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67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

Titel: 67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
Autoren: Karl May
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Leben, aber das Leben des Schrecks. Seine sonst so starren Züge bewegten sich, aber es waren die Bewegungen des Entsetzens. Seine Lippen bebten; sein ganzer Körper begann zu zittern, und dann stürzte er plötzlich in die Knie, erhob flehend die Hände und rief mit durchdringender Stimme:
    „Nimm's hin, nimm's hin, das Geld, alle fünftausend Taler, nur morde mich nicht! Ich sag halt nix, gar nix, daß du's gewesen bist, Silberbauer! Gnade, Gnade!“
    Sein Anblick war zum Erbarmen. Der Lehrer ließ den Hammer schnell wieder sinken und hob den Knienden empor.
    „Steh auf!“ rief er ihm durch die rauschenden Wasser zu. „Ich tu dir ja gar nichts!“
    Sobald der Irre den Hammer nicht mehr erblickte, beruhigte er sich.
    „Freund, guter Freund!“ sagte er.
    „Ja, ich bin dein Freund.“
    „Gut, gut, gut!“ bat er.
    „Ja, komm, wir wollen gehen!“
    Er legte die Gegenstände, welche er in der Hand gehabt hatte, genau wieder so, wie sie vorher gelegen hatten, und zog dann den Irren mit sich hinaus. Der Sepp folgte und riegelte dann die Tür wieder zu. Als sie draußen angekommen waren, bliesen sie die Laterne aus. Die Entdeckung war vollendet.
    „Freund, gut Freund, fort!“ sagte der Balzerbauer und lief davon.
    „Der ist halt froh, daß er heiler Haut davonkommen ist, der arme Schachert“, meinte der Sepp. „Jetzt nun muß ich die Laternen wieder heimtragen. Wollen 'S mitkommen, Herr Lehrern?“
    „Ich denke, sie dürfen mich in der Mühle nicht sehen!“
    „Vorhin nicht. Jetzt aber geht es.“
    „So gehe ich mit.“
    Als sie die Tür erreichten, welche, wenn die Mühle sich im Gang befand, auch des Nachts offen zu stehen pflegte, stand die alte Barbara vor derselben.
    „O Jegerl, der Sepp!“ sagte sie, vor Verwunderung die Hände zusammenschlagend. „Was tust denn du noch hier bei nachtschlafender Zeit?“
    „Ich wollt schaun, ob mein Bärberl noch nicht müd worden ist heut.“
    „Ich? Müd werden? Herr Jerum, wie kann ich denn müd sein! In dem meinigen Alter schlaft man alle vier Wochen nur einmal.“
    „Oder alle Stunden sechsmal.“
    „Geh! Ich hab heut schanzt wie eine Junge. Es ist bereits nach Mitternacht; aber ich verspür noch gar keine Müdigkeiten. Ich hab noch keine einzge Minuten sitzen können.“
    „Auch nicht am Tisch?“
    „Auch nicht.“
    „Mit dera Brillen auf der Nasen?“
    Sie stutzte, antwortete aber doch:
    „Was fallt dir ein! Dazu hab ich keine Zeit.“
    „So ist's dein Geist gewest, der vorhin am Tisch gesessen hat, mit der Brillen auf dera Nasen und hat dabei schnarcht wie eine Lokomotiven.“
    „Mein Geist? Wie hättst das sehen könnt?“
    „Weil ich drin wesen bin in dera Stuben.“
    „Mach mir keine falsche Musiken!“
    „Gar nicht.“
    „Was hättst denn wollt?“
    „Zu dir wollt ich.“
    „Wohl auf die Heirat und Brautschau?“
    „Nein, denn an dir ist nix mehr zu schaun; ich hab dich nur warnen wollen.“
    „Warum? Jemine! Es ist doch nicht etwa gar ein Unglück geschehen?“
    „Leider ist's eins!“
    „Bei uns? Bei mir? Hier in dera Mühlen?“
    „Ja.“
    „So sag's schnell, sag's!“
    „Es ist eins ausgerissen.“
    „Ausgerissen? Wer denn?“
    „Das wirst auch nicht verraten.“
    „So sag's lieber gleich! Doch nicht etwa gar die Sauen? Die hat am Abend rumort.“
    „Nein, die nicht.“
    „Oder der neue Pfauhahn?“
    „Auch der nicht.“
    „Oder gar der alte Pater, unser Esel?“
    „Geh, der wird dir außireißen! Mit dem bist ja so eine Seel und ein Herz, daß er dir nie davonlaufen wird. Nein, es ist eine andre. Ich traf sie im Wald, und da meint sie, ich sollt dir ein schönes Komplerment ausrichten, und sie kam heut nicht gleich wieder heim.“
    „Mein Himmel! Wer mag das sein! Kommt heut nicht wiedern heim! Und gar ein Komplerment noch! So sag doch nur, wer's wesen ist!“
    „Ich bin auch gleich zu dir laufen, um's dir zu melden; aber als ich sah, daßt so schön schlummern und dusserlt tätst, da hat mich's dauert, dich zu wecken, und so bin ich gleich selber wieder in den Wald zurücklaufen, um sie zu fangen und dir wiederzubringen.“
    „Und hast sie auch derwischt?“
    „Ja.“
    „Bei dieser Nachtzeit im Wald! Du armes Wurm! Wo hast sie denn und wer ist's auch?“
    „Da ist sie, hier. Die ist's gewest.“
    Er hatte die Laterne bisher hinter sich gehalten; jetzt zeigte er sie ihr vor.
    „Was! Die Laterne ist's? Die Laterne hast meint? Und von ihr hast mir ein Kompliment sagen sollen, he?“
    „Freilich.“
    „O du
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