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900 Großmütter Band 2

900 Großmütter Band 2

Titel: 900 Großmütter Band 2
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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faszinierend. Sie waren höflich und polyglott und in mancher Hinsicht menschlicher als die Menschen.
    Auf dem Analos war der Pater Gast eines prominenten Bürgers namens Landmaster. Hier stieß der Priester, als er von seiner Mission sprach, zunächst gegen eine Wand.
    »Ich sehe schon, wohin das führen würde, Priesterlein«, sagte Landmaster, als sie die Situation besprochen hatten; »es könnte sogar recht ärgerlich für uns werden – wenn wir uns jemals von irgend etwas ärgern ließen, wenn wir nicht das Entwicklungsstadium durchschritten hätten, in dem Ärgernis noch möglich ist. Solange ihr eure Tätigkeit auf Erdbewohner beschränktet, und auf solche, die von diesen abstammen, solange gab es kein Problem. Glücklicherweise fallen wir aber nicht unter diese Kategorie. Unter solchen Umständen sehe ich nicht, wie deine gegenwärtigen Bestrebungen irgend etwas mit uns zu tun haben könnten.«
    »Ihr Analoi seid empfindungsfähige Geschöpfe von großer natürlicher Intelligenz, Landmaster. Somit ist es sogar durchaus möglich, daß ihr Seelen habt.«
    »Wir besitzen voll realisierte Seelen. Was könn tet ihr Menschen uns geben – uns, die wir die Grenzen des Menschentums überschritten haben?«
    »Die Wahrheit, den Weg, das Ewige Leben, die Taufe.«
    »Wir besitzen die ersten drei in erheblich größerem Maße als ihr selbst. Das letztgenannte ist der verworrene Ritus einer sterbenden Sekte – was könnte der uns wohl bedeuten?«
    »Vergebung eurer Sünden.«
    »Aber wir haben keine Sünden. Das ist ja der Kernpunkt unseres Wesens. Darüber sind wir lange hinaus. Ihr Menschen seid noch unbeholfen und daher von Schuldgefühlen geplagt. Ihr seid von einer Spezies, die noch keine Reifeform besitzt. Vielleicht sind statt dessen wir Analoi eure Reifeform. Die Idee der Sünde ist nur ein Aspekt eurer frühen kindlichen Unbeholfenheit.«
    »Jeder hat Sünden, Landmaster.«
    »Nur nach eurer eigenen kindischen Lehre, Priesterlein. Und derzufolge wirst du sagen, daß alle Wesen gerettet werden müssen – ausgerechnet von euch, einer Rasse von stutzohrigen, plattgesichtigen Kindern!
    Aber überlege dir bitte, wie bedeutungslos das in bezug auf uns Analoi ist! Wie sollten wir überhaupt sündigen können? Unsere Vermehrung vollzieht sich nicht mehr nach dem grotesken Muster der eurigen; sie ist ohne Leidenschaften. Du siehst also, daß allein damit schon neunzig Prozent eurer Sünden wegfallen.
    Was noch? Welche anderen Gelegenheiten – wenn das Wort die Sache trifft – haben wir zur Sünde? Wir kennen keine Armut, keine Gier, keinen Neid. Unser Stoffwechsel ist so geregelt, daß weder Faulheit noch hysterische Aktivität möglich sind. Wir sind schon längst in allen Dingen zum absoluten Gleichgewicht gelangt, und ›Sünde‹ ist nichts anderes als ein Zustand mangelnden Gleichgewichts.
    Ich habe es vergessen, Priesterlein – welches sind die ›Sünden‹ der kindischen Rasse?«
    »Stolz, Begehrlichkeit, Wollust, Zorn, Gefräßigkeit, Neid, Faulheit«, sagte Pater Barnabas. »Das sind die sieben Todsünden. Alle anderen kommen von diesen her.«
    »Gesprochen wie ein tapferer kleiner Nachbeter. Und alles was besteht, hat seine Quelle. Doch du siehst, wie völlig uns diese sieben Stolpersteine für kleine Kinder abgehen. Stolz ist ein Mißverständnis über die Natur der Vollendung; Begehrlichkeit verschwindet, wenn man alles erlangt hat, was es zu begehren gibt; Wollust ist das Anhängsel einer Einrichtung, die bei uns ihre Entsprechung nicht mehr hat. Zorn, Gefräßigkeit, Neid und Trägheit sind nur Funktionsstörungen. Alle Funktionsstörungen lassen sich anpassen und korrigieren; wir haben sie korrigiert.«
    Pater Barnabas war für den Augenblick geschlagen, und er ließ seinen Geist wandern. Er schaute über die Landschaft des Analos.
    Ein früher Entdeckungsreisender hatte seine Eindrücke von dieser Welt mit folgenden Worten wiedergegeben:
    »Es war, als ginge ich unter Wasser«, schrieb er. »Nicht daß ich irgendwelche Hemmungen oder einen Widerstand verspürte, denn die Atmosphäre ist dünner als die der Erde. Es kam von einem Flattern und Schwanken der Luft selbst, und von den ›Luftschatten‹ (nicht Wolken), die hoch oben entlangziehen, so wie man auf dem Meeresboden die fliegenden Schatten der oben dahinrollenden Wellen vorüberziehen sieht. Dieser Effekt vermittelte mir (im Verein mit der Pflanzenwelt, die sehr stark an die Unterwasserflora erinnert, nur daß sie freiste hend wächst) das
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