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66095: Thriller (German Edition)

66095: Thriller (German Edition)

Titel: 66095: Thriller (German Edition)
Autoren: Mark T. Sullivan
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des Mädchens klang ängstlich und besorgt. »Was ist los?«
    Whitney wandte sich ihrer Tochter zu, die in ihrem verwaschenen blauen Lieblingsnachthemd in der Tür stand. Wie Whitney war das Mädchen hübsch, sportlich, sommersprossig, hatte lebhafte smaragdgrüne Augen, natürlich rote Lippen und ein Grübchen auf dem schmalen Kinn; ihre Nase war ein bisschen zu lang, und ihr linkes Ohr hatte oben einen lustigen Knick. Whitney fürchtete, gleich zusammenzubrechen, bemühte sich aber, ihre Gefühle im Zaum zu halten. Ich brauche ja nicht mehr in die Höhle zu gehen, sagte sie sich. Sie holte tief Luft, warf einen Blick auf das versteinerte Gesicht ihres Mannes und sagte: »Uns geht’s gut. Geh wieder ins Bett, Cricket.«
    »Was? Ist es wieder der Albtraum?«, fragte Cricket herausfordernd. »Wann kommst du endlich darüber hinweg, Mom? Es ist jetzt schon über ein Jahr her.«
    »Du hast doch keine Ahnung!«, schrie Whitney und sah zuerst ihre Tochter, dann ihren Mann an. »Ihr habt beide keine Ahnung!«
    »Beruhige dich, Whit«, brummte Tom. »Sie ist am Ende. Wir sind beide am Ende.«
    »Das ist ja super«, entgegnete Whitney. »Ich gehe durch die Hölle. Und ihr beide seid am Ende!«
    Jetzt brach Cricket in Tränen aus. »Ich kenne dich gar nicht mehr wieder, Mom.« Sie drehte sich um und lief davon.
    »Schau mal, was du angerichtet hast!«, beschwerte sich Tom.
    »Ich?«, rief Whitney. »Ich habe nicht den Plan ausgeheckt, sie in die Labyrinthhöhle mitzunehmen, Tom. Du könntest etwas mehr Rücksicht auf meine Situation nehmen.«
    »Genau das tue ich seit dreizehn gottverdammten Monaten«, erklärte er. »Ich nehme so viel Rücksicht, dass ich schon gar nichts anderes mehr sehe. Das Leben geht weiter, Whitney. Unser Leben geht weiter, auch wenn du nicht mehr daran teilnehmen willst.«
    »Du benutzt sie«, gab Whitney zurück. »Die NASA benutzt sie. Hast du schon mal eine Sekunde darüber nachgedacht, was ihr in dieser verdammten Höhle zustoßen kann? Hat die NASA einen Gedanken daran verschwendet? Traust du dich überhaupt, diese Fragen zu stellen? Inzwischen ist es doch so weit, dass diese Leute für dich die Entscheidungen treffen, Tom.«
    »Cricket ist eine Expertin«, erwiderte Tom. »Ich bin ein Experte. Und dasselbe gilt für dich, falls du es vergessen haben solltest. Unfälle passieren Leuten, die der Höhle eine Chance geben. Wir Burkes tun das nicht. Das weiß die NASA.«
    Whitney schüttelte energisch den Kopf. »Ich habe der Höhle keine Chance gegeben. Sie hat mich eingeholt. Und dich könnte sie auch einholen! Oder Cricket. Oder jeden anderen in deinem Team. Lass sie hier bei mir.«
    Tom stand da, ballte die Fäuste, dann schüttelte er den Kopf. »Cricket geht nur für sechs Stunden rein. So ist es geplant, und nach allem, was sie im vergangenen Jahr durchgemacht hat, steht ihr das zu. Sie hat diese Anerkennung verdient.«
    »Nach allem, was sie durchgemacht hat? Was redest du da eigentlich!«
    »Cricket ist nach sechs Stunden wieder draußen«, erwiderte er mit fester Stimme. »Sechs Stunden.«
    Fast eine Minute lang starrten sie sich schweigend an. Dann streckte Tom ihr die Hände entgegen und sagte mit sanfterer Stimme: »Du weißt, dass du nach wie vor mitkommen könntest, Whit. Die wichtigste Höhlenexpedition der Geschichte. Davon haben wir doch immer geträumt. Wenn du wenigstens mit vor Ort wärst, vielleicht …«
    »Nein. Auf keinen Fall. Hast du das noch immer nicht begriffen, Tom? Mit diesem Teil meines Lebens habe ich abgeschlossen. Das ist aus und vorbei. Ich werde nie wieder eine Höhle betreten. Niemals.«
    Er sah sie lange an. Tränen traten ihm in die Augen. »Was soll dann aus uns werden?«
    Whitney hielt seinem Blick stand, vor ihrem inneren Auge aber sah sie ihn tot im wirbelnden Wasser der Höhle dahintreiben, und es schnürte ihr die Kehle zu. »Ich weiß nicht, Tom. Ich weiß es einfach nicht.«

14. Juni 2007
4.25 Uhr
Unweit von Rawlins, Kentucky
    150 Kilometer weiter nördlich stand fünf Stunden später ein riesiger Vollmond am Himmel und warf sein aschfahles Licht auf die Autobahn. Tom Burke saß am Steuer seines roten Ford F-150 und hörte einen Nachrichtensender. Der Reporter brachte einen Beitrag über die Anstrengungen der Regierung, eine autonome Energiequelle für Amerika zu schaffen, um im Gefolge des 11. September 2001 die Abhängigkeit von den Erdöllieferanten des Nahen Ostens zu reduzieren.
    Auf längeren Fahrten hörte Tom sonst lieber Musik, vor
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