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~900 Meine Reise auf dem spanischen Jakobsweg. (German Edition)

~900 Meine Reise auf dem spanischen Jakobsweg. (German Edition)

Titel: ~900 Meine Reise auf dem spanischen Jakobsweg. (German Edition)
Autoren: Dennis Welz
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zur nächsten Apotheke zu laufen. Sie ist nur fünf Minuten entfernt. Dass es in Spanien anders aussehen könnte, wer denkt denn auch an so was! Fern von der mir so bekannten und sicheren Heimat zu sein fällt mir deutlich schwer. Die einfachsten Dinge wirken so schwierig. Gesund zu bleiben. Sollte ich doch lieber noch eine Schutzimpfung … der Apotheker lacht. Wahrscheinlich über mich. Mein Fahrrad quietscht als ich heimfahre. 5 Minuten Fußweg erscheint mir daheim schon so weit, dass ich lieber fahre. Ich lache. Über mich selbst.
     
    Donnerstag: Seit Tagen habe ich alles liegen gelassen und lasse mich durch die Stunden treiben. Was genau ich gestern eigentlich gemacht habe weiß ich nicht mehr. Sicher, ich habe gewogen und umgepackt (mal wieder), der Rest meines Tuns jedoch ist aus meinen Erinnerungen verloren gegangen. Viel Zeit habe ich mit Gedanken verbracht. Gedanken, die sich nicht auf Papier bannen lassen wollten. Sie haben sich meiner Feder entzogen.
    Was mich alles auf dem Jakobsweg erwartet ist ungewiss. Trotz aller Vorbereitungen begleitet mich Angst genauso wie Hoffnung und Freude. Es gilt einiges für mich zu bedenken, Probleme die mich schon lange beschäftigen. Was macht mich aus? Wo will ich hin? Wie will ich leben? Wie will ich lieben? Was bedeutet die Sehnsucht, die mein Herz jeden Tag erfüllt? Ob ich diese in Spanien auf dem Weg besser lösen kann als daheim weiß ich nicht.
    Nachdem ich so lange jede Kleinigkeit geplant habe, entschließe ich mich dazu es nun ruhen zu lassen. Es gibt keine Ruhe für mich, so lange die Sorgen in meinem Kopf geistern. So sehr habe ich mich daran gewöhnt alles in meinem Leben kontrollieren und planen zu können, zumindest in einem gewissen Maße. Auf den Jakobsweg will ich mich einfach treiben lassen und sehen was passiert. Ob ich das kann? Ich lese mir meine letzten Tagebucheinträge selbst durch und bin entsetzt. Ich bin ein Kontrollfanatiker. Na das kann auf dem Weg heiter werden , denke ich mir und gehe zu Bett. Die Nacht wird unruhig. Die Träume wirr und schwarzweiß.

18.08.08 Ein Abschied, zwei Bananen
    Der Abschied von Susanne ist schwer. Sehr schwer sogar. Es ist selten, dass ich Tränen vergieße. Jetzt wollen sie sich genährt von meiner Melancholie und meiner Heimatliebe einen Weg suchen. Noch kämpfe ich erfolgreich mit ihnen, auch wenn man es mir wohl ansieht. Der Tag ist an mir vorübergeflogen, so wie das letzte Jahr an mir vorübergeflogen ist. Irgendwann 2007 habe ich den wirren Entschluss gefasst mich auf den Weg zu begeben. Eine seltsame Sehnsucht, die ich mir selbst nicht erklären kann hat mich hierhin getrieben, wo ich jetzt stehe. ICE nach Paris. Über Nacht. Kein Schlafwagen. Ein Teil von mir möchte hier bleiben, jetzt, wo es kein Zurück mehr gibt. Doch hier zu bleiben wäre falsch, es wäre ein Verrat meiner eigenen Wünsche. Die Tränen drängen nicht mehr so sehr nach außen, als ich mir dieses wie ein Mantra vorbete. Ich bin hier, weil ich hier sein möchte. Ich gehe, weil ich gehen will, weil ich meiner Sehnsucht folgen muss. Zu oft habe ich schon von den Momenten in Spanien geträumt, als dass ich sie nun ungeschehen verfliegen lassen würde. Hätte ich nicht alles schon gebucht, wer weiß, vielleicht würde meine Entscheidung sich noch ändern, jetzt in der letzten Sekunde. Mein Herz ist so sprunghaft.
    Wird alles gut? Das wird sich wohl erst am Ende meiner Reise zeigen, wenn überhaupt. Jetzt kann ich mir nur bei meiner eigenen Verwirrtheit zusehen. Dann ganz plötzlich der Aufbruch – ich steige in den Zug ein. Die letzten Sekunden bevor es los geht rasen plötzlich an mir vorbei, mein Herz setzt aus. Als würde ich auf einer Bühne stehen. Die größte Angst vor dem Auftritt ist kurz bevor der Vorhang zur Seite geht. Dann ist Ruhe, dann ist Stille.
     
    Das gleichmäßige Ruckeln, die Geräusche des Zuges, sie vermögen es heute nicht so recht mich einzuschläfern. Landschaften ziehen vorbei wie Gedanken. Beide kann ich nicht fassen, nicht richtig wahrnehmen. Wie sehr es doch der eigene Kopf vermag ganz eigene Welten, mit eigenen Gesetzen und eigener Zeit zu schaffen. Auf den ersten Schritt zu warten ist jetzt gerade wie eine Ewigkeit.
    Zwei Mädchen aus Russland sitzen mir gegenüber, wohin genau ihre Reise geht erfahre ich nicht. So gerne ich mich sonst mit fremden Menschen unterhalte, heute finde ich keine Worte. Sie schälen Bananen von unten nach oben, um, so lerne ich, die lästigen Stränge zu vermeiden, die
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