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900 Großmütter Band 2

900 Großmütter Band 2

Titel: 900 Großmütter Band 2
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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meinen anderen Fahrgast an seinen Ort bringen, während ich es ausknobele. Das hier ist seine letzte Fahrt und daher eine wichtige Fahrt.«
    »Wieso ist das deine letzte Fahrt?« fragte der Pater den Nachdenklichen. Konversation war in einem solchen Taxi unvermeidbar. Das Gegenübersitzen war zu direkt, um sich anschweigen zu können.
    »Oh«, sagte der Mann, »meine Zeit ist gekommen. Ein bißchen früher als bei den meisten. Ich habe den Becher ausgetrunken, und es ist nichts mehr drin. Es war ein ganz nettes Leben – ja, ich glaube schon. Hätte eigentlich mehr davon erwartet, aber ich sehe jetzt, daß das falsch war. Ein erwachsener Mensch muß wissen, wann Schluß ist. Und sie machen hier tatsächlich einen sauberen Schluß mit einem.«
    » Deus meus, endet das so auf dem Analos?«
    »Wie sonst? Der natürliche Tod ist so weit zurückgedrängt, daß keiner daran denken könnte, auf den zu warten. Sollen wir etwa unser Leben bis zum letzten Rest ausleben, so daß wir schließlich zu verkürzten und immer schwächeren Wiederholungen unserer selbst werden, wie bei den niederen Rassen? Wenn man merkt, daß man alles gehabt hat, tritt man eben ganz ruhig ab.«
    »Aber das ist Verzweiflung!«
    »Ein Klein-Jungen-Wort für eine Klein-Jungen-Sache. Termination in Würde – das ist die einzig mögliche Art. Meinen Gruß an euch beide! Und an alle!«
    Der Nachdenkliche stieg aus und ging in den Terminator.
    »Also wie war der Name von dem Dingsda, wo du hinwolltest, Fremder?« fragte der Taxifahrer den Pater.
    »Schon gut. Vielleicht hab ich’s schon gefunden. Ich gehe zu Fuß zurück.«
    Hier war etwas, das dringend einen Namen brauchte.
    Er ging, bis er an den Häusergürtel gelangte, und die Gebäude verzerrten sich ihm, als er näherkam. Die Bauwerke des Analos erscheinen aus der Nähe birnenförmig, und in der Tat sind sie auch ein bißchen in dieser Art gebaut. Doch aus der Ferne wirken sie, auf Grund einer Varietät der hiesigen Atmosphäre, die von den Erd-Meteorologen als Cumulus-Effekt bezeichnet wird, normal und grade. Die wenigen Gebäude, die nach irdischen Plänen gebaut sind, wirken von weitem wie eingeklemmt, fast als wollten sie zusammenbrechen. Aber beim Anblick der spitzbäuchigen analotischen Gebäude kam sich der Pater völlig fremd vor. Er war verloren in dieser Welt und redete laut mit sich selber:
    »Oh, wo sind die lieben alten Sünden, die man aufspüren und anprangern kann! Für mich ist die Termination eben nicht die einzig mögliche Art, und Würde bedeutet mir ganz etwas anderes. Wo gibt es hier Menschen, die wie Menschen sündigen? Gibt es denn hier nirgends einen gesunden Fall von Delirium tremens, oder einen Hasch-Süchtigen, den man bessern kann? Keinen Einbrecher, den ich Bruder nennen kann? Kein goldherziges Nuttchen, das man nur auf den rechten Pfad zu führen braucht? Gibt es denn keinen Dieb, keinen Wuche rer, keinen Politiker, damit das Ganze einen An strich von Wirklichkeit bekommt? Heuchler, Frauenverprügler, Verführer, Demagogen, abgewetzte alte Homosexuelle, wo finde ich euch? Antwortet mir! Ich brauche euch jetzt!«
    »Herr, Herr, du schreist ja auf der Straße!« sprach ihn eine junge Analoi-Dame bewegt an. »Bist du denn krank? Wonach rufst du?«
    »Sünde. Ein ganz kleines bißchen Sünde, bitte, um der Liebe Christi willen! Wenn es in meinem Keller keine Sünde gibt, dann sind die Fundamente meines Hauses nicht so, wie ich es mir gedacht habe.«
    »Kaum jemand benutzt heute noch Sünde, Herr. Nach was für einer komischen Sache schreist du da mitten auf der Straße! Aber ich glaube, es gibt hier irgendwo einen Laden, der so etwas noch führt. Warte, ich schreib dir die Adresse auf!«
    Pater Barnabas nahm die Adresse und rannte zu dem Laden. Aber es war nicht das, was er suchte. Sünde war ein alter Name für ein bestimmtes Parfüm, aber der Name war geändert worden, weil er nichts mehr bedeutete.
    Es gab sehr viele Parfümläden. Zu viele. Und das Parfüm dieser Parfümläden war nicht der Geruch der Heiligkeit. War es möglich, daß eine neue Sinnlichkeit an die Stelle der alten getreten war?
    Und überhaupt diese vielen Läden – ein Block am anderen – wozu waren die? Wozu dienten die fremdartigen Apparate, die darin ausgestellt waren? Und wieso hatte man bei ihrem Anblick so ein klebriges Gefühl des Bedrohtseins?
    Der Pater verbrachte einen langen Tag damit, durch die Hauptstadt des Analos zu wandern. Das Straßenpflaster war grün und in Licht- und
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