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760 Minuten Angst

760 Minuten Angst

Titel: 760 Minuten Angst
Autoren: Michael Schmid
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Zügen.
    Wer hätte gedacht, dass wir dieses Jahr einen so prächtigen September bekommen? Ich sicher nicht.
    Valentina war gerademal dreiundzwanzig, hatte eine schlanke Figur und ein bildhübsches Gesicht. Gerade ihre blauen Augen stachen hervor, die von den hüftlangen, schwarzen Haaren perfekt umrandet wurden. Nur machte sich Valentina nicht viel aus Äußerlichkeiten, weshalb sie auch kaum Make-up verwendete. »Natürlichkeit ist alles« war einer ihrer Leitsprüche.
    Bald würde Sarah auftauchen und die Stille würde zur Vergangenheit werden. Natürlich liebte Valentina ihre beste Freundin, die sie seit dem Sandkasten kannte, über alles, doch wenn es eins gab, was Sarah nicht war, dann eine ruhige Natur. Doch genau diese Eigenschaft liebte sie auch so an ihr.
    Die Beiden hatten sich in der Fürst-Anselm-Allee verabredet, in der Nähe des Obelisken und wollten daraufhin auf einen leckeren Eisbecher in die Altstadt gehen. Dieses Wetter lud schließlich förmlich dazu ein und wer wusste schon, wie lange der Sonnenschein noch anhalten würde.
    Valentina freute sich riesig darauf, nur überkam sie langsam das Gefühl, versetzt worden zu sein. Verärgert sah sie auf ihre Armbanduhr. 17:51 Uhr.
    Na, super. Um halb hatten wir ausgemacht. Warte nur, Sarah, wenn ich dich in die Finger kriege.
    Ihr Blick wanderte durch die Fürst-Anselm-Allee. Sie betrachtete die einzelnen Menschen ausgiebig und musste feststellen, dass sich hautsächlich Pärchen herumtrieben.
    Oh Mann, wie gern hätte ich jetzt auch einen Freund, mit dem ich im Park rumspazieren könnte. Aber was soll’s. Was nicht ist, kann ja noch werden.
    In jenem Augenblick fiel Valentina ein Mann in der Nähe des steinernen Obelisken auf, der im Zentrum der Fürst-Anselm-Allee stand. Der Unbekannte schien geradewegs auf sie zuzukommen. Sie schätzte ihn auf Mitte dreißig, vielleicht auch jünger. Trotz seines gehobenen Alters machte er auf Valentina einen attraktiven Eindruck. Irgendwie stand sie auf ältere Männer. Diese Reife machte einfach sexy.
    Der Mann blieb wie erwartet vor ihr stehen und blickte auf sie herab. Langsam wurde Valentina doch ein wenig mulmig zumute. Bis er ein Lächeln aufsetzte.
    »Sind Sie zufällig Valentina?«, fragte der Mann ruhig und mit freundlicher Stimme.
    »Ja. Kennen wir uns etwa?«
    Valentina war verwirrt. Sie konnte sich wirklich nicht an ihn erinnern.
    »Nein, nein. Wir haben uns noch nie gesehen. Ich soll Ihnen nur etwas geben.«
    Mit diesen Worten zog der Mann einen beigefarbenen Umschlag aus seiner Jackeninnentasche und überreichte ihn Valentina.
    »Ihr Freund hat mir gesagt, dass ich Ihnen den Umschlag genau jetzt geben soll. Sie würden schon verstehen.«
    »Mein … Freund?«
    Valentina war sichtlich überrascht. Sollte sie nicht am besten wissen, ob sie einen Freund hatte oder nicht? Dieser Umstand war ihr nämlich neu.
    »Ich hab gar keinen Freund.«
    »Vielleicht ein Bekannter?«
    »Wie hat er denn ausgesehen?«
    »Keine Ahnung. So genau hab ich ihn gar nicht betrachtet. Ich glaube, er hatte schwarze Haare.«
    »Und er wollte, dass ich diesen Umschlag bekomme?« Valentina starrte ihn verständnislos an.
    »So ist es. Außerdem steht doch Ihr Name drauf.«
    Jetzt erfassten auch ihre Augen das handgeschriebene Wort. VALENTINA.
    »Ich würde ihn an Ihrer Stelle öffnen. Vielleicht ist es ja wichtig? Gar ein Liebesbrief eines anonymen Verehrers?«
    »Meinen Sie?« Valentina zögerte ein wenig. »Na, okay …«
    Und so öffnete sie breit lächelnd und voller Erwartung den geheimnisvollen Brief. Das Lachen würde ihr jedoch gleich vergehen. Vielleicht sogar für immer.

    Die Zeit verrann wie im Flug.
    Emilie musste sich beeilen. Papa würde bald von der Arbeit nach Hause kommen und sie musste davor unbedingt das Abendessen zubereiten.
    Warum trödle ich auch immer so rum? , fragte Emilie sich selbst und fuhr immer schneller mit dem Einkaufswagen durch den Supermarkt und sammelte dabei die letzten Lebensmittel ein. Leider war die Schlange an der Kasse nicht gerade klein und so blieb ihr nichts Weiteres übrig, als sich zu fügen und abzuwarten.
    Emilie war mit ihren vierzehn Jahren die Kleinste in ihrer Klasse der Mittelschule Pentling, was ihr aber nichts ausmachte. Sie wirkte zwar wie eine zerbrechliche Porzellanpuppe trotz ihrer kurz geschnittenen, frech abstehenden, blonden Haare, doch in Wirklichkeit war Emilie ein taffes Mädchen, das sich von nichts und niemandem unterkriegen ließ.
    Endlich war sie an der
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