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74 - Mein Leben und Streben

74 - Mein Leben und Streben

Titel: 74 - Mein Leben und Streben
Autoren: Karl May
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die, auch im klassischen Sinn, wirkliche Schicksale sind. Und das meinige ist ein solches. Ich fühle mich verpflichtet, und meine Aufgabe ist, es in den Dienst der Humanität zu stellen. Wie ich mir das denke, das wird man, hoffe ich, aus meinem zweiten Band ersehen.
    Es gehörte zu dieser meiner Aufgabe, daß die Öffentlichkeit sich nicht nur mit dem Schriftsteller Karl May, sondern auch mit dem Menschen May befaßte und daß alles, was dem letzteren vorzuwerfen war, bis auf den letzten Tropfen ausgeschöpft werden mußte. Das eine war berechtigte Kritik; das andere war Henker-, Schinder- und Kavillerarbeit, die ich über mich ergehen lassen mußte, ohne mich durch das mir abgeforderte Geld von dieser Qual und Marter zu befreien. Das war die Geisterschmiede meines Märchens, in der man auf mich losschlug, daß die Funken durch alle Zeitungen flogen. Sie fliegen sogar noch heut. Doch wird bald Ruhe werden. Die Zeit des Hammers ist vorüber; es kommt nur noch die Feile, und dann ist es gut. Daß all das Leid, welches über mich kam, auch meine andere, die schriftstellerische Aufgabe, beeinflussen mußte, versteht sich ganz von selbst. Auch da gab es Schlacken, und zwar mehr als genug. Auch sie mußten herunter. Es flog der Ruß, der Schmutz, der Staub, der Hammerschlag. Noch liegt das alles um mich her, doch nun wird ausgeräumt, damit das reine, edle Werk beginne.
    Es war überhaupt ein großes, ein schweres und ein höchst schmerzhaftes Auf- und Ausräumen. Nicht nur in meinem Innern, sondern auch in meinem Äußern, in meiner Arbeit, meinem Beruf, meinem Haus, meiner Ehe. Alles, was mich in die Schmiede und dem Schmerz in die Arme getrieben hatte, mußte weichen. An seine Stelle trat, was rein und ehrlich war und mit nach oben strebte, aus Ardistan nach Dschinnistan, dem Land der Edelmenschen. Das gab eine Scheidung von Gut und Bös, die nur unter Kämpfen und Opfern ausgeführt werden konnte. Nun ist sie vollzogen. Die Wetter gingen vorüber. Zwar rauscht noch hier oder da ein trübes Wasser, irgendein Beleidigungsprozeß, eine Staatsanwaltschaftsanzeige, doch auch das geht bald vorbei, und dann wird Ruhe und Friede um mich sein, so daß ich endlich, endlich Zeit und Raum und Stimmung gewinne, an mein eigentliches, an mein einziges und letztes ‚Werk‘ zu gehen.
    Schau ich auf die letzten zehn Jahre zurück, so bin ich voller Dankbarkeit, sie überstanden zu haben. Eine ‚Hetze‘ wie die gegen mich, hat es, so lange die Erde steht, noch nie in der Literatur irgendeines Landes, eines Volkes gegeben. Das gab Zeitungsstürme, Stürme in den Gerichtssälen, Stürme im eigenen Haus und Stürme im eigenen Innern. Mein alter, treuer, guter Freund, der Körper, behauptet zwar, nicht länger mitmachen zu können, aber ich bin überzeugt, daß er doch wieder so bereitwillig und verständig wird, wie er immer gewesen ist. Er hat ertragen müssen, was eigentlich wohl nicht zu ertragen war. Zunächst sechs Jahre lang die drei Instanzen des ersten Münchmeyerprozesses mit allen Aufregungen und Armseligkeiten, die mit ihm verbunden waren. Sodann die zweiundzwanzig Monate währende Untersuchung wegen Meineid und Verleitung dazu. Denn der Münchmeyersche Rechtsanwalt hatte, nachdem der Prozeß für ihn verloren war, mich und meine Zeugen beim Staatsanwalt wegen Meineids angezeigt. Der Staatsanwalt war, nach seiner eigenen Aussage auf diese Anzeige eingegangen, um endlich einmal Klarheit zu schaffen. Dieser fast zwei Jahre lange Kampf endete ganz selbstverständlich damit, daß man weder mir noch meinen Zeugen etwas Strafbares nachweisen konnte. Aber damit noch nicht genug, gesellte sich noch anderes dazu, was fast noch schlimmer als alles Vorhergehende war. Die ersten Lebiusangriffe. Eine doppelseitige Lungenentzündung, die mich monatelang zwischen Tod und Leben schweben ließ. Die Beschuldigungen, welche meine geschiedene Frau auf mich, meine jetzige Frau und ihre Mutter wälzte und mit denen sie uns in schwere Strafe bringen wollte. Die Staatsanwaltschaftsanzeigen, welche sie dann wegen dieser Beschuldigungen durch einen Freund gegen uns erheben ließ. Dieselben Staatsanwaltsanzeigen, von Lebius in Berlin wiederholt. Glücklicherweise hatte diese geschiedene Frau alles, was sie dann nach der Scheidung leugnete, während des Scheidungsprozesses ganz fremden Leuten und ohne all mein Zutun freiwillig erzählt und eingestanden, so daß sie zu diesem späteren Leugnen nur verführt sein konnte. Die Vorlegung dieser Beweise
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