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74 - Mein Leben und Streben

74 - Mein Leben und Streben

Titel: 74 - Mein Leben und Streben
Autoren: Karl May
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zeigte alle Anklagen gegen mich als Lügen. Ferner der Antrag des Lebius an die Staatsanwaltschaft, mich in ein Irrenhaus zu sperren. Sein Antrag, mich nach Amerika steckbrieflich verfolgen zu lassen. Die zahllosen Artikel gegen mich in seinem Blatt, der ‚Bund‘. Seine Flugblätter mit den gräßlichsten Unwahrheiten, welche die Runde durch Deutschland, Österreich, die Schweiz, Italien, Frankreich, England, Nord- und Südamerika machten. Da beschuldigte er mich sogar, meinen Schwiegervater erwürgt zu haben! Das geht so fort bis in die neueste Zeit. Schließlich eine Denunziation wegen Beleidigung des Untersuchungsrichters, und zu allerletzt, vor ungefähr vier Wochen, eine Anzeige an den Staatsanwalt gegen mich wegen Blutschande, die bekanntlich mit bis fünf Jahren Zuchthaus bestraft wird. Man sieht, daß man zu den alleräußersten Mitteln greift, mich ‚kaputtzumachen‘! Dies auszuhalten, ohne das Vertrauen zu Gott, den Glauben an die Menschheit und alle Lebenslust und Lebenskraft zu verlieren, ist eine Tat, zu der wohl kaum jeder fähig ist. Ich habe es ertragen, ohne mich zur Selbsthilfe reizen zu lassen, weil ich keinen Augenblick lang an Gott und seiner Liebe zu zweifeln vermag und weil mir in dieser überschweren Zeit ein Wesen zur Seite gestanden hat, dessen tapfere, hochstrebende Seele mich wie auf Engelsflügeln über das alles Leid erhob, dem ich verfallen sollte, nämlich meine jetzige Frau. Wenn man berechtigt gewesen ist, Bücher über das Thema ‚Die Bestie im Weib‘ zu schreiben, so könnte ich mich wohl verpflichtet fühlen, demgegenüber ein Buch zu veröffentlichen, welches den Titel ‚Der Himmel im Weib‘ führt.
    Mit einer solchen Frau an der Seite, die mir eine Quelle alles menschlich Reinen, menschlich Edlen und menschlich Ewigen ist, läßt sich in Beziehung auf das Erdenleid alles erlangen und in Beziehung auf die noch vor mir liegende Arbeit alles leisten, was menschenmöglich ist. Ich bin nicht mehr so fürchterlich allein. Ich habe nicht mehr immer nur aus mir selbst herauszuschöpfen, sondern es hat sich mir ein köstlich-reiches seelisches Leben zugesellt, durch dessen Einfluß sich alles, was in mir zum guten Ziel führt, verdoppelt. Körperlich schwer leidend, bin ich geistig frisch und seelisch wenigstens ebenso vertrauensvoll wie in der Jugendzeit. Ich bin nicht töricht genug, mir zu verheimlichen, daß man mich als einen Ausgestoßenen betrachtet, ausgestoßen aus Kirche, Gesellschaft und Literatur. Der eine schlägt auf mich los, weil er mich für einen verkappten Katholiken oder gar Jesuiten hält; der andere greift zum Prügel, weil er meint, ich sei noch immer heimlich Protestant. Würden diese beiden es wohl fertigbringen, sich immer grad nur zu denen zu bekennen, von denen sie die meisten Prügel bekommen? Daß man mich als gesellschaftlich tot betrachtet, rührt mich nicht. Ich habe nicht den geringsten Grund, partout zu der Gesellschaft gehören zu wollen, die ich in meiner Leidenszeit gezwungen war, kennenzulernen. Übrigens haben wir beide alten Leute, meine Herzensfrau und ich, in Beziehung auf das Innenleben aneinander so vollauf genug, daß wir es gar nicht fertigbringen, uns nach ‚Gesellschaft‘ zu sehnen. Und was meine literarische Ausstoßung betrifft, so kann ich mich auch mit ihr zufrieden geben. Den Weg, auf dem ich mich befinde, ist noch kein anderer gegangen; ich wäre also auch ohne den Haß, den man auf mich richtet, gezwungen, ein Einsamer zu sein. Auch bin ich überzeugt, daß später, wenn man mich und das, was ich will, erst richtig kennengelernt hat, sich manche, vielleicht sogar viele von dem großen Haufen absondern werden, um sich mir zuzugesellen. Alte Wege können höchstens zu alten, toten Schätzen führen. Wer aber nach neuen, lebendigen Schätzen sucht, der soll auch neue, nicht alte Wege gehen. Und der meinige ist ein neuer! Das Schicksal meiner bisherigen Arbeiten wird nur durch ihren Wert oder Unwert bestimmt, durch nichts anderes. Taugen sie etwas, so werden sie bleiben, ganz gleich, ob man sie gegenwärtig lobt oder tadelt. Taugen sie nichts, so werden sie verschwinden, ganz gleich, ob man sie jetzt verwirft oder nicht. Und, was die Hauptsache ist, derjenige, der über ihren Wert oder Unwert bestimmt, bin nur ich allein. Keiner meiner Gegner, und sei er literarisch noch so mächtig und einflußreich, kann auch nur den geringsten Einfluß darauf haben. Das klingt stolz und prahlerisch, ist aber wahr. Diese Werke sind
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