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900 Großmütter Band 2

900 Großmütter Band 2

Titel: 900 Großmütter Band 2
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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jedermann in Frieden leben können. Dieser Marsilies hatte in Saragossa die Christen schon lange als gleichberechtigt behandelt; und nunmehr würde auch der Islam freie Bahn ins Fränkische Reich haben. Marsilies schenkte Karl dreißig Gelehrte (Moslems, Juden und Christen) sowie eine Anzahl spanischer Maultiere, um den Handel zu besiegeln. So hätten sich die beiden Kulturen gegenseitig befruchten können.
    Aber bei Ronceval war der Weg versperrt. Dort geriet die Nachhut Karls des Großen auf dem Rückweg nach Franken in einen Hinterhalt und wurde versprengt. Unter den Angreifern waren mehr Basken als Moslems, aber Karl machte das Tor an den Pyrenäen zu und schwor, in Zukunft nicht einmal mehr einen Vogel über die Grenze zu lassen. Er sperrte den Paß; desgleichen taten seine Söhne und Enkel. Jedoch indem er sich gegen die mohammedanische Kultur abschloß, riegelte er auch seine eigene Kultur ab. In seinen späteren Jahren versuchte er, eine Kultur-Renaissance in die Wege zu leiten – mit Hilfe eines zusammengewürfelten Haufens irischer Halbgelehrter, griechischer Vagabunden und römischer Kopisten, die grade noch eine blasse Ahnung vom alten Rom besaßen. Die reichten zwar für eine Wiederbelebung der Kultur nicht aus, aber Karl kam einer solchen immerhin nahe. Wäre die Tür zum Islam offengeblieben, so wäre schon damals eine echte Renaissance der Bildung und Wissenschaft möglich gewesen, und nicht erst vierhundert Jahre später. Wir werden nun bewirken, daß dieser Überfall von Ronceval nicht stattgefunden hat, so daß die Tür zwischen den beiden Kulturen offen blieb. Dann werden wir sehen, was passiert.«
    »Gleich einem Räuber schleicht er ein«, zitierte Epikt.
    »Wer ist ein Räuber?« fragte Glasser.
    »Ich«, sagte Epikt. »Wir alle hier sind Räuber und Einbrecher. Es ist aus einem alten Gedicht, ich habe den Autor vergessen. Er ist unten in meinem Haupt-Gehirn registriert, falls ihr daran interessiert seid.«
    »Als Ausgangspunkt haben wir einen Basistext des Historikers Hilarius vorliegen«, fuhr Smirnow fort. »Wir sehen ihn uns sorgfältig an; wir müssen uns genau daran erinnern können, wie er jetzt lautet. Ich glaube, daß die Worte auf der betreffenden Seite sich unter unseren Augen verändern werden, in dem Moment, da wir tun, was wir zu tun vorhaben.«
    Der in dem geöffneten Buch angestrichene Absatz lautete folgendermaßen:
    Gano, der Verräter, spielte ein doppeltes Spiel und mietete mit dem Gelde des Kalifen von Cordoba eine Anzahl baskischer Christen, die (als saragossische Mozaraber verkleidet) der Nachhut des französischen Heeres einen Hinterhalt legen sollten. Dazu war es erforderlich, daß Gano mit den Basken Verbindung hielt und gleichzeitig dafür sorgte, daß die Nachhut der Franken in Verzug geriet. Gano diente den Franken als Führer und Pfadfinder. Der Plan gelang. Karl verlor seine spanischen Maultiere. Und er schloß das Tor zur Welt der Moslems.
     
    Soweit der Text nach Hilarius.
    »Wenn wir jetzt, wie die Dinge liegen, auf den Knopf drücken (es genügt, wenn ich Epiktistes zunicke), dann wird sich das verändern«, sagte Gregor. »Epikt wird mittels eines Komplexes von Schaltungen, den er akkumuliert hat, einen Avatar aussenden (der zum Teil mechanischer, zum Teil geisterhafter Struktur ist), und dem Verräter Gano wird an irgendeinem Abend, bei Sonnenuntergang, auf dem Wege nach Ronceval irgend etwas passieren.«
    »Ich hoffe, der Avatar ist nicht zu teuer«, sagte Willy McGilly. »Als ich ein Junge war, machten wir sowas mit einem selbstgeschnitzten Wurfpfeil aus dem Holz der Glatt-Ulme.«
    »Witze sind hier nicht angebracht«, protestierte Glasser. »Wen haben Sie denn überhaupt als Junge getötet, Willy?«
    »Eine ganze Menge. Den Mandschu-König Wu, den Papst Hadrian VII., Marcel, den König der Au vergne, den Philosophen Gabriel Toeplitz. Ganz gut, daß wir sie erwischt haben. Ein übler Haufen.«
    »Aber ich habe nie etwas von denen gehört, Wil ly«, bohrte Glasser.
    »Natürlich nicht. Wir haben sie ja umgebracht, als sie noch klein waren.«
    »Genug von diesem Geblödel, Willy!« schnitt Glasser die Debatte ab.
    »Willy blödelt keineswegs«, sagte die Maschine Epikt. »Was glaubt ihr denn, wo ich die Idee her habe?«
    »Schauen Sie sich doch die Welt an«, sagte Aloysius sanft. »Wir erblicken hier unsere mittelgroße Heimatstadt mit ihrem halben Dutzend Türmen aus pastellgetönten Ziegeln. Wir werden ja sehen, ob sie wächst oder schrumpft. Wenn die
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