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67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

Titel: 67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
Autoren: Karl May
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sie machte ihm eine fürchterliche Verbeugung. Dem Sepp gab sie einen Stoß, daß er auch zur Tür hinein und an den Lehrer flog, und dann folgte sie. Die beiden Männer mußten sich an den Tisch setzen.
    „Jetzund werd ich die Büchern holen“, sagte sie. „Ich werd gleich wiederkommen.“
    Sie ging hinaus.
    „Ich bin neugierig, was für alte Scharteken sie mir bringen wird“, meinte der Lehrer leise zum Sepp.
    „Scharteken? Was ist das?“
    „Alte Bücher, die nichts taugen.“
    „So? Dann hat sie keine Scharteken.“
    „Also wirklich etwas Gutes?“
    „Na, und ob!“ nickte der Sepp.
    „So bin ich neugierig auf den Titel.“
    „Den kenn ich schon.“
    „Das glaub ich wohl. Sie sind ja öfters hier und werden die Bücher wohl schon gesehen haben. Wer mag sie gedruckt haben?“
    „Die Barbara.“
    „Was? Die Barbara?“
    „Ja.“
    „Wie soll ich das verstehen?“
    „Die braucht halt keinen fremden Buchdruckern. Die backt und schlachtet und pökelt und räuchert alles selberst.“
    „Ach so ist's gemeint!“ lachte Walther. „So bin ich also doch in die Falle gegangen!“
    „Ja, und ohne Speck kommen 'S nun nicht wiederum hinaus.“
    Er hatte recht. Das Bärbel trug auf, daß der Tisch krachte. Der Müller kam auch herbei, und nun begann eine Schmauserei, von welcher keiner zuerst aufstehen sollte – eine Folge des freundlichen Titels Fräulein Barbara.
    Es war spät, als der Sepp den Lehrer nach Hause führte, denn der Wurzelsepp sollte in der Mühle bleiben und wollte zu ihr zurückkehren.
    „Jetzt nun brauch ich nicht den Silberbauern um ein Obdach anzureden“, sagte er.
    „Nein; das ist nicht mehr notwendig. Sie brauchen ihn nicht zu bewachen, denn wir kennen sein Versteck. Morgen abend wird er das Geld hineintun, welches er vom Müller bringt.“
    „Was mag er heut drin gemacht haben?“
    „Wohl nichts, was uns mehr interessieren könnte.“
    Und doch hätte es ihn interessiert, zu wissen. Der Silberbauer hatte sich nämlich das Geld für den Talmüller aus dem Schrank geholt, welcher in dem geheimen Kabinett unter dem Wehr stand. Am andern Morgen wurde angespannt, und der Knecht wunderte sich nicht wenig, als er vernahm, daß seine Dienste heut überflüssig seien, da der Herr Ortsvorsteher selber fahren werde. Der Silberbauer liebte es nämlich, bei dergleichen Gelegenheiten mit seiner Dienerschaft zu prunken.
    Wie er in seinem Telegramm versprochen hatte, hielt er punkt elf Uhr vor der Talmühle. Die Knechte waren bereits von dem Müller instruiert und flogen herbei, dem Herrn Vorsteher beim Aussteigen behilflich zu sein. Er übergab ihnen Pferde und Wagen und trat beim Müller ein.
    Obgleich beide nicht sehr weit voneinander wohnten, hatten sie sich doch seit Jahren nicht gesehen. Das Band, welches sie verband, war kein solches, daß sie sich sehr nacheinander gesehnt hätten.
    Als nun jetzt Klaus den Müller erblickte, blieb er an der Stubentür stehen.
    „Keller, bist's denn, oder bist's nicht?“ fragte er.
    „Wer soll's denn sein?“ antwortete der Müller ärgerlich, denn kein Mensch läßt sich gern sagen, daß er unter seinen körperlichen Gebrechen leidet.
    „Wie siehst aber aus!“
    „Jedenfalls nicht schlechter als du!“
    „Oho!“
    „Da geh her, und schau dich doch im Spiegel an.“
    „Ach so, wegen der paar Kratzerln?“
    „Die sind groß genug.“
    „Aber eine Krankheit ist's doch nicht wie bei dir!“
    „Ich will lieber krank sein als mich prügeln lassen.“
    „Prügeln?“
    „Ja. Was soll's anderst sein?“
    „Geh weg! Die Katz ist's gewest!“
    „Ja, eine Katz mit zwei Beinen und zwei Händen.“
    „Meinst etwa, ich hab noch meine Frau?“
    „Na, die erste könnst noch haben; die lebt wenigstens noch. Die zweite aber hast ganz regelrecht zu Tod geschlagen.“
    „Ja, die erste, die hat Haaren auf denen Zähnen gehabt. Die hab ich nicht angreifen dürft, da hät 's mir gleich mit allen Nägeln im Kopf gesessen. Die hat mir der Finken-Heiner verdorben gehabt.“
    „Hättst's ihm gelassen!“
    „Ja, wann's heut wär, da möcht er's gern behalten. Eine schöne Larven hat's gehabt; das andre aber das hat gar nix taugt, und drum hab ich sie auch zum Teufel jagt.“
    „Und die andre war besser?“
    „Viel besser. Nur das Flennen hab ich nicht ausstehen könnt; da hab ich alleweil gleich zuschlagen müssen. Aber darf man sich bei dir nicht setzen?“
    „Warum nicht? Stühlen sind genug da. Sei auch willkommen. Also heiraten tätst nicht
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