupt dort übernachten? Wie soll ich nun duschen?!
     
    Vor der Herberge sitze ich im Gras, im Schatten eines Baumes, betrachte meine Situation von allen Seiten, dann mich selbst. Die Entzündung am Ringfinger eitert etwas. Meine Haut am linken Arm ist von der Sonne verbrannt, stückweise fällt sie schon ab. Eigentlich müsste ich zwischendurch rückwärtsgehen um gleichmäßig bestrahlt zu werden. Vielleicht würde ich dann auch sehen was ich in der Herberge liegen ließ . Über diesen Gedanken muss ich lange lachen. Eiterblase, Mückenstiche die dick angeschwollen sind, kaputte Füße, kaputtes Knie, ein wenig komme ich mir vor wie der berühmte Glöckner.
     
    Als die Herberge öffnet suche ich mir schnell ein Bett unten. Sie bieten mehr Stauraum (Pilgerstab unters Bett) und die Möglichkeit mitten in der Nacht aufzustehen, ohne Drahtseilakt. Außerdem sind die Betten mal wieder recht schmal. Sie wackeln hin und her, steigt jemand die Treppe herauf, oder man sich im Schlafe dreht. Geländer gibt es keine. Liegt man oben, ist man versucht sich krampfhaft festzukrallen um nicht aus mehr als einem Meter Höhe auf den Boden zu knallen.
     
    „Hey, ich hab dir was mitgebracht!“ ruft Bernie mir entgegen, reicht mir mein Handtuch und verschwindet wieder. Meine Freude ist groß. Leider werde ich es ihr nicht danken können. Es ist das letze Mal, dass ich ihr auf dem Weg begegnet bin. Auch wenn ich es in dem Moment noch nicht ahne, weil ich einfach zu glücklich bin, dass mein Tag auf diese Weise gerettet wurde.
    Nach dem Duschen gehe ich einkaufen, ein kleiner Laden verkauft Früchte, Obst, Gemüse, diverse andere Kleinigkeiten. Wieder einmal wird das große Schild übersehen, das in deutlicher Bildsprache zu verstehen gibt: ‚ Nicht anfassen!‘ . Jemand nimmt einen Apfel – ohne zu fragen. Über die wütende Reaktion des Ladenbesitzers schütteln die deutschen Pilger den Kopf. Eine leidige Erfahrung: Manche Menschen verhalten sich auf dem Jakobsweg wie Touristen, nicht wie Pilger. Da wird gemeckert über die Qualität der 3€-Herberge. „Wie in einem Keller“ schimpft Bernd. Ich denke mir: s chön dunke l und schlafe gemütlich. Dann wird sich über das teure Frühstück aufgeregt. Über den zu kleinen Kaffee, der ohne Milch viel zu stark sei. Darüber, dass die Läden keine festen Öffnungszeiten zu haben scheinen. Oder dass Herbergen und Kirchen manchmal zehn Minuten später öffnen als angeschrieben.
    „Die Ladenbesitzer sind viel zu langsam“ wettert Karl-Heinz, während ich froh bin, dass es so langsam geht. Endlich mal keine Hektik. Anders als jeder Alltag in der Heimat.
    „Die Barbesitzer sind unfreundlich und sowieso sprechen alle Spanier viel zu schlecht englisch “ regt sich Barbara auf. Ich schüttle den Kopf über solche Aussagen. Dann zücke ich mein Wörterbuch und bin dankbar, wenn die Einheimischen versuchen langsam zu reden.
     
    Schon ist es wieder Zeit alles für die Nacht zu bereiten. Leider wird es eine sehr unruhige. Elektronische Spielzeuge piepsen, vibrieren und leuchten um die Wette. Es ist viel zu warm. Unter mir schnarcht der nette Bänker sich durch meine Ohropax hindurch. Ich nehme sie wieder heraus, sie stören nur und helfen wenig gegen diese
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